Torten-Talk diesmal im Erft-Kurier Warum die Stadt am KiTa-Mangel in Wahrheit keine Schuld trägt ..!

Grevenbroich · Torten-Talker Philipp Bolz traf sich diesmal zu einem Eisbecher im "Café Breiden" mit Michael Heesch, Erster Beigeordneter der Stadt Grevenbroich. Und er fühlte ihm so auf den Zahn, dass dieser ungewohnt heftig reagierte ...

 Michael Heesch, mal erläuternd, mal „not amused“ und mal absolut genießerisch, was das hausgemachte Eis im „Café Breiden“ betrifft. Fotos (4): -gpm.

Michael Heesch, mal erläuternd, mal „not amused“ und mal absolut genießerisch, was das hausgemachte Eis im „Café Breiden“ betrifft. Fotos (4): -gpm.

Philipp Bolz:

Wie sieht so ein Arbeitstag des ersten Beigeordneten Michael Heesch aus, was sind Ihre Aufgaben?

Michael Heesch:

 Auch am Eisbecher engagiert: Torten-Talker Philipp Bolz.

Auch am Eisbecher engagiert: Torten-Talker Philipp Bolz.

Morgens steht man auf (lacht), kommt zum Dienst. Und dann nimmt man sich bestimmte Dinge vor. Oft treten aber ganz andere Dinge auf und man muss schnell entscheiden, wo man die Priorität setzt. Wenn irgendwo irgendeine besondere Situation in einer KiTa, in einer Schule oder wo auch immer auftritt, die nicht im Speziellen nur in den Bereich der Fachbereichsleiter, also meiner Kollegen fällt, muss ich entsprechend tätig werden. Ansonsten führt man ein Dezernat und muss natürlich immer auf Ballhöhe sei, weil man ja sehr unterschiedliche Aufgabenbereiche wahrnehmen muss.

Philipp Bolz:

Sie haben das gerade schon einmal als einen Punkt der Aufgaben die KiTas genannt ....

Michael Heesch:

Da gibt es 31 von. 16 städtisch, 15 in (überlegt) anderen Händen. Es gibt eine Dreigliederung. Es gibt städtische Einrichtungen. Es gibt die kirchlichen Einrichtungen und es gibt die freien Träger. Das sind beispielsweise Familienhilfe. Der Unterschied besteht in den Zuschüssen.

Philipp Bolz:

Jetzt muss ich da noch etwas konkreter werden, weil da fiel ja plötzlich auf, dass sozusagen 150 Kita-Plätze in Grevenbroich fehlen. Wie konnten die Kinder so sprichwörtlich unter den Tisch fallen oder wieso ist der Bedarf nicht früher aufgefallen?

Michael Heesch:

Das ist jetzt aber mehr eine polemische Behauptung! Das ist nicht plötzlich aufgefallen. Man muss sich erstmal die Zahlen vergegenwärtigen: Von 2008 bis 2013 hatten wir die Verpflichtung, U3-Plätze zu schaffen. Wir haben 203 Plätze realisiert und nach 2013 sogar weitere Plätze geschaffen, so dass wir sogar auf 377 erhöht haben.

Wenn das immer noch nicht ausreichend war, lag das an drei Punkten: 1. Die Geburtenzahl ist höher gestiegen, als es zu erwarten war. 2. 2015 kamen viele Flüchtlinge, die auch Plätze brauchten. Und 3: Die Nachfrage bei den Zweijährigen ist extrem gestiegen.

Wir sind von 30 Prozent ausgegangen, die einen Platz benötigen und es sind 60 bis 70 Prozent geworden. Dieser gesellschaftliche Wandel aus den drei Punkten hat dazu geführt, dass es zu einer Unterversorgung gekommen ist, obwohl immer mehr Plätze dazu gekommen sind. Das war einfach nicht zu erwarten.

Philipp Bolz:

Welche Maßnahmen werden eingeleitet, um den Kindern einen Platz zu ermöglichen?

