„Ökopol“-Vertreter: Kraftwerks-Abschaltung ist kein geeignetes Mittel Quecksilber: „Historische Schuld“ und Vorbildfunktion für die Welt

Grevenbroich · "Es geht nicht darum, darüber zu diskutieren, ob Grenzwerte eingehalten werden", machte Hans-Christian Markert deutlich. Der grüne Landtags-Abgeordnete stellte vielmehr fest: "Wir haben eine historische Schuld." Und wenn RWE "vorweg gehen" wolle, dann hätte es in Sachen Quecksilber die beste Gelegenheit dazu ...

 Landes-Grüner Hans-Christian Markert, Ökopol-Vertreter Christian Tebert, Kreis-Grüner Erhard Demmer und Stadt-Grüner Peter Gehrmann (von links).

Landes-Grüner Hans-Christian Markert, Ökopol-Vertreter Christian Tebert, Kreis-Grüner Erhard Demmer und Stadt-Grüner Peter Gehrmann (von links).

Foto: Foto; -gpm.

Die Kreis-Grünen waren ein wenig pikiert darüber, dass die Stadt just am Vorabend ihrer Veranstaltung mit Christian Tebert von "Ökopol" ebenfalls zu einem Abend rund um die Quecksilber-Anteile an der Abluft eingeladen hatte. Wie berichtet hatte da BUND-Stratege Dirk Jansen nicht wirklich gegen RWE-Vertreter Eberhard Uhlig punkten könnten.

Die Stadt-Veranstaltung ging zwar auch auf einen Antrag der (Rats-)Grünen zurück. "Der Termin ist aber ganz plötzlich vor unseren vorverlegt worden", monierte Partei-Chef Peter Gehrmann.

Tebert, der mit an der vor den Sommerferien heftig umstrittenen Studie geschrieben hat, berichtete von Quecksilber-Anreicherungen in den Meeren (Steigerungsraten von jeweils 3,8 Prozent in den vergangenen Jahren) und in den Fischen ("Roher Thunfisch hat die höchsten Gehalte." Forellen seien dagegen noch recht sorglos zu essen.).

Er sprach von einer "historischen Schuld", weil in Deutschland vor allem im vorigen Jahrhundert — mehr gedanken- als rücksichtslos — Unmengen von Quecksilber in die Biosphäre geblasen worden seien. Im Kampf dagegen sei es aber "kein Mittel, die Braunkohle-Kraftwerke abzuschalten". Das hatte schon am Vorabend RWE-Vertreter Uhlig deutlich gemacht.

Wenn Tebert die Kraftwerksbetreiber dennoch in der Pflicht sieht, den Quecksilber-Ausstoß weiter zu reduzieren, dann aus zwei Gründen: Zum einen käme jede neu freigesetzte Tonne auf den eh schon vorhandenen Umweltschaden oben drauf. Zum anderen habe Deutschland ein weltweite Vorbildfunktion. Speziell China richte sich als große Volkswirtschaft nach "Made in Germany".

Deshalb fordert er auch weitere Verschärfungen beim Grenzwert, bei dem er die in den USA geltenden 5,4 Mikrogramm Quecksilber pro Kubikmeter Abluft zu einem ersten Maßstab erheben will.

Wichtige Einschränkung: Die Messung müsse kontinuierlich erfolgen. Und entscheidend sei nicht das Jahresmittel; vielmehr dürften keinerlei Überschreitungen im Monats-Mittel oder an einzelnen Tagen erfolgen. Das lasse sich mit Aktivkohle-Röhrchen recht problemlos und sehr zuverlässig messen, so Tebert.

Bis 2021 werde die Europäische Union eh einen neuen Grenzwert festschreiben, der "zwischen einen bis sieben Mikrogramm" liegen wird. Die grünen Umweltminister aus den Bundesländern haben sich dabei längst auf ein Mikrogramm festgelegt, während man auf europäischer Ebene eher von vier Mikrogramm ausgeht.

Doch das RWE bräuchte — so Tebert — gar nicht so lange zu warten. Wenn seine Ankündigung, beim Holzofenkoks demnächst in die großtechnische Erprobung zu gehen (siehe Bericht von Mittwoch), ernst gemeint sei, gäbe es landesseitig kein langwieriges Genehmigungsverfahren. "Das ist eher ein Anzeigen."

Und auch MdL Markert zeigte wenig Verständnis für die Aussage des RWE, dass bis zur großtechnischen Einsatzfähigkeit noch zwei Jahre gebraucht würden. "Wenn das RWE bei diesem Thema die rote Laterne abgeben will", dann müsse es sofort loslegen. Jede Reduzierung der ausgestoßenen Menge sei doch ein Fortschritt, auch wenn die "ein Mikrogramm" nicht sofort erreicht würden, so der "grüne" Politiker. "Beim Quecksilber könnte man sich Sympathien holen, wo man sonst keine Sympathien bekommt", schloss der Landes-Politiker — ohne die am Vortag vom RWE geschilderten Anstrengungen als solche anzusehen.

Gerhard Müller

(Kurier-Verlag)
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