Wunderwelt der Orchideen Intelligente Blüher in Bend und Rekultivierung

Wussten Sie, dass Grevenbroich einen so nährreichen Boden bietet, dass zahlreiche Orchideen in der Natur wachsen? Das ist etwas ganz Besonderes und muss geschützt werden — da sind sich Norbert Wolf, Umweltschutzbeauftragter der Stadt, und Hans-JosefBolzik, Kreisbeauftragte des Arbeitskreises "Heimische Orchideen" (AHO), einig.

Wunderwelt der Orchideen
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Die beiden Naturfreunde berichteten dem "Bendboten", was das Außergewöhnliche an
Orchideen ist und wie wichtig es ist, sie zu schützen. Als Norbert Wolf Mitte der 70er Jahre die ersten Orchideen in der Schloss-Stadt entdeckte, traute er seinen Augen kaum: "Die
Pflanzen kennen wir halt hauptsächlich als exotisch aussehende Blumen aus dem
Geschäft. Man musste schon ganz genau hinschauen, um sie zu finden. Kleine grünliche
Blüten an grünen Pflanzen entsprachen eben nicht der Vorstellung, die man von Orchideen hat", lacht er. Dabei sind auch die kleinen Pflanzen vom Aufbau genau so komplex wie ihre großen Vertreter. Hans-Josef Bolzik, der seit seinem Ruhestand vor zehn Jahren aktiv im AHO ist, ist die Begeisterung für Orchideen mit jedem Satz anzumerken: "Zunächst
einmal sind die Pflanzen natürlich wunderschön. Aber sie begeistern mich auch mit ihrer Intelligenz!"

Damit spielt Bolzik unter anderem auf den faszinierenden Bestäubungsprozess an:
Die Orchideen sind Meister der Täuschung und locken mit ihrer Farbenpracht und ihren Duftstoffen Insekten an. Der Blütenstaub befindet sich in Klebepaketen in den Pflanzen, die sich an die Insekten heften. Wenn die Tiere merken, dass es kaum Nektar gibt und ihr Glück
bei der nächsten Pflanze versuchen wollen, haben sich die Klebepakete längst an ihnen fest gehaftet und werden so zur nächsten Pflanze transportiert. Die Faszination für die Orchideen entstand schon weit vor dem Engagement im AHO. Als Bolzik vor 40 Jahren mit seiner Frau in Tirol wanderte, kam das Paar an einem riesigen Feld Orchideen vorbei: "Ich war wie erschlagen von der Schönheit! Von da an habe ich mich für die Pflanzen interessiert!"

Mittlerweile haben sich Orchideen-Typen wie der "Breitblättrige Stendelwurz" längst in Vorgärten oder auf Friedhöfen durchgesetzt und gehören zum alltäglichen Anblick. Doch
der Grevenbroicher Boden bietet — besonders auf den rekultivierten Flächen — optimalen Untergrund für die Gattung und so finden sich auf dem Stadtgebiet 13 verschiedene Orchideen-Arten. Zum Vergleich: in ganz Deutschland gibt es nur 60 verschiedene Arten.
Da sind 13 auf kleiner Fläche eine enorm hohe Zahl, zumal man bedenken muss, wie konkurrenzschwach die Pflanzen sind. Norbert Wolf erklärt: "Die Orchideen können sich gegen Büsche und Hölzer schwer durchsetzen. Wenn wir wissen, wo die Orchideen sind,
können wir ihnen helfen, indem wir die Bäume zum Beispiel so schneiden, dass sie den Orchideen Platz lassen. Außerdem benötigen sie stickstoffarmen Boden. Sobald er gedüngt wird, gehen die Pflanzen kaputt."

Grevenbroich hat gerade im Bend genügend Fläche, die sich hervorragend eignet.
Eines der drei größten Orchideenfelder Nordrhein-Westfalens findet sich im Stadtgebiet. Hier wachsen 750 Pflanzen auf einem Feld — zur Blütezeit ein wunderschönes Naturschauspiel!
Wo genau sich die Orchideen-Felder befinden, verraten die Männer nicht detailliert. "Wir geben höchstens mal Hinweise. Es ist einfach so, dass es leider immer noch Menschen gibt, die die Natur nicht schützen, sondern die Blumen pflücken würden", sind sich Wolf und Bolzik einig. Ab Juni geht die Blütezeit so richtig los, dann sollten die Grevenbroicher mit offenen Augen
durch ihre Heimat gehen. Bolzik kartiert zwar alle Bereiche, wo Orchideen vorkommen, gibt aber zu, dass auch etwas Glück dazu gehört: "Ich habe im Bend ein Knabenkraut entdeckt. Norbert Wolf kennt das Gebiet auswendig, ist aber scheinbar immer zur falschen Zeit an dem Ort gewesen. Wir tauschen uns dann rege aus, wenn einer etwas entdeckt."

Die Zusammenarbeit führt so weit, dass auch Vorträge am "Schneckenhaus" von der AHO gehalten werden, um der Öffentlichkeit mehr über die wunderschönen Pflanzen näher zu bringen. Und auch bei Bauvorhaben sorgen sich Wolf und Bolzik darum, dass den seltenen Pflanzen nichts passiert: "Wenn wir rechtzeitig davon erfahren, geben wir durch, ob es sich um
Gebiete handelt, in denen seltene Pflanzen leben. Die Orchideen haben eben einen besonderen Schutzstatus im Naturschutzgesetz." Wer einmal gesehen hat, wie
wunderschön die Pflanzen sind und sich über die komplexen Vorgänge informiert, wird verstehen, was für Wolf und Bolzik die Faszination an den Pflanzen ausmacht. "Dann gehört schon ein bisschen Abenteuerlust dazu und natürlich ist die Liebe zur Natur nicht zu vergessen. Man sollte auch nicht zu empfindlich sein, wenn sich bei der Suche nach den seltenen Pflanzen mal 20 Zecken an der Hose festsetzen", lacht Bolzik.

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