1. Grevenbroich

Grünen-Bundestagskandidat Peter Gehrmann ist auch im Wahlkampf realistisch: "In E-Autos steckt eine Symbolik, die man am einfachsten vermitteln kann"

Grünen-Bundestagskandidat Peter Gehrmann ist auch im Wahlkampf realistisch : "In E-Autos steckt eine Symbolik, die man am einfachsten vermitteln kann"

Peter Gehrmann, Bundestagskandidat von der "Grünen" für Dormagen, Grevenbroich, Neuss und Rommerskirchen macht es den Fundis unter den Wählern nicht einfach. Zum einen hegt er derzeit eindeutig Sympathien für Angela Merkels CDU und dann ist da auch noch seine Biografie...

Der 57-jährige Dr. Peter Gehrmann stammt aus Bremen, wuchs in Dormagen auf und lebt jetzt in Grevenbroich. Seit 23 Jahren ist er verheiratet und hat zwei erwachsene Töchter. Der studierte Biologe befasste sich intensiv mit Gen-Forschung — natürlich auch mit möglichen positiven Einsatzmöglichkeiten — und wechselte nach seinem Studium wegen der besseren Verdienstmöglichkeiten in die Computerbranche. In Düsseldorf arbeitet er heute als IT-Spezialist bei einem der größten europäischen Modehändler. Und obwohl der Textil-Riese für die meisten "Grünen" ein rotes Tuch sein müsste, da er in der Vergangenheit mit Vorwürfen wegen Ausbeutung von Zulieferern, Kinderarbeit in Produktionsländern, Herstellung von krebserregender Kleidung und sogar einer dunklen Nazi-Vergangenheit zu kämpfen hatte, kann Peter Gehrmann nach eigenen Angaben nachts gut schlafen.

"Es gibt in der Bekleidungsindustrie Probleme", bestätigt er, "aber von den Unternehmen, die ich bisher kennengelernt habe, hat mein Arbeitgeber die höchsten sozialen Standards an seinen Produktionsstätten — wie Bangladesch, Lima, Kambodscha et cetera et cetera. Aber da gibt es sicher viel zu verbessern."

Überhaupt sind Industrie und Wirtschaft seine großen Themen. Gut in einer Gegend, die eine solche Wirtschafts-Lokommotive ist wie der Rhein-Kreis. Ein gelingender Strukturwandel liegt Gehrmann am Herzen, er fordert — wo immer möglich — mehr Raum für mehr Gewerbegebiete. "Die werden wir dringend brauchen, spätestens, wenn die Zeit der Braunkohle im Rhein-Kreis vorbei sein wird."

Zum Thema Klimaschutz sagt er: "Wir wollen, dass Deutschland seine Klimaschutzziele einhält und steigen aus der Kohle aus. Wir führen einen nationalen Mindestpreis für Klimaverschmutzung ein. Bis 2030 wollen wir unser Ziel, 100 Prozent Erneuerbare Energie im Strombereich, erreichen. Die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke schalten wir sofort ab."

Gehrmann ist Sprecher der Grevenbroicher Grünen und engagiert sich im Stadtrat für Schulpolitik und Digitales. In seiner Freizeit fährt er gerne Fahrrad und ist Literaturfreund. Als klassischen "Grünen" würde er sich selbst nicht bezeichnen, aber: "Ich entwickle mich immer mehr dorthin!", muss er zugeben.

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Fleisch auf dem Teller wird immer seltener und auch das Auto bleibt zu Gunsten das Fahrrades immer häufiger in der Garage stehen.

Gehrmann, der sich selbst als "sehr technikaffinen" Menschen bezeichnet, trommelt für die Zukunft der E-Mobilität: "Wir wollen ab 2030 nur noch abgasfreie Autos neu zulassen und schaffen dafür entsprechend die steuerlichen, fiskalischen und infrastrukturellen Voraussetzungen für die emissionsfreie Mobilität der Zukunft. Nur so bleibt die deutsche Autoindustrie wettbewerbsfähig, nur so sichern wir Jobs und Wertschöpfung", verkündet er im Sinne der Partei, auch wenn er selbst um die Schwachpunkte der E-Autos weiß, etwa deren bislang noch ernüchternde Ökobilanz.

"Es ist sicher so, dass die entsprechenden Techniken noch nicht ausgereift sind, aber bis es so weit ist, dauert es noch 15 oder 20 Jahre, da kann ich nicht bis 2030 warten. Da muss man jetzt mit anfangen. Es gibt auch noch einige andere Alternativen, wie etwa die Power-to-gas-Technologie, wo Kohlendioxid aus der Luft in eine erdgasähnliche Substanz umgewandelt werden kann. Die könnte man umweltneutral in Verbrennungsmotoren verwenden. Aber es muss erst mal ein Schritt in diese Richtung getan werden. In E-Autos steckt eine gewisse Symbolik drin, weil man die am einfachsten vermitteln kann."

Überhaupt ist Gehrmanns Verständnis für die Befindlichkeiten des Wahlvolkes groß, so kann er auch verstehen, dass momentan viele Bürger Burkaträgerinnen in den Innenstädten misstrauisch beäugen. "Wenn ich dafür kein Verständnis hätte, wäre ich kein mitfühlender Mensch", konstatiert er. "Bei den terroristischen Taten der jüngsten Zeit ist das nachzuvollziehen. Was wir als Politiker leisten müssen, ist es, den Menschen ihr Sicherheitsgefühl wiederzugeben!"

Das Versprechen: "Wir werden für eine gut ausgestattete Polizei sorgen und werden die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden stärken."

Den klassischen Weg der "Grünen", das Übel bei der Wurzel zu packen und früher anzusetzen, also verstärkt die Integration auszubauen und Jugendkriminalität etwa durch Förderung von Lehrern und Streetworkern entgegen zuwirken, entgegnet er mit einem ernüchterten: "Da hätten wir zehn, fünfzehn Jahre früher anfangen müssen! Natürlich muss man auf der Schiene weiterarbeiten und der Gettoisierung entgegenwirken."

Wichtig ist Gehrmann natürlich auch, die Fluchtursachen zu bekämpfen, Rüstungsexporte an Diktaturen und Krisenregionen mit einem verbindlichen Rüstungsexportgesetz zu unterbinden und mit fairen Handelsabkommen ökologische und soziale Standards weltweit zu stärken. "Der Kampf gegen die Klima-Erhitzung ist auch ein Kampf gegen Fluchtursachen", erinnert er dabei.

Die Chance, dass Peter Gehrmann den Sprung in den Bundestag schaffen wird, ist verschwindend gering, trotzdem sieht er sich nicht als reinen "Zählkandidaten". "Es besteht eine minimale Chance, dass es mir gelingt", bekennt er, "dafür muss ich auch meine Ziele benennen. Letztendlich ist es im übertragenen Sinne so, dass ich mich in meiner Partei dafür einsetzen werde, dass die Bundestagsabgeordneten diese Ziele angehen werden."

Mit wem das die Grünen im Bundestag umsetzen sollen?

"Es gibt Dinge, die ich bei der CSU nicht mag, es gibt Dinge, die ich bei der SPD nicht mag und der Linken begegne ich mit besonderer Skepsis. Da könnte ich mir am ehesten vorstellen, mit Leuten aus der CDU zusammenzuarbeiten", bekennt Peter Gehrmann.

Thomas Broich

(Kurier-Verlag)