Bosse im Interview: Karl-Georg Brumm über den Gesang „Hip-Hop hatten wir noch nicht“

Grevenbroich · In jedem Stadtteil gibt es Menschen, die ihre Freizeit und ihre Fantasie dafür einsetzen, dass Gemeinschaft und Zusammenleben funktionieren. Diese "Ehrenamtler" kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen, leisten höchst verschiedene Beiträge zum "sozialen Netzwerk".

Bosse im Interview: Karl-Georg Brumm über den Gesang: „Hip-Hop hatten wir noch nicht“
Foto: privat

Einige von ihnen haben Ämter und Funktionen, die sie besonders in den Blickpunkt rücken. Das "Grevenbroich Magazin" will mit diesen "Bossen" gerade auch über heikle Themen sprechen. Gesprächspartner war diesmal Karl-Georg Brumm, seines Zeichens Kreis-Kantor und Leiter der unterschiedlichsten, aber stets erfolgreichen Chöre.

Ist jedes Kind musikalisch? Kann jedes Kind singen?

Gegenfrage: Was ist "musikalisch"? Ich denke mal: Im weiteren Sinne jemand, der musikbegeistert ist, auch ohne selbst Musik machen zu können. Im engeren Sinne jemand, der alles Musikalische mit Leichtigkeit und Begeisterung aufnimmt und selbst wiedergeben möchte und kann.
Jedes Kind und jeder Mensch, der sprechen kann, kann im einfachen Sinne auch "singen" (= auf unterschiedlichen Höhen mit unterschiedlichem Tempo sprechen). Wie weit die Fähigkeiten zum — im europäischen Sinne — musikalischen Singen entwickelt werden, hängt von Vielem ab. Meiner Meinung nach am wichtigsten: Eigene Begeisterung, Veranlagung, Vermittlung, Durchhaltevermögen.

Was macht Spaß an der Chor-Arbeit mit Kindern und Jugendlichen? Wie kann man "Chor-Gesang" zeitgemäß halten?

Spaß an der Arbeit mit Kindern macht vor allem, dass die Kinder selber Spaß haben und noch nicht sofort nach dem Zweck von Musik und Singen fragen. Spaß an der Arbeit mit Jugendlichen macht deren Begeisterungsfähigkeit für neue fetzige (Gospel) und sogar ältere rhythmische Musik (Johann Sebastian Bach), Einbeziehung von Instrumenten, Jugendherbergsfahrten und Konzertreisen. Dieses "Drumherum" halte ich für zeitgemäß, da allein der musikalische "Lernstoff" noch nicht unbedingt begeistert.

Wie gehen Sie in Ihrer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit der "modernen" Musik um? Hip-Hop am Alter? Elektro-Beats in der Kirche?
Hip-Hop hatten wir noch nicht, wohl aber den "Hirten-Rap" zu Weihnachten, Schlagzeug, elektronische Instrumente (Keyboards), verstärkte Instrumente und Stimmen (Mikros), eigene Verstärkeranlage, Verkabelung und Bühnenelemente, alles aufgebaut von den Jugendlichen, auch ein motivierendes "Drumherum". Selbst die guten alten Xylophone, modern bespielt wie von Lionel Hampton, sind bei der Verteilung der Orff-Instrumente (kann jeder mitspielen) schnell vergeben.

Chor-Musik — und dann auch noch in der Kirche. Wie schwierig ist es, Nachwuchs für die unterschiedlichen Gruppen zu finden? Wie viel "Kirche", Glaube, Religion ist in den einzelnen Chören enthalten?

Chor-Musik in der Kirche darf natürlich nicht langweilig sein. Wir haben das Glück, immer interessante Stücke zu finden und damit Nachwuchs, Mitwirkende und Zuhörer zu begeistern. Wie viel "Kirche, Glaube, Religion" enthalten ist, hängt jeweils vom Thema ab. An Karfreitag/Ostern natürlich viel, hier sind die traditionellen Chöre gefragt. Weihnachtskonzerte geben alle Chöre, auch sie haben die (Weihnachts-)botschaft in unterschiedlichsten Vertonungen von Klassik bis Pop zum Thema. Schließlich Gospel, wörtlich Evangelium. Daran mögen viele natürlich die Vertonungen durch Popmusik und die moderne englische Sprache. Doch haben wir auch freiere Stücke, zum Beispiel erzählende Werke wie jetzt über Martin Luther oder gleich ganz "weltliche" Kindermusicals oder Spiel-und-Spaß-Lieder für Kinderchor oder auch Swing und Dixieland für Jugendbläsergruppe und Posaunenchor.

Wenn Sie für Choräle werben sollten, was würden Sie dann sagen?

Wenn Choräle nicht gerade Bestandteil von Weihnachtsoratorium oder Matthäuspassion sind, würde ich immer gern mit neuen Liedern mischen, auch in der klassischen Kantorei. Das haben die früheren Meister eigentlich auch immer getan. Es gibt tolle klassische Choralvertonungen, für mehrere Chorgruppen in riesigen Kirchen, ein richtiger Surround-Effekt, aber die Alte Musik liegt nicht jedem.

Und wenn Sie sich abends Ihre Auszeit gönnen, welche Musik legen Sie dann auf? Welches war das jüngste weltliche Konzert, dass Sie besucht haben?

Jazz. Das letzte weltliche Konzert war Ende Juli das einer siebenköpfigen Swingband ("Seven Mile Limit") im Hotel im Urlaub auf Korfu. Die machten uns echt was vor, wir haben sie vor Begeisterung noch ins nächste Hotel verfolgt. Alle Musiker sind Absolventen der dortigen Musikhochschule; ich wusste gar nicht, dass es dort eine gibt. Vicky Leandros stammt von dort, auch viele weitere Sänger, Musiker und Komponisten.

Wenn Sie auf die vielen Jahre Chor-Musik zurückblicken, die Sie gestaltet haben, was muss getan werden, um diese Projekte über die nächsten zehn Jahre zu tragen?

Ich denke, man darf nicht nachlassen, unermüdlich dafür zu werben. Und ich hoffe, dass wir noch etwas von der Rückkehr zu G9 haben. Der erhöhte Druck in den Schulen hat uns viele musikbegeisterte Jugendliche abspringen lassen, die sich lieber für gute Schulnoten als für unsere Gesangsnoten entschieden haben.

Wenn Sie hier an dieser Stelle für einen Chor ganz besonders werben dürften (vielleicht in Sachen Nachwuchs), welcher wäre das? Und warum?

Oh, das ist jetzt schwierig. Ich mag alle meine Chöre, und jeder freut sich über Nachwuchs. Ich entscheide mich mal für den Kinderchor. Dafür werbe ich im September immer und hoffe auf viele junge Sängerinnen und Sänger, die hoffentlich so begeistert sind, dass sie lange bleiben und ihre Eltern und Geschwister mitbringen …

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