Nationalkicker Hasan-Ali Akcakaya Mit deutschem Pass vors gegnerische Tor

Grevenbroich · "Die Hilfsbereitschaft der ,Normalen‘ ist heutzutage sehr gering", sagt Mehmet Akcakaya, "Behördengänge, Job-Vermittlung — überall ist es schwer einen Ansprechpartner zu finden. Es ist einfach keine Zivilcourage da." Die scheint es nur im Sport zu geben.

Mit deutschem Pass vors gegnerische Tor
Foto: privat

Denn da hat sein Sohn Hasan-Ali Akcakaya, der seit seiner Geburt gehörlos ist, seinen Platz gefunden. Und zwar nicht nur in der Offensive, links oder rechts außen im Mittelfeld, sondern auch in der deutschen Fußballnationalmannschaft für Gehörlose.

"Bei den Gehörlosen ist das so, dass sie mit den Augen hören", erklärt Mehmet Akcakaya, "wenn alle bei einem Fußballspiel stehen bleiben, dann ist das Spiel unterbrochen." Und auch, dass es drei Schiedsrichter gibt, die Fahnen statt Pfeifen benutzen, sei eine Besonderheit beim Gehörlosen-Fußball. "Alles andere ist genauso wie bei den hörenden Fußballern", so der Vater.

Im Alter von acht Jahren kickte sich Hasan-Ali Akcakaya in den FC Süd, ehe er zehn Jahre später zum TuS Grevenbroich wechselte und zusätzlich nebenbei noch beim GTSV Essen den Ball balancierte. Nachdem er mit der Mannschaft sechsmal deutscher Meister wurde, wurde er entdeckt. "Seit April spielt er in der deutschen Fußballnationalmannschaft für Gehörlose", sagt Mehmet Akcakaya stolz. Und im Juli ging es für den 25-Jährigen sogar zu den "Deaflympics" im türkischen Samsun, zu der "Olympiade für Gehörlose".

"Er wollte schon immer dort spielen", weiß der Vater, "den deutschen Pass hat er von anderthalb Jahren bekommen. Und die Weltmeisterschaft ist für ihn in Aussicht."

Die hat er sich jetzt nach den "Deaflympics" in Samsun gesichert. "Wir haben den fünften Rang erreicht und uns damit für die nächste Weltmeisterschaft qualifiziert", jubelt Hasan-Ali Akcakaya nach dem Erfolg bei der "Olympiade für Gehörlose". "Jetzt sind meine Ziele für die Zukunft gesund und fit für die Turniere zu sein", sagt er.

Eine spannende Erfahrung war das für den 25-Jährigen. "Alles war eigentlich ganz gut organisiert. Das Hotel und die Infrastruktur vor Ort waren gut. Vieles war neu, wie zum Beispiel das Stadion", berichtet er, "das einzige Negative war der Verkehr. Die Straßen waren überfüllt und die Busse nie pünktlich." Dennoch ist er heile wieder in Grevenbroich angekommen. "Wir haben uns natürlich auch andere Disziplinen angeschaut, als beispielsweise die Bowling-Mannschaft die Gold Medaille geschafft hat", erzählt er, "ansonsten Tischtennis, Tennis, Beachvolleyball. Aber auch nur um unsere deutsche Mannschaft zu unterstützen."

Mehmet Akcakaya selbst ist mit Gehörlosen sehr vertraut. So ist nicht nur sein Sohn gehörlos, sondern auch seine Brüder, die auch schon in der deutschen Nationalmannschaft für Gehörlose gekickt haben. "Wir kommen aus einem Dorf der Hörgeschädigten und Taubstummen", lacht Akcakaya über seine Herkunft.

Die Gebärdensprache sei weltweit bis auf ein paar feine Unterschieden gleich. "Wenn man aber besonders deutlich spricht, dann können sie von den Lippen ablesen", erklärt er und auch gewisse Kinos würden Filme mit Untertitel übertragen — das gäbe es im "Grefi-Kino" zwar nicht, aber allein durch Bilder könne man die Handlung des Filmes verstehen.

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