Rolf Göckmann (UWG-ABG) übt scharfe Kritik an Bürgermeister und Landrat „Ich glaube schon lange nicht mehr an das Sanierungskonzept“

Grevenbroich · "Es ist zu merken, dass das Verhältnis der Verwaltung zu den Fraktionen gelitten hat. Den Schuh muss sich der Bürgermeister anziehen." Rolf Göckmann (UWG/ABG) spricht im Interview mit dem Erft-Kurier Klartext.

 Rolf Göckmann führt die UWG-ABG-Fraktion im Wechsel mit Carl Windler.

Rolf Göckmann führt die UWG-ABG-Fraktion im Wechsel mit Carl Windler.

Foto: Foto: Archiv

Auch Dezernent Florian Herpel und Landrat Hans-Jürgen Petrauschke bekommen ihr Fett ab. Und für die Zukunft des städtischen Haushalts sieht er inzwischen schwarz, tief schwarz ...

Gerade nach der Bürgerversammlung in Barrenstein, bei der es sowohl aus Klaus Krützens Mund als auch von Florian Herpel heftige Schelte für die Ratsmitglieder gab, ist sich Rolf Göckmann sicher: "Das Wahlversprechen der guten Kommunikation mit allen Fraktionen hat er nicht gehalten. Und Herr Herpel hat sich sehr gut eingefügt ins System."

Genauso kritisch sieht Rolf Göckmann, Kommunalpolitiker seit 2004, auch die bürgermeisterliche Rede bei der Einbringung des Haushalts für 2018: "Ich glaube schon lange nicht mehr an das Sanierungskonzept", stellt er unumwunden fest.

Und er nennt Beispiele: So das interkommunale Gewerbegebiet mit Rommerskirchen, das mit Millionenerlösen in dem Zahlenwerk steht, das aber wohl am Widerstand eines einzelnen Landwirtes scheitern dürfte.

Die Verwaltung wolle diesen Ausfall "kompensieren mit anderen Einsparungsmöglichkeiten", heiße es. Nur wie sie es schaffen wolle, sage die Verwaltung nicht.

Oder die 54 Millionen Euro, die die Stadt vor ein paar Jahren vom RWE als Steuern bekommen hat, das zugleich aber den Steuerbescheid angefochten hat. Sollte RWE vor Gericht recht bekommen (und das ist wohl wahrscheinlich), dann muss die Stadt — neben der eigentlichen Summe — für jedes Jahr sechs Prozent an das Energie-Unternehmen zahlen. "Da können auch noch mal zehn Millionen Euro zusammenkommen", hat Göckmann berechnet. Die Abgaben aber (Kommunal-Soli et cetera, die die Stadt bereits auf die Summe zahlen mussten) sind auch pfutsch.

Oder der Personal-Etat, zu dem Klaus Krützen vorgerechnet hatte, dass selbst die Einsparung von zwölf Stellen Kostensteigerungen in 2018 nicht verhindern könnten.

Alle diese und noch andere Überlegungen fasst Rolf Göckmann knallhart zusammen: "Ich glaube nicht, dass wir das Haushaltsproblem gestemmt bekommen. Ich glaube nicht mehr an die Rettung des Haushaltes."

Als Politiker schiebt er nach, dass Sparen trotzdem immer wichtig sei. "Aber selbst, wenn wir alles Tafelsilber verkaufen würden, würden wir keine schwarze Null schreiben", ist er sich sicher. Deshalb ständig an der Steuerschraube zu drehen oder die Standards zu senken, sei auf jeden Fall falsch: "Irgendwann haben die Leute keine

Lust mehr, nach Grevenbroich zu ziehen."

CDU-Bürgermeister, SPD-Bürgermeister hätten sich an der Sanierung versucht: "Aber bis jetzt gibt es keine Lösung. Und auch der Landrat hat keine." Der moppere zwar gebetsmühlenartig, nenne aber auch kein Sieben-, Fünf- oder Drei-Punkte-Programm nach dem Motto: "Macht es so und dann seid ihr saniert."

Noch einmal Rolf Göckmann: "Vielleicht muss man einfach die Realität anerkennen: Es gibt keine Lösung."

Da ihm dies natürlich als zu wenig erscheint, zieht er die "Monheim-Karte": "Seit 20 Jahren hat es in Grevenbroich kein Management der Gewerbeflächen gegeben. Man hat nicht erkannt, welche Flächen gekauft und für die Zukunft vorzuhalten werden sollten." Und er zitiert ansiedlungswillige Unternehmer mit den Worten: "In Grevenbroich, da werde ich so blöd behandelt, da gehe ich doch lieber nach Jüchen oder Rommerskirchen." Sich einmal im Jahr auf der "expo" in München vorzustellen, reiche nicht aus.

Im Rathaus fehle ein konkreter Ansprechpartner, der als eine Art Lotse mit dem Unternehmer durch die Verwaltung gehe. "Das sind alles Fehler, die schon vor Jahren gemacht wurden."

Das Ganze könne für Rolf Göckmann nur in einem Fazit enden: "Wenn es mir schlecht geht, kann ich nicht die Preise erhöhen. Kurzfristige Einspar-Effekte (durch Erhöhung der Grundsteuer zum Beispiel) sind auf Dauer gesehen oft falsch." Dann lieber mal zwei Jahre weniger Steuern kassieren, gleichzeitig aber für Unternehmensansiedlungen interessant werden ...

"Grevenbroich ist die größte Flächengemeinde im Rhein-Kreis, hat aber nicht genügend Gewerbefläche im Angebot ...", wundert sich Rolf Göckmann abschließend.

Gerhard Müller

(Kurier-Verlag)
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