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Beim "Schupo vun dr Eck" wäre das nicht passiert: In Orken gehört das "Wecken" der Majestäten am Festsonntag um 5 Uhr morgens zum Programm. Und das seit Jahrenden. Nur nicht in diesem Jahr. Da beschwerten sich nämlich Nachbarn über Ruhe störenden Lärm, riefen die Polizei und die unterband das traditionelle Lyra-Spiel.


"Das Untersagen des Weckens war nicht rechtmäßig", gab Polizeisprecherin Diane Drawe später unumwunden zu. Der Zorn der Traditionshüter war dennoch groß: "Das habe ich noch nie erlebt", "Hier werden Traditionen kaputt gemacht", "Noch nie gab es Probleme beim Wecken wegen Ruhestörung", "Ich bin vom Glauben abgefallen, als die Polizei wegen des Tambour-Corps rauskam", waren nur die eher harmloseren Kommentare, die der Erft-Kurier in Orken zu hören bekam.
Wie gesagt: Beim "Schupo vun dr Eck" wäre das nicht passiert. Der kennt die Traditionen. Und der weiß um die (mit fast hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit) vorliegende Genehmigung. Der jungen Streifenwagenbesatzung (aus Meerbusch oder wer weiß wo her) sind die "Orkener Gepflogenheiten" nicht vertraut, die kann sich nur an "Schema F" halten.


Über die Nachbarn, die die Polizei auf den Plan gerufen haben, auszuküblen, wäre auch falsch. Vielleicht haben die einfach nicht mitbekommen, das Schützenfest ist und handelten in guter Absicht.
Immerhin fordert die Polizei ja immer wieder dazu auf, lieber einmal zu viel als zu wenig bei ihr Alarm zu geben, anzurufen ...


Ordnungs-Dezernent Claus Ropertz machte gegenüber der Presse allerdings deutlich, dass er auf Dauer wenig Hoffnung habe, dass das Wecken um 5 Uhr morgens — unabhängig von jeglicher Ausnahmegenehmigung — nach lange Tradition bleibe. Wenn nur ein Anwohner dagegen klage, sei ja bekannt, dass das Urteil meist zu Ungunsten der Schützen ausfalle.


Dennoch wird das Ganze ein politisches Nachspiel haben: Die FDP hat inzwischen einen Antrag für den Rat eingereicht. Mit dem Ziel das Sommerbrauchtum zu sichern.
Gerhard Müller