1. Grevenbroich

"Über unser Gebiet wissen wir künftig am wenigsten": Archäologe warnt: Nach dem Bagger bleibt ein weißer Fleck

"Über unser Gebiet wissen wir künftig am wenigsten" : Archäologe warnt: Nach dem Bagger bleibt ein weißer Fleck

"Das, was archäologisch wertvoll wäre, was dem Tagebau weichen muss, davon können wir nur etwa fünf bis zehn Prozent ausgraben", erklärt Dr. Christian Röser, "dann ist es unwiederbringlich verloren und kann nicht in 20 oder 30 Jahren noch einmal genauer untersucht werden." Bei den archäologischen Ausgrabungen im Rahmen seiner Doktorarbeit konnten historische Spuren in Alt-Otzenrath teilweise gesichert werden, wenn auch nur visuell.

Denn auch dieser Ort musste dem Tagebau weichen. Am 22. Januar wird Röser über die Thematik referieren.

"Über unser Gebiet wissen wir künftig am wenigsten": Archäologe warnt: Nach dem Bagger bleibt ein weißer Fleck
Foto: J. Franzen/ LVR-ABR

"In unserer Zeit können wir noch viele Informationen über das Tagebau-Gebiet gewinnen, in der Zukunft wird es aber das Gebiet sein, über das wir am wenigstens wissen", bedauert Christian Röser. Ein Silbermünzschatz aus dem 30-jährigen Krieg, spätmittelalterliche bis frühneuzeitliche Pferdeskelette und Fundamente der Otzenrather Kirche — der 35-Jährige verweist auf zahlreiche historische Ausgrabungen.

"Über unser Gebiet wissen wir künftig am wenigsten": Archäologe warnt: Nach dem Bagger bleibt ein weißer Fleck
Foto: J. Franzen/ LVR-ABR

Aus seinem Buch "Aus der Geschichte eines Dorfes — Archäologische Spurensuche in Otzenrath" wird er am 22. Januar um 18.30 Uhr im Gemeindezentrum der evangelischen Kirche an der Hofstraße in Otzenrath referieren. Der Eintritt zum Vortrag ist frei.

Vor der Abbaggerung von Alt-Otzenrath konnten mehrere Ausgrabungen durchgeführt und damit Informationen über eine fast 1000-jährige Geschichte des Dorfes gesichert werden.

" Zum einen konnten wir die bauliche Entwicklung der Otzenrather Kirche anhand der Fundamente nachvollziehen. Im Hochmittelalter wurde im Zuge der Gründung des Ortes bereits eine kleine Kapelle, eine so genannte ,Saalkirche', errichtet. Zusammen mit den historischen Quellen deutet vieles darauf hin, dass es sich um eine Eigenkirche handelte, die also unmittelbar zum Besitz eines benachbart gelegenen Adelshofes gehörte. Erst im späteren Mittelalter kam es zu größeren Umbaumaßnahmen der Kirche und ihrer Umgebung, worin sich meines Erachtens eine geänderte Wahrnehmung als gemeinschaftlich genutzte Dorfkirche niedergeschlagen haben könnte", berichtet er aus seinen Ausarbeitungen, "ein anderes spannendes Phänomen waren einige spätmittelalterliche bis frühneuzeitliche Pferdeskelette, die sich inmitten eines Hofareals fanden. Zunächst wirkten die Befunde wie Bestattungen von Haustieren, wir konnten aber feststellen, dass die verstorbenen Tiere dort letztlich nur in Gruben entsorgt worden sind."

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"Alt-Otzenrath war ein Dorf des ländlichen Raumes, in dem wir auch den Ortskern untersuchen konnten. Der Braunkohle-Tagebau gibt uns noch die Möglichkeit, vieles zu entdecken." Doch, wenn erstmal die Bagger über das Land gegangen sind, dann sind alle bis dahin nicht gehoben Spuren früherer Besiedlungen dahin. Unwiederbringlich verloren. Für künftige Forscher wird die rekulturvierte Grube ein weißer, ein blinder Fleck sein ...

-agr., -gpm.

(Kurier-Verlag)