Offene Worte: Zukunft des Schützenwesens – der Platz – die Damenwelt Präsident Cremerius mahnt: „Wir gestalten Tradition für die Jugend“

Grevenbroich · Peter Cremerius, ebenso engagierter wie weitsichtiger Präsident des Grevenbroicher Bürger-Schützen-Vereins, hat in seiner Ägide (die im kommenden Jahr definitiv enden soll) mit vielen Vorurteilen aufgeräumt.

 Präsident Peter Cremerius war in seiner bisherigen Amtszeit immer wieder bereit, auf neue Ideen und Vorschläge (hier die Präsentation des Schützenturmes) einzugehen.

Präsident Peter Cremerius war in seiner bisherigen Amtszeit immer wieder bereit, auf neue Ideen und Vorschläge (hier die Präsentation des Schützenturmes) einzugehen.

Foto: Fotos: Archiv (2), BSV (1)

Beim traditionellen "Präsidenten-Interview" für die aktuelle Festausgabe des Erft-Kurier schnitt er quasi einen weiteren Zopf ab ...

 Seine Arbeit im Rat der Stadt Grevenbroich — hier vertritt Peter Cremerius die FDP — liebt er, auch wenn die Selbstdarstellung manchen Kollegen eher nervend findet. Die Arbeit in den Ausschüssen und Arbeitskreisen sei aber konstruktiv und vertrauensvoll.

Seine Arbeit im Rat der Stadt Grevenbroich — hier vertritt Peter Cremerius die FDP — liebt er, auch wenn die Selbstdarstellung manchen Kollegen eher nervend findet. Die Arbeit in den Ausschüssen und Arbeitskreisen sei aber konstruktiv und vertrauensvoll.

"Der Mythos mit dem Neusser Wetter ist genauso fundiert wie die Sache mit dem Siebenschläfer", räumte Peter Cremerius mit der verbreiteten Theorie auf, dass es nach Regen beim Neusser Schützenfest in Grevenbroich strahlenden Sonnenschein gebe und umgekehrt.

 Die wichtigsten Männer des Grevenbroicher Bürger-Schützen-Vereines: Vize-Präsident Lothar Zimmermann, Präsident Peter Cremerius und Oberst Joachim Schwedhelm (von links).

Die wichtigsten Männer des Grevenbroicher Bürger-Schützen-Vereines: Vize-Präsident Lothar Zimmermann, Präsident Peter Cremerius und Oberst Joachim Schwedhelm (von links).

Die Neusser schwitzten am vergangenen Sonntag jedenfalls bei gefühlten 35° Celsius. "Ideales Schützenwetter hat man, wenn man nicht regennass und nicht schweißnass wird. Sonnenwetter eben, bei dem man den Schützenrock vergnügt tragen kann", formuliert der Präsident. Und schiebt — nach kleiner Pause — nach: "Wetter, bei dem man noch Bier trinken kann."

Peter Cremerius kann aber auch sehr ernst: "Es gibt einige wenige Ereignisse in unserer Gesellschaft, die so ein hohes Interesse haben, dass Einzelinteressen zurücktreten müssen", stellt er voller Inbrunst fest. Dazu zähle das Schützenwesen, das das Zusammenleben in unserer Stadt erst möglich mache und das auch entsprechend geschützt werden müsse.

Mit Blick auf den Streit um den musikalischen Morgen-Appell im Rahmen des Orkener Schützenfestes müsse er deshalb auch radikal formulieren: "Ich spreche in meiner Begrüßung immer vom so und so vielten ,Schützenfest in Frieden, Freiheit und Wohlstand'. Und dies ist nicht für alle selbstverständlich. Deshalb sage ich: Einmal morgens um 5 Uhr Marschmusik zu hören, ist angenehmer, als jeden Tag Bomben fallen zu hören." Immerhin ging es um Musik, nicht um Lärm.

So wie die Weihnachtsglocken zur Mitternachtsmette gehöre Marschmusik zum Schützenfest. "Diese Musik ist Ausdruck von Lebensfreude und keine Belästigung."

