„Wenn ich über Essen rede, bekommen die Leute Hunger“ Chili, Ingwer und Koriander öffnen Herzen

Wevelinghoven · Heute ist die Küche kalt. Es sind noch Winterferien. Volker Koppenhagen, Jahrgang 1977, in Düsseldorf geboren, nach dem Umzug nach Grevenbroich 1980 als „absoluter Wevelinghovener“ aufgewachsen, führt durch die Lehrküche des Berufs-Bildungs-Zentrums an der Bergheimer Straße. Später im Gespräch fällt der spaßige Satz: „Wenn ich über Essen rede, bekommen die Leute Hunger“. Es wird schnell deutlich – Koppenhagen hat als leidenschaftlicher Profi-Koch seine Berufung auch im Unterrichten von jungen Menschen gefunden.

 Koch und Praxislehrer Volker Koppenhagen (links) mit dem Auszubildenden Kevin Esser in der Lehrküche des Berufs-Bildungs-Zentrums Grevenbroich – „Große Freude, jungen Menschen einen Weg zu zeigen.“

Koch und Praxislehrer Volker Koppenhagen (links) mit dem Auszubildenden Kevin Esser in der Lehrküche des Berufs-Bildungs-Zentrums Grevenbroich – „Große Freude, jungen Menschen einen Weg zu zeigen.“

Foto: privat

Der heute verheiratete zweifache Familienvater ist selbst ein Junge, als „ich den frühen Entschluss fasse, Koch zu werden.“ Er ist öfter bei der Mutter in der Küche als beim Vater im Garten oder Hobbykeller. Dreimal im Jahr geht es mit dem Wohnwagen in den Ferien in die Normandie. Frankreich, Muscheln direkt vom Strand, frische Lebensmittel, ein Ursprung der guten europäischen Küche. Impulsverstärker seines großen Wunsches!

Nach der mittleren Reife kommt „Butter bei die Fische“: Statt Abi ab 1993 drei Jahre lang Koch-Ausbildung im damaligen „Swissotel“ in Neuss. „Das war rückblickend genau richtig“, erzählt er. Er lernt von der Pike auf, ist auch im Room-Service oder der Spülküche tätig. In der Küche wird alles frisch zubereitet. Eigene Metzgerei und Patisserie, aber auch große Veranstaltungen wie UNESCO-Gala oder der Bundespresseball im Haus. Eine gestandene Kochmannschaft, von der er sich „viel abgucken kann“. Aber auch viele Stunden kloppen, den harten Tag verfluchen, die Eltern, die den anfangs 16-Jährigen immer wieder motivieren. Es entwickelt sich das Durchhaltevermögen, das Profi-Köche benötigen, „von dem ich immer wieder gezehrt habe.“

Es fängt an, sich zu bewegen. „Im ,Swissotel‘ gibt es keinen Anschlussvertrag. Irgendwann bin ich froh, erlebe später Leute, die dort versauert sind.“ Es folgen Hotel-Restaurants in Hamburg und München. Drei Monate auf einem Kreuzfahrtschiff in der Karibik. Unpraktisch dabei: Koppenhagen wird seekrank. „Das war nur mit Tabletten zu überstehen.“ Danach zurück, Stationen in Düsseldorf, darunter kurz auch in der Gastronomie des Rochus-Clubs, wo regelmäßig der „Tennis World Team Cup“ stattfindet. Die Engagements sind teilweise recht kurz, „aber das ist für einen Koch, der viele Erfahrungen sammeln will, eher ein positiver Aspekt.“

In der Tat – über ein großes Düsseldorfer Catering-Unternehmen, in das er „so reinrutscht“, lernt er zwei Kollegen kennen. Man gründet 2004 ein eigenes Unternehmen, „Mjam-Catering“. Von Beginn an „sehr erfolgreich, klasse vermarktet“. Im Austausch mit den Marketing-Leuten, die ihm diese Fähigkeit zusprechen, fällt der Satz vom „übers Essen reden und den hungrigen Leuten.“ Man wird, so Koppenhagen rückblickend, zu schnell zu groß. Das Geschäft ist ein Auf und Ab, „es gibt keine Kontinuität“. Auch das stärkste Durchhaltevermögen ist irgendwann aufgebraucht. Koppenhagen steigt nach zwölf Jahren aus, er spricht heute „vom Scheitern, dass mich nach vorne gebracht hat.“

