Jägers „Weihnachtspause“ nur ein wenig hilfreicher Trick

Grevenbroich · Wollte man das Ergebnis der städtischen Pressekonferenz zur Unterbringung der Flüchtlinge am vergangenen Mittwoch pointiert zusammenfassen, bliebe wahrscheinlich nur die Frage, ob zuerst alle denkbaren öffentlichen Flächen in der Stadt mit Containern und Zelten belegt sind.

Oder ob die Stadt zuerst vollkommen pleite ist.

Noch in diesem Jahr werden zusätzliche Standorte zur Flüchtlingsunterbringung in Betrieb genommen: Neben Mietobjekten an der Linden- und an der Richard-Wagner-Straße ist das vor allem die Neurather Turnhalle. Am 4. Januar folgt dann der „Sparmarkt“ in Gustorf. Im Januar kommen Zelte ans „Hagelkreuz“ (160), im Februar ein Zusatz-Container zum „Hansend“ (14). Im März ziehen Asylbewerber in das Nebengebäude der Allrather Grundschule (30). Danach sollen Container an der Gillbach-Straße (100) und an der Konrad-Thomas-Straße (160, hinter dem „Elsener Haus“) bezogen werden.

Damit sind dann rund 500 zusätzliche Flüchtlinge versorgt, kommen könnten 2016 aber bis zu 2.000. Weitere Standorte will Bürgermeister Klaus Krützen im Norden der Stadt suchen. Hier habe die Stadt aber keine eigenen Grundstücke und um die Miet- oder Kaufpreise nicht zu verderben, wolle er noch keine konkreten Orte nennen.

Krützen sieht die „örtliche Belastung“ zwar, muss aber Unterkünfte schaffen. Jetzt ein Ende der Provisorien zu nennen, sei in seinen Augen „unseriös“. Die Zusage, die „Alte Feuerwache“ mit dem Umzug ins „Alte Finanzamt“ freizumachen, war schon am Montag kassiert worden. Dort sollen demnächst „unbegleitete Flüchtlinge“, Kinder und Jugendliche, betreut werden.

Am Mittwoch kassierte Krützen auch die Zusage, den „Langer Weg“ nach genau zwei Jahren wieder aufzugeben. „Wir sind überrollt worden von einer Entwicklung, die so nicht absehbar war“, stellte sich Krützen vor die damaligen Entscheidungsträger. Heute sei einfach alles anders. Wenn Einrichtungen aufgegeben würden, dann seien für ihn Turnhallen „absolut prioritär“.

Was die Kostenseite angeht, gibt es inzwischen die feste Zusage, dass die Stadt pro Flüchtling und Jahr 10.000 Euro erstattet bekommt. Im neuen Haushalt stehen aber schon zehn Millionen Darlehen fest, die für Unterkünfte ausgegeben werden können.

Dieses Darleben ist zwar zinslos, Tilgung und Abschreibung bleiben aber trotzdem an der Stadt hängen. Kämmererin Monika Stirken-Hohmann nannte weitere Zahlen: Die 10.000 Euro decken nicht die anfallenden Kosten; es sei eher ein 60-Prozent-Zuschuss. In der Vergangenheit habe die Stadt pro Jahr eine Millionen Euro Defizit für Flüchtlingsunterbringung auffüllen müssen. In diesem Jahr liegt dieser Betrag nach derzeitigem Stand bei 2,3 bis 2,5 Millionen Euro.

„... und im kommenden Jahr sollen bis zu viermal so viele Flüchtlinge kommen“, trug einer aus der Runde bitter bei. Hinzu kommt die Tatsache, dass in vielen Amtsstuben nur noch an dieser Thematik gearbeitet wird, andere Aufgaben erst einmal auf Seite geschoben werden müssen.

„Es kann nicht sein, dass wir auf den Kosten der Unterbringung sitzen bleiben“, waren Bürgermeister Krützen und Erster Beigeordneter Michael Heesch einig.

Beide nahmen Bund und Land in die Pflicht, die Städte und Gemeinden nicht im Stich zu lassen.

Deren Reputation scheint eh angekratzt: Die von Landes-Innenminister Jäger versprochene „Zuteilungspause über Weihnachten“ sei auch nur ein Trick, war von Krützen, Heesch und Ropertz zu hören: Derzeit kämen besonders viele Flüchtlinge und die Pause werde den anschließenden Druck nur erhöhen:

„Am 4. Januar macht es dann zisch – und schon sind alle Betten voll“, brachte es Sozial-Dezernent Ropertz sarkastisch auf den Punkt.

(Kurier-Verlag)
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