Übrigens — da ist sich Cremerius sicher — hätte es diese Probleme in Stadtmitte gegeben. Nicht, weil dort keine rechtschutzversicherten Mitbürger wohnen, sondern weil dort seit vielen Jahren eine "Sicherheitskonferenz" mit allen beteiligten Ämtern und Einrichtungen zwei Wochen vor Schützenfest abgehalten wird.

"Es ist von keinem erhöhten Gefahrenmoment auszugehen", fasst der BSV-Präsident das Ergebnis der Runde zusammen. Die Umzüge würden vorne und hinten durch Polizei beziehungsweise Krankenwagen gesichert. Und da es ein Glasverbot auf dem gesamten Kirmesplatz gebe, würden auch Rücksäcke schon seit ein paar Jahren kontrolliert.

Das mit dem Glasverbot sei unter anderem der Tatsache geschuldet, das Kirmes- und Festzeltplatz in der Stadtmitte wirklich nicht ideal seien. "Das Zelt ist eigentlich zu klein bemessen für unsere Größe. Und bei den Schaustellern müssen wir viele Abstriche machen", merkt er nachdenklich an.

Damit ist das Thema neuer Kirmesplatz (am "Hagelkreuz") auf dem Tisch. "Wir haben schon mal Pläne gemacht, was da oben alles möglich wäre", gibt er unumwunden zu, sofort schränkt er aber ein: "Das werde ich als Präsident nicht mehr erleben."

Dennoch warnt er: "Nicht an Dingen festhalten, die früher einmal richtig waren." Dabei richtet sich dieser Satz an alle Schützenvereine in der Stadt, in der Region. Denn ähnlich wie seine Kollegen aus Gustorf sieht auch Peter Cremerius in den nächsten zehn Jahren den ein oder anderen Schützenverein in der Umgebung bedroht. "Das ist zu befürchten", seufzt er offenherzig.

"Je kleiner der eine Verein und je größer der andere wird, umso mehr zieht der die Schützen und die Kirmesgeschäfte an", weiß er aus Erfahrung. Kleine Vereine hätten Probleme mit Attraktionen für den Kirmesplatz, mit den Beiträgen, mit der Werbung, mit den Zuschüssen vom Zeltwirt. Eine gewisse "Zerblätterung" habe schon längst begonnen. "21 Vereine werden wir in der Stadt nicht halten können", ist Cremerius sich sicher.

Er könne sich ein, zwei Stellen vorstellen, "wo Fusionen, Kooperationen, gemeinsame Feiern mit etwas gutem Willen machbar wären". Dort setze man sich "momentan noch nicht genug gegen die Traditionalisten durch".

Ein Problem, dass er auch für den eigenen Verein sieht. Und Peter Cremerius mahnt: "Wir gestalten Tradition für die Jugend."

In diese Mahnung bezieht er übrigens auch die Frage nach den Frauen im Schützenzug mit ein. Da seien findige Finanzbeamte schon auf die Frage gekommen, ob sich Gemeinnützigkeit und der Ausschluss von Frauen nicht widersprechen würden.

BSV-Präsident Peter Cremerius: "Frauen können bei uns Mitglied werden. Und ich habe mich von meinem Justiziar belehren lassen, dass sie auch in den Vorstand gewählt werden können. Sie können sogar Präsidentin werden. Das wäre doch mal was — eine Präsidentin."

Das seien Dinge, die ihn nicht stören würden. "Wenn dann Frauen kämen, die einen Zug aufmachen wollten, genau dann müssten wir uns auch dieser Frage stellen", wiegelt er im Weiteren ab.

Von gemischten Zügen — überlegt er — rate er ab. Aber ein Damen-Zug, "vielleicht wäre das ganz nett anzusehen", griemelt er und verweist auf seine Zeit als Messdiener (in den frühen 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts), als Messdienerinnen noch vollkommen undenkbar, ja ein Sakrileg waren.

"Hauptsache es geht weiter", so sein Schlusswort.

Gerhard Müller

(Kurier-Verlag)
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