„Altes Finanzamt“: Noch nicht Ende der Fahnenstange

Grevenbroich · Das war bezeichnend. Zehn Minuten nach Beginn der Bürger-Informationsveranstaltung zum Umbau des „Alten Finanzamts“ zur Flüchtlingsunterkunft grifft Sozialamts-Mitarbeiter Helmut Deussen zum Telefon.

 Politik und Verwaltung sowie Sozialarbeiter Franco Clemens (links) stellten sich im Bernadussaal den Fragen von rund 100 interessierten Bürgern.

Politik und Verwaltung sowie Sozialarbeiter Franco Clemens (links) stellten sich im Bernadussaal den Fragen von rund 100 interessierten Bürgern.

Foto: Foto: Michael Scheffler

Notgedrungen. Er musste die Unterbringung von elf gerade angekommenen Flüchtlingen regeln. Das und viele andere organisatorische Hürden hinterließen in den Köpfen von rund 100 Bürgern viele Fragezeichen.

Zu Beginn der sachlich und durchaus konstruktiv geführten Veranstaltung mit rund 100 interessierten Bürgern im Bernardussaal erklärte erst einmal Heike Steinhäuser, Fachleiterin Soziales im Rathaus, die Verfahrenabläufe. Mit Datum 10. Dezember kam sie auf 1.100 Asylbewerber für Grevenbroich, für 2016 werden weitere 2000 erwartet. Das ist ein geschätzter Mittelwert, von dem keiner weiß, ob er annähernd der Realität entsprechen wird.

150 Flüchtlinge sind derzeit in der „Alten Feurerwache“ und in der Turnhalle am Schloss-Stadion (mit Essensausgabe im „Rittersaal“ des Schlosses) untergebracht; durchschnittliche Aufenthaltsdauer hier: acht Wochen.

Diese Plätze „wandern“ in das vom Land angemietete „Alte Finanzamt“. Die Turnhalle am Schloss bleibt „taktische Rückzugsfläche“, wie es Dezernent Claus Ropertz nannte. In der „Alten Feuerwache“ werden keine Erwachsenen mehr untergebracht.

Dort sind auch Einrichtungen des Jugendamts angesiedelt, also gut geeignet als Unterbringungsstandort für allen reisende junge Männer.

Das „Alte Finanzamt“, laut Dirk Schwarz vom städtischen Gebäudemanagement relativ gut in Schuss, wird zur Zeit auf Kosten der Stadt umgebaut, Einzug der Flüchtlinge voraussichtlich im Frühjahr 2016. Aus den 50 Büros werden Wohneinheiten für 150 Flüchtlinge, „kein Luxus, nur für kurzfristige Unterbringung“, machte Claus Ropertz klar.

Im Erdgeschoss entsteht eine Art Logistik-Center. Die schon vorhandene Kantine wird für die Essenssaugabe hergerichtet, Erfassung, Tagesangebote, Hauswirtschaft und auch auf Nachfrage Räume für den Deutsch-Unterricht werden im Erdgeschoss eingerichtet. Personell wird das Haus mit einem Hausmeister, einem für die Hauswirtschaft zuständigen Mitarbeiter, drei Security-Männern und zwei Sozialarbeitern ausgestattet.

Die sollen auch extern wirken und erst gar keine Spannungen in Richtung Anwohner aufkommen lassen.

Sozialarbeiter Franco Clemens („Rheinflanke“) nahm gleich einem Bürger den Wind bei der Frage nach Auseinandersetzungen aus den Segeln. „Wenn es in den Einrichtungen Auseinandersetzungen gibt, sind die bisher nicht ethnisch oder religiös begründet, dann geht es um Alltags-Kleinigkeiten.“ Er machte auch klar, dass weiterhin Ehrenamtliche benötigt werden, „ mit einem professionellem Distanz-Nähe-Verhältnis“. Einer der Ehreamtlichen mutmaßte, dass Menschen mit Berührungsängsten Flüchtlingen gegenüber noch nie ein Wort mit diesen gesprochen haben. Das gab Beifall.

Fragen Richtung Asbest-Belastung des Gebäudes wurden mit einem klaren „Nein“ beantwortet und auch Parkplatznöte seien nicht zu befürchten.

Insgesamt gab es viel Lob für Politik und Verwaltung in Grevenbroich, aber Kritik an Landes- und Bundespolitik.

So monierte Bürgermeister Klaus Krützen die ungleiche Verteilung auf die Kommunen, kündigte aber eine frohe Botschaft an:

Ab dem 24. Dezember bis Jahresbeginn soll es keine weiteren Zuweisungen geben. Vorher soll noch ein Gesamtkonzept auf den Tisch gelegt werden.

(Kurier-Verlag)
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