Josef Wißkirchen erforscht Geschichte der jüdischen Mitbürger am Gillbach

Rommerskirchen · Das Ortszentrum von Rommerskirchen ist arm an historischen Bauten. Durch den verheerenden Luftangriff vom 1. März 1945 wurde es weitgehend zerstört. Die erhaltene Häuserzeile an der Giller Straße gehört zu den wenigen Überbleibseln des alten Rommerskirchen.

Der 1815 entstandene Backsteinbau an der Giller Straße 4 ist ein besonderes Schmuckstück. Über seine Geschichte ist bisher wenig bekannt.

Historiker Josef Wißkirchen, der derzeit die Geschichte der Rommerskirchener Juden erforscht, hat inzwischen klären können, dass das Gebäude früher der jüdischen Familie Moritz Capell gehörte, die vom Viehhandel lebte.

Durch die letzte überlebende Rommerskirchener Jüdin Marlene Roesberg, verh. Straus, die Ende 1938 als siebenjähriges Kind mit ihrem Vater in die USA emigrierte, hat er Kontakt gefunden zu Marjie Brown, einer Enkelin von Moritz Capell, und durch sie ein besonderes, historisches Foto des Hauses erhalten.

Es stammt vermutlich aus den 1920er Jahren.

Überrascht stellt man fest, dass das Gebäude durch Um- und Anbau eine tief greifende Veränderung erfahren hat. Es war ursprünglich verputzt, die Fenster hatten Läden.

Die Eingangstür lag an anderer Stelle als heute, und links davon gab es eine große Toreinfahrt.

Am heutigen steinsichtigen Mauerwerk erkennt man noch deutlich die Spuren des vermutlich von Moritz Capell durchgeführten Umbaus. Die Toreinfahrt wurde dabei zur Erweiterung des Wohnraumes genutzt.

Die Eingangstür wurde ins Zentrum verlegt und die unteren Fensteröffnungen axial den Fenstern im Obergeschoss zugeordnet. Gleichzeitig erhielten die Fenster neue Sandsteingewände.

Die drei Kinder von Moritz Capell – Anna, Erich und Ilse – konnten 1937/38 in die USA auswandern. Im letzten Moment und unter abenteuerlichen Umständen gelang auch den Eltern Moritz und Johanna Capell im Juli 1941 in einem plombierten Eisenbahnwaggon von Berlin nach Lissabon und von dort per Schiff in die USA die Flucht vor Verfolgung durch die Nazis.

Wenige Wochen später wurde Juden jede Ausreise verboten, und die Deportationen in den Tod setzten ein.

1939 wurde das Haus Giller Straße an Frau Weidenfeld verkauft, die hier mit ihrer Hausgehilfin Katharina Jonas auch ihren Wohnsitz nahm.

Für weitere Informationen sei auf einen Lichtbildervortrag hingewiesen, den Josef Wißkirchen am 10. November um 19.30 Uhr im Ratssaal (Rathaus, Bahnstr. 51) der Gemeinde Rommerskirchen hält („Novemberpogrom 1938 in Rommerskirchen“).

-ekG.

(Kurier-Verlag)
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