Geschichte(n) mit Stadtführerin Anni Bierbaum Arme Ritter liebten Fitschbunnesuup

Grevenbroich · Typische Grevenbroicher Gerichte? Das ist Süßes und Herzhaftes zugleich. Wie zum Beispiel "Himmel und Erde": gestampfte Kartoffeln, dazu Apfelkompott, gebratene Blutwurstscheiben und kross gebratene Zweibelringe.

Geschichte(n) mit Stadtführerin Anni Bierbaum:  Arme Ritter liebten Fitschbunnesuup
Foto: privat

Senf als Gewürz darf nie fehlen!


Die bei uns hier sehr beliebten Reibekuchen aus geriebenen rohen Kartoffeln mit Zwiebeln und Ei, Mehl, Muskat und Salz, schön kross in reichlich Öl gebraten — dazu Rübenkraut oder Apfel-Kompott. Eine Variante ist der "Schnibbelkuchen" aus gröberen Kartoffelschnitzen (sonst wie der Reibekuchen), der an einem Stück in der Pfanne gebraten und erst danach zerteilt wird.


Eine besondere Spezialität war die Buttermilch "Fitschbunnesuup": Buttermilch, grüne geschnittene Bohnensuppe, mit Kartoffeln und Zwiebeln gekocht. Beim Bohnenschneiden ist es wichtig, die Bohnen schräg schneiden, sie zu "fitschen". Dafür gibt es ein spezielles Küchengerät! Die süße Variante ist die Buttermilchsuppe mit Graupen und Backpflaumen.
In der Herbst- und Winterzeit waren Eintopfgerichte sehr beliebt: "Durcheinander" Gekochtes wie Wirsing (mit Kartoffeln, Zwiebeln, Speck), Grünkohl (mit Kartoffeln, Zwiebeln, Speck und Mettwurst), Möhren (mit Kartoffeln, Zwiebeln und gebratener Blutwurst oder Panhas). Wichtig war der Speck, das Fett, denn "Kohl muss Glänzen". Sonst schmeckt er nicht!

Sauerkraut wurde selbst gemacht (geschnittener Weißkohl mit Salz im Fass eingelagert und vergoren, später gekocht mit Schmalz, Zwiebeln, Kartoffelpüree oder Kassler dazu). Früher wurden auch grüne geschnittene Bohnen im Fass eingelagert mit Salz. Sie wurden vergoren und hatten einen starken Geruch, deshalb wurden sie auch "Stinkbohnen" genannt. Sie wurden mit Kartoffeln, Zwiebeln und Speck durcheinander gekocht.

Samstags gab und gibt es Eintopfsuppen aus Hülsenfrüchten wie Erbsen, Linsen, Bohnen oder auch Graupen (mit Kartoffeln, Zwiebeln, Suppengemüse, Speck, Pfötchen vom Schwein oder Mettwürsten gekocht). Freitags gab es wegen des Fastengebotes der katholischen Kirche kein Fleisch. Das war der traditionelle Fischtag: eingelegte Heringe, Bratheringe zum Beispiel, oder "Dämpäppele" (gedämpfte Kartoffeln mit viel zwiebeln, etwas Fett) oder Heringstipp (zerkleinerte Heringe mit Äpfel, Gewürzgurke und Zwiebeln, in Sahne oder Mayonnaise, mit Pell- oder Bratkartoffeln).

Muscheln, rheinische Art, sind in den kälteren Monaten (mit "R") sehr beliebt, zu Schwarzbrot mit Butter. beliebt sind auch "Knuddele" (Hefeklöße mit Vanillesauce).

Zum Festtagsessen gehörte eine Rind- oder Hühnersuppe (oder beides zusammen) mit Markklößchen und Eierstich. Danach gab es im Suppenteller das gekochte Rindfleisch mit Gewürzgurke und Remoulade. Dann folgte Schweine- , Rinder- oder Sauerbraten aus Rind- oder Pferdefleisch (einige Tage im gewürzten Essigsud eingelegt, die Sauce mit Rübenkraut oder Lebkuchen abgeschmeckt). Zum Nachtisch folgten Vanillepudding mit Himbeer-Sirup, Schokoladenpudding, Milchreis mit Zucker und Zimt oder Grieß-Pudding.
Zum Kaffee an Schützen- oder Familienfesten wurde "Appeltaat" (Apfelriemchenkuchen) gereicht. Früher wurde das eigene Apfelkompott dafür zum Bäcker gebracht!

Samstags wurde ein Weißbrot-Hefeteig zubereitet und zum Bäcker zum Abbacken gebracht. Gerne wurde sonntags Weck mit Schinken und Rübenkraut gegessen. Weihnachten gab es traditionell Kartoffelsalat mit Würstchen oder rheinischer Heringssalat (aus geschnittenen Heringen, gekochtem Rindfleisch, gekochten Pellkartoffelstücken, Äpfeln, Zwiebeln, Gewürzgurken und kleingeschnittener roter Bete — zubereitet) am Heiligenabend. An den Weihnachtstagen standen dann Kaninchen, Hasenbraten oder Gans auf dem Tisch.

Als Gebäck waren Spritzgebäck, Vanillekipfel, Spekulatius, Printe- Schnitten mit Zuckerguss oder Haferflockenplätzchen mit Schokolade angesagt.

Ebenfalls angesagt war die "Resteküche" wie zum Beispiel "Arme Ritter" (alte Weißbrotscheiben in Eier/Milchgemisch gelegt, dann angebraten in Öl und schließlich mit Zucker bestreut). Suppenfleischreste wurden durchgedreht im Fleischwolf, geformt, gut gewürzt mit Muskat, Salz und Pfeffer und dann gebraten.

Brote mit Quark und Rübenkraut wurden morgens, nachmittags oder abends gegessen. Abends gab es früher oft Milchsuppe und ein "Pännchen" Bratkartoffeln. Alltags wurde "mucke-fuck" aus Gerste und Kartoffeln, sonn- und feiertags dann Bohnenkaffee getrunken.

Heute sind durch viele Freunde, Gastarbeiter und Besucher die Küchen deren Länder auch bei uns vertreten und sehr beliebt. Das Leben ist bunter geworden.

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