Grevenbroicher Geologie: Von Sümpfen und Erdbeben

Grevenbroich · Im Vergleich zum Rest der Republik erscheint Grevenbroich wie eine „tropische Oase“: Akut erdbebengefährdet. Feucht und sumpfig. Flora und Fauna, wie man sie sonst nur im Amazonas finden kann. Verschiedene Faktoren tragen zu diesen Phänomenen bei.

 Eckard Cwik, Fachlehrer am Erasmus-Gymnasium, sprach mit dem Erft-Kurier über Sümpfe, Erdbeben, Aquarien-Besitzer und den Tagebau Garzweiler.

Eckard Cwik, Fachlehrer am Erasmus-Gymnasium, sprach mit dem Erft-Kurier über Sümpfe, Erdbeben, Aquarien-Besitzer und den Tagebau Garzweiler.

Foto: Fotos: -LeB.; Cwik

Eine Kostprobe der seismologischen Beschaffenheit Grevenbroichs gab es schon 1992. Ein Erdbeben der Stärke 5,9 veranschaulichte den Einwohnern, in welcher außergewöhnlichen Region sie leben: Im Herzen des Rheinlands liegt die Kölner Bucht, in der sich unteranderem auch die Schloss-Stadt Grevenbroich befindet.

 Gelb ist die Erbebenzone 1, rosa Zone 2 und rot Zone 3. Erdbeben sind in der Tat eine echte Gefahr.

Gelb ist die Erbebenzone 1, rosa Zone 2 und rot Zone 3. Erdbeben sind in der Tat eine echte Gefahr.

„Wir leben genau im Zentrum eines Erdbebengebiets. Die seismische Aktivität der Region ist auf die Reibung der afrikanischen an die eurasische Kontinentalplatte zurückzuführen“, erklärt Eckard Cwik, Lehrer am Erasmus-Gymnasium.

Dies geschieht jedoch weit weg, südlich von Italien. Dadurch entstehen aber in Mitteleuropa und insbesondere hier in der Kölner Bucht, Druck und Spannungen.

Gleichzeitig ist Grevenbroich ist eine so genannte „Schwächezone“. Das bedeutet, dass sich die Reibungsenergie dort entlädt und infolge dessen das gesamte Gebiet absinkt. „Die Reibung der Platten kann hier in der Umgebung sogar mit dem bloßen Auge beobachtet werden. Wie viele fälschlicherweise annehmen ist der Vulkanismus in der Eifel nicht tot. In den Maaren steigen Blasen auf und es riecht dort stark nach Schwefel“, erklärt der Erdkundelehrer.

Doch auch hinsichtlich der Beschaffenheit des Bodens stellt die Stadt an der Erft eine Besonderheit dar. Schon der Name

gibt Aufschluss über die Geologie der Region. Die Endung „-broich“ ist charakteristisch für das Rheinland. Sie dient der Bezeichnung eines Sumpfgebiets. Vollständig übersetzt bedeutet Grevenbroich „Bruch-/ oder Sumpflandschaft der Grafen“.

„Die Stadt liegt in einer flachen Landschaft mit hohem Grundwasserstand. Für die Sumpfbildung sind alle hydrologischen Bedingungen gegeben. Der Rhein trägt gewaltige Mengen Wasser. Zusätzlich wächst viel Moos in der Umgebung. Die Ablagerungen des Gewächses in Verbindung mit der Feuchtigkeit begünstigt die Sumpfbildung“, erklärt der 69-jährige Hochneukirchener.

Die Umwelt Grevenbroichs unterliegt in besonderer Weise dem Einfluss des Menschen. Genauer genommen war es RWE mit seinen Kraftwerken und Tagebau. Wer exotische Tiere und tropische Pflanzen sehen, will muss nicht nach Südamerika reisen. Es reicht ein Spaziergang durch den „Bend“.

„Die RWE-Kraftwerke entlassen ihr benutztes Kühlwasser in die Erft. Infolge dessen erreicht der Fluss außergewöhnlich hohe Temperaturen. Es entwickelten sich amazonische Verhältnisse in dem Gewässer“, erklärt Erdkundelehrer Cwik. So kam es in der Vergangenheit zu mehreren kuriosen Funden. Piranhas wurden geangelt, das südamerikanische Wassertausendblatt wurde gefunden und exotische Orchideen wurden entdeckt.

„Die Menschen leeren ihre Warmwasser-Aquarien in die Erft aus. Die oftmals exotische Vegetation und Tiere finden dort überaus ähnliche Bedingungen vor und können kultivieren“, fügt der Lehrer des Erasmus hinzu.

Dies ist zwar ein eklatanter Eingriff in das Ökosystem, aber laut Cwik nicht sonderlich problematisch. Äußerst kritisch beurteilt der Geografielehrer dagegen die Auswirkungen des Tagebau Garzweiler auf die Region.

„Stellen Sie sich Grevenbroich als Schwamm vor. Man legt ein dickes Buch auf einen feuchten Schwamm. Er wird seine Form weitaus eher halten und das Gewicht tragen können als ein trockener Schwamm“, veranschaulicht Cwik.

Und weiter: „Die geologischen Schichten wurden teilweise zerstört und damit auch die Statik der Region. Die Ausgrabungen haben dem Boden großzügig Wasser entzogen, wodurch Löcher entstehen“, erklärt der Lehrer aus Hochneukirch.

-LeB.

(Kurier-Verlag)
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