EU-zertifiziert: Der Königs´sche Kreislauf nimmt jede Menge CO² aus der Luft Molekül-genau „vom Pferdehintern in den Lkw“

Hoisten · Wissenschaftlich betrachtet funktioniert alles. Technisch gesehen ebenfalls. „Das einzige Risiko ist die Politik“, kommentiert Daniel Königs, der zusammen mit seinem Vater im Neusser Süden ein Kreislaufsystem aufgebaut hat, das unter anderem Biogas produziert, das die EGN für einen Teil ihrer Fahrzeuge nutzen will. „Vom Pferdehintern in den Lkw“, bringt es deren Betriebsleiter Richard van Horrick auf den Punkt.

An dieser Tankstelle fahren am 8.000 Pkw und 600 Lkw vorbei. Viel Potenzial für „Verbrennungsmotoren, die sehr sauber unterwegs sind“.

An dieser Tankstelle fahren am 8.000 Pkw und 600 Lkw vorbei. Viel Potenzial für „Verbrennungsmotoren, die sehr sauber unterwegs sind“.

Foto: KV./Gerhard P. Müller

Im Rhein-Kreis stehen rund 6.000 Pferde. Der Mist von rund 1.300 dieser Tiere wird in der Biogas-Anlage der „Königs Pflanzen-Energie“ quasi als Rohstoff genutzt.

40 bis 50 Tonnen Pferdemist kommen täglich in die großen Beton-Behälter, erwärmen sich dort und gären, sodass am Ende Methangas steht. Dieses wird über eine eigene Gasleitung zu einer CNG-Tankstelle geleitet, die nahe am Kreuzungsbereich der B 477 und der L 142 liegt.

Daniel Königs (links) und Reinhard Van Vlodrop (EGN-Geschäftsführer) stellten sich den Fragen.

Daniel Königs (links) und Reinhard Van Vlodrop (EGN-Geschäftsführer) stellten sich den Fragen.

Foto: KV./Gerhard P. Müller

Der Königs´sche Bauernhof, den der Junior vor Kurzem übernommen hat, produziert Zuckerrüben, Gemüse und Getreide. Beim letzteren bleibt Stroh übrig, das an die Pferdeställe der Umgebung geliefert wird und dort als Streu dient.

Später wird das dann wieder in Containern zurückgeholt, um in die Biogas-Anlage zu wandern. Ein eigentlich langjähriges Verfahren, das allerdings auf die besonderen Bedingungen abgestimmt werden musste: lange Strohfasern, Fremdstoffe wie Kordeln und vor allem die unterschiedliche Beschaffenheit des Pferdemistes (von frisch bis schon vor-verrottet) machen sehr anspruchsvolle Anforderungen an die Technik notwendig.

Andere arbeiten deshalb zum Beispiel mit Mais-Silage, weiß Daniel Königs zu berichten. Das wäre einfacher, weil die Zusammensetzung immer die gleiche sei.

 Richard van Horrick ist EGN-Betriebsleiter.

Richard van Horrick ist EGN-Betriebsleiter.

Foto: KV./Gerhard P. Müller

So dringt er auf die Anlieferung des Pferdemistes „just in time“: Würde er auf dem Reiterhof zu lange zwischengelagert, ginge zu viel Energie (Methangas) verloren.

Das aber, was nach dem Gärprozess als Reststoff übrig bleibt, „geht wieder als Dünger aufs Feld“, so Daniel Königs, womit sich der Kreislauf schließe: „Das ist das transparenteste Klimaschutzprojekt, das ich kenne ... und dann auch noch absolut förderfrei.“

Seine Anlage ist EU-zertifiziert und gilt als „klimapositiv“. Mit anderen Worten: Hier wird nicht nur weniger CO² produziert, hier wird CO² aus der Luft genommen. Mehr noch: Wer an die besagte CNG-Tankstelle fährt, kann „das originale Molekül aus unseren Silos tanken“.

Kunde ist dort unter anderem die EGN, die bereits drei ihrer Müllfahrzeuge mit Biogas betankt, drei weitere sind bestellt. Ziel sei es, 40 Prozent der Neuanschaffungen im Bereich der Bio-Methan-Motoren zu tätigen, so van Horrick. 18.000 Kilogramm Gas brauchen die dann pro Fahrzeug und Jahr.

Ein besonderer Anblick war es vor Kurzem, als zwei „Solaris“-Gelenkbusse zum Betanken vorfuhren. Die seien vom Hersteller in Polen unterwegs nach Spanien gewesen, wo sie zum Einsatz kommen sollen. „Unsere Tankstelle haben die per Internet gefunden und die Route entsprechend geplant“, strahlt Königs jun.

Auch wenn van Horrick zurecht von „Verbrennungsmotoren, die sehr sauber unterwegs sind“ spricht, kommt genau hier die Politik ins Spiel: Vom EU-weiten Verbot der Verbrennungsmotoren wären auch diese sauberen Biogas-Autos betroffen. Bundes-Verkehrsminister Wissing hat ihnen aber (vorerst) ein Hintertürchen offen gehalten ...

Die Königs‘ halten übrigens das Prinzip der kurzen Wege hoch: Sie liefern das Stroh an Reiterhöfe der direkten Umgebung und holen dort auch ihren „Rohstoff“ ab. Aber angesichts der 6.000 Pferde im Kreis besteht ausreichend Möglichkeit zum Expandieren.

(Gerhard P. Müller)
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