Gastarbeiterchronik Ausstellung für Mutter: "Die Geschichten sind ebenso emotional"

Jüchen · "Ich wollte den Menschen ein Gesicht geben, wie sie ihr Leben in ihrer Heimat hinter sich gelassen haben, um die Zukunft ihrer Kinder zu sichern", erzählt Serin Alma sichtlich bewegt. Die Ausstellung "Gastarbeiterchronik" hat sie dabei ihrer Mutter gewidmet: "Sie ist damals ganz alleine nach Deutschland gekommen." Geplant zu bleiben, hatte sie dabei nicht.

 Serin Alma, Vorsitzende des Türkisch-Deutschen-Freundeskreis, gemeinsam mit ihrer Mutter, Nazife Alma.

Serin Alma, Vorsitzende des Türkisch-Deutschen-Freundeskreis, gemeinsam mit ihrer Mutter, Nazife Alma.

Foto: Fotos: privat

"Ende der 90er Jahre habe ich mich schon mit dem Leben der ersten Generationen der türkischen Gastarbeiter beschäftigt und mit einigen sprechen können", erinnert sich Alma, Vorsitzende des Türkisch-Deutschen Freundeskreis. Im Rahmen eines Förderungsprogramms, konnte Alma nun ihre "Gastarbeiterchronik" erweitern: "Vorgestern Gastarbeiter,, gestern Immigrant, heute Mitbürger."

Zu sehen sind neun Oberhäupter türkischer Gastarbeiterfamilien aus Jüchen und Hochneukirch, die alleine nach Deutschland gekommen sind, sowie die nachfolgenden Generationen. Nazife Alma, Mutter von Serin Alma, ist eine von ihnen. "Mein Vater war Geschäftsmann im Bereich der Landmaschinen türkeiweit", berichtet die Vorsitzende des Türkisch-Deutschen Freundeskreis, "wegen einer Partnergemeinschaft ist er insolvent gegangen. Für die Arbeit im Ausland war er aber gesperrt. Nur meine Mutter hatte die Möglichkeit bekommen, im Ausland arbeiten zu dürfen." Weil sie aber Analphabetin war, wurde auch ihr eine Einreise nach Deutschland zuerst verwehrt. "Innerhalb von drei Monaten hat sie dann aber lesen und schreiben gelernt und sich erneut als Gastarbeiterin beworben." Ehe die Einladung nach Deutschland folgte, wurde Nazife Alma zwischenzeitlich schwanger. "Kurz nachdem meine Schwester geboren wurde, ist meine Mutter dann nach Deutschland gereist. Dabei ist sie in München an Gleis elf angekommen", weiß Serin Alma genau. Von einer Baumschule in Elsmhorn ging es später dann nach Hochneukirch in die Textilfabrik der Familie Busch.

"Eigentlich wollte meine Mutter nur für kurze Zeit ihre Schulden abarbeiten. Nie hat sie geplant, wirklich zu bleiben." Doch vor allem durch die Unternehmerfamilie Busch wurde Nazife Alma unterstützt, ihre Familie nach Hochneukirch zu holen.

Ihre Geschichte und die der anderen Gastarbeiter können nun ab morgen im Rathaus der Gemeinde erlebt werden. "Die sind ebenso emotional wie die meiner Mutter", verspricht Alma. Im Rahmen der Eröffnung konnte sie weitere Gastarbeiterfamilien für eine Chronik gewinnen. "Ich werde die Ausstellung erweitern und auch schriftlich als Buch festhalten", weiß sie.

(Kurier-Verlag)
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