Michael Heesch:

Zum einen haben wir Sofortmaßnahmen eingeleitet und innerhalb von einem Jahr 24 Plätze für den U3-Bereich und 64 Plätze für den Ü3-Bereich geschaffen. Außerdem haben wir ein Gutachten in Auftrag gegeben, um den Bedarf zu untersuchen. Ich muss aber auch ganz deutlich sagen, dass auch schon Maßnahmen ergriffen wurden, die nicht angenommen wurde. 2013 wurde eine Großtagespflege in Frimmersdorf zum Beispiel nicht belegt, weil es keine Anmeldungen gab.

Philipp Bolz:

Es wurde von der Stadt ein Fachbüro beauftragt, ein Gutachten zur Jugendhilfe und Schulentwicklungsplanung zu erstellen.

Gibt es hierzu einen Zwischenbericht?

Michael Heesch:

Zunächst ist ein Fazit, dass alles, was die Stadt bisher gemacht hat, der richtige Weg ist. Es fehlen bezogen auf die nächsten zwei Jahre dennoch 220 Plätze, die wir schaffen müssen. Dabei müssen wir alle Fakten wie den demografischen Wandel einbeziehen und dafür sorgen, dass es weder eine Unter- noch eine Überversorgung gibt. Wir werden in Zukunft eng am Untersuchungsgebiet bleiben und weitere Evaluierungen vornehmen. Als nächstes werden am "Böhnerfeld" 100 Kinder einen Platz finden. Und es wird ganz sicher eine neue zweite Einrichtung geben. Und auch bei den Kindertagespflegen und Großpflegen setzen wir an.

Philipp Bolz:

Das Schwimmbad eröffnet pünktlich zu den Sommerferien — sicherlich ein Attraktivitätsplus für die Stadt. Außerdem kicken viele Vereine auf Kunstrasenplätzen. In Gustorf beginnt der Bau, in Orken und Stadtmitte ist er bereits abgeschlossen. Welche großen Projekte stehen künftig im Sportbereich noch an?

Michael Heesch:

Für 2019 ist ein Kunstrasenplatz in Wevelinghoven beschlossen. Weitere Plätze in Neurath, Hemmerden und der Südstadt stehen in der Diskussion. Und auch an den Außenanlagen müssen wir ansetzen sowie die Hardware, also die Gebäude, untersuchen und schauen, wie der Sanierungsbedarf ist. Bei bestehenden Plätzen wie in Kapellen und Neukirchen wird auch irgendwann der Belag abgetragen sein — es gibt also viele Projekte für die Zukunft.

Philipp Bolz:

Der Stadtmitte- Kunstrasenplatz hat für Schlagzeilen gesorgt: 900 Nägel wurden auf dem Platz verteilt. Wie kann man so was in Zukunft ändern?

Michael Heesch:

Es gibt zwei Überlegungen: eine Einfriedung mit Zaun oder eine Videoüberwachung. Beides wird aktuell geprüft, aber da die Entscheidungskompetenz beim Bürgermeister liegt, führe ich die Überlegungen jetzt nicht weiter aus.

Philipp Bolz:

Kommen wir zum Thema Kultur. Grevenbroich bietet in diesem Bereich ein großes Angebot. So ist zum Beispiel Marilyn Monroe in die "Villa Erckens" eingezogen und das trotz weniger Mittel. Wie kann das Angebot so vielseitig gestaltet werden?

Michael Heesch:

Das klappt nur mit unserem engagierten Team. Ohne das persönliche Engagement, das über das dienstliche hinausgeht, wäre das alles nicht möglich. Denn unser Finanzen sind wirklich bescheiden aufgestellt. Für das Museum, die Bücherei, Theater im Museum und Kultur extra haben wir im Jahr 105.000 Euro zur Verfügung. Zum Vergleich: Städte mit ähnlicher Größenordnung geben fast so viel Geld nur für ihre Bücherei aus, darunter fangen sie gar nicht mit der Arbeit an.

(Kurier-Verlag)
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