Denn unterkriegen lässt es sich nicht. 2016 führt er mit Mitstreitern zwei Jahre lang das Neusser Hafenrestaurant „Bohai“. Ein eigenes Gastro-Unternehmen bindet Zeit, Arbeitskraft und vor allem Emotionen. Stress, die Frage: Warum machst Du das? Es wird zu viel. „Ich habe gelernt: Man kann sich im Kreise drehen, sich verrennen. Viel zu lange an Dingen festhalten, die längst hätten beendet werden müssen.“

Ein neuer Anfang. Koppenhagen, der als junger Mann in der Jugendarbeit der heimischen Kirchengemeinden in Kapellen/ Wevelinghoven tätig ist, den Gruppenleiterschein macht, erhält 2018 vom BBZ einen Lehrauftrag. Hier absolvieren Hotelfachschüler und Köche ihre Berufsschule, Jungen und Mädchen. „Es war so etwas, wie zu den Wurzeln zurückkehren“, erzählt er –und von einer „kleinen Berufung“, die er gefunden habe. Er arbeitet mit jungen Menschen, die schlechte Startbedingungen hatten, „durch Systemgefallen sind“, talentierte, ehrgeizige aber auch komplizierte Charaktere. Am BBZ kann der Hauptschulabschluss nachgeholt und absolviert werden, aber auch die freie Handelsschule bis hin zum Abitur.

Er lehrt kochen, Menükarten erstellen, Tische eindecken, Mengenkalkulation, referiert über Gewinn, Wareneinsatz, Verschnitt und den 40-prozentigen Garverlust von Pilzen. „Es ist eine große Freude, jungen Menschen einen Weg zu zeigen“, sagt Koppenhagen. Es gibt „mitunter schönes Feedback, spontanen Dank und Wertschätzung.“ Er weiß ziemlich schnell, ob er seinen Job gut gemacht hat. Sein Credo: Auf die jungen Leute zugehen, sich nicht über sie beschweren, Veränderungen bewirken aber auch veränderten Ansprüchen begegnen.

„Ohne danach gesucht zu haben“ heuert er über einen alten Kontakt Mitte 2021 parallel als Küchenchef in der Düsseldorfer Seifenfabrik „Dr. Thompson’s“ an. Wieder Catering- und Veranstaltungsgastronomie. Konzepte erstellen und umsetzen, die kulinarisch durch Events führen. Er ist sehr zufrieden in der Landeshauptstadt. Und kehrt umso lieber nach Wevelinghoven zurück. Er, der sich zwar auch in München oder Hamburg „heimisch fühlen“ kann, hat aber hier „mein Leben“, wie er sagt. Familie, Stadtpark, Erft-Auen. „ich falle mit den Hunden direkt in den Wald, ein bisschen heile Welt, Angekommensein!“

Gastronomisch sieht er noch mehr Potenzial. Aber für Qualität müsste man bereit sein, etwas einzusetzen. Er spricht etwa von mehr Flächen für Veranstaltungsgastronomie. Gleichwohl schätzt er die einfache Küche im Dorf, „unser Grieche und der Lieblingsitaliener machen einen guten Job.“

Volker Koppenhagen steht durchaus auch am heimischen Herd, vor allem bei der asiatischen Küche, dann, wenn Ingwer, Chili, Koriander oder Limette ins Spiel kommen, geht ihm das Herz auf. „Doch wenn ich abends von der Arbeit komme, hat meistens schon meine Frau gekocht.“ Sie mache das super, sagt der Profi-Koch, sinniert kurz und lächelt: „Das liegt auch daran, dass sie nicht groß nachdenkt…“

(Stefan Pucks)
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