Hermann Gröhes „Berliner Notizen“ „Evangele“ referiert an katholischer Uni

Liebe Leserinnen, · liebe Leser,

 Konrad Adenauer und Charles de Gaulle bei der Unterzeichnung des „Élysée-Vertrages“ am 22. Januar 1963.

Konrad Adenauer und Charles de Gaulle bei der Unterzeichnung des „Élysée-Vertrages“ am 22. Januar 1963.

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alle Wege führen nach Rom! Das ist seit alter Zeit bekannt. Aber nicht alle Wege führen nach Rom, weil eine Neusserin eine Einladung in die "ewige Stadt" ausspricht. Annette Schavan, deutsche Botschafterin beim Heiligen Stuhl (also im Vatikan) und zuvor Bundesministerin für Bildung und Forschung, hatte mich eingeladen, eine Gastvorlesung zu halten. Und so konnte ich vor Kurzem an der Päpstlichen Universität Gregoriana einen Vortrag halten — wahrlich keine Selbstverständlichkeit für mich als evangelischen Christen.

"Die Würde des Menschen ist unantastbar — bis zuletzt!", so lautete der Titel meiner "Humboldt Lecture", in der ich insbesondere über die Stärkung der so wertvollen Hospizarbeit und Palliativversorgung in Deutschland und die in unserem Land getroffene Entscheidung für ein Verbot der geschäftsmäßigen Selbsttötungshilfe gesprochen habe. Ja, es war mir eine besondere Ehre, die nach Wilhelm von Humboldt (1767 — 1835) benannte Vorlesungsreihe eröffnen zu dürfen — zumal dieser als einer der bedeutendsten Gelehrten des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts auch preußischer Gesandter beim Heiligen Stuhl war, also gleichsam einer der Vorgänger von Annette Schavan.

Was das zentrale Thema meines Vortrags in Rom betrifft: Ich weiß, dass Menschen mitunter sogar so verzweifelt sind, dass der Wunsch nach Selbsttötung aufkommt. Und ich bin überzeugt davon, dass diesen Menschen Wege zu einem anderen Leben aufzuzeigen sind! Hilfen sind dabei gefragt, menschliche Zuwendung und professionelle Begleitung — nicht aber verbesserte Möglichkeiten zur Selbsttötung. Diesen Standpunkt habe ich wiederholt in Gesprächen in Rom verdeutlicht, nicht nur im Anschluss an meinen Vortrag im Gedankenaustausch mit verschiedenen Gästen.

So habe ich mit Dr. Mariella Enoc auch über die Palliativ- und Hospizversorgung von Kindern und Jugendlichen gesprochen, als ich das "Ospedale Pediatrico Bambino Gesú" be-suchte. Dr. Enoc ist im größten Kinderkrankenhaus Europas die Verwaltungsleiterin und sprach mit Thomas Sitte, dem Vorstandsvorsitzenden der "Deutschen Palliativ Stiftung", und mir über ihre Erfahrungen auf diesem Gebiet.

Und gemeinsam mit Annette Schavan konnte ich am Tag nach meiner Rede auch mit Kurienerzbischof Monsignore Vincenzo Paglia, dem Präsidenten der "Päpstlichen Akademie für das Leben", über eine menschenwürdige Versorgung sterbender und schwerstkranker Menschen sprechen.

Ich war dankbar, mich in Rom so eingehend zu diesem wichtigen Thema austauschen zu können!

Der Kalender ist auch auf meinen Dienstreisen dicht "getaktet": Beatrice Lorenzin, die italienische Gesundheitsministerin, begrüßte mich als Amtskollegen zu einem Gespräch zum weltweiten Kampf gegen Antibiotika-Resistenzen und sprach mit mir auch über die italienische Präsidentschaft der G7 (USA, Kanada, Großbritanni-en, Japan, Frankreich, Italien, Deutschland) 2017 und die dabei geplante Behandlung globaler Gesundheitsfragen.

Mit Kardinal Jean-Louis Tauran, dem Präsidenten des "Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog", konnte ich ebenfalls diskutieren. Zudem habe ich die römisch-katholische Gemeinschaft Sant' Egidio besucht, die sich seit ihrer Gründung vor fast 50 Jahren für den Frieden einsetzt — weltweit.

Nach dem Abendgebet in "Santa Maria Trastevere", der ältesten römischen Marienkirche, konnte ich mit Professor Marco Impagliazzo und Cesare Zucconi, dem Vorsitzenden und dem Generalsekretär von Sant' Egidio, über Friedens- und Flüchtlingsarbeit sprechen.

Ja, es gab viel zu tun — auch in Rom! Und neben allen dienstlichen Verpflichtungen war ich froh, auch das Päpstliche Geheimarchiv besichtigen zu können. Hier zeigte man mir den Erlass "Exsurge Domine", mit dem Papst Leo X. im Jahre 1520 Martin Luther nach der Veröffentlichung von dessen 95 Thesen die Exkommunikation androhte. Sehr (!) spannend — ebenso wie die Urkunde "Decet Pontificem Romanum", mit der die Exkommunikation im folgenden Jahr vollzogen wurde, nachdem Luther seine Lehre nicht widerrufen hatte, und das Wormser Edikt, mit dem Luther geächtet wurde. Fotos zu schießen, war hier übrigens nicht erlaubt. Aber auch wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte ich mich vermutlich für eine Veröffentlichung des Fotos mit Annette Schavan und Monsignore Vincenzo Paglia entschieden. Denn auch in dem Gespräch mit diesen beiden lautete die zentrale Botschaft meiner Rom-Reise: "Die Würde des Menschen ist unantastbar — bis zuletzt!

Es grüßt Sie herzlich aus Berlin

Ihr Hermann Gröhe MdB

Mitglied des Deutschen Bundestages

Bundesminister für Gesundheit

www.hermann-groehe.de

(Kurier-Verlag)
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