Flüchtlinge, Container und Millionen: „Uns wird keiner helfen“

Grevenbroich · In einem stockdunklen Raum eine schwarze Katze fangen, ist nicht einfach. Irgendwann muss man losstürmen und ins Dunkle greifen. In genau dieser Lage befindet Sozial-Dezernent Claus Ropertz. Und der Rat soll in seiner Sitzung am kommenden Donnerstag sagen: „Schnapp sie dir.“

 Ende November können hier Flüchtlinge einziehen. Die Stadt hat inzwischen schon die Schlüssel.

Ende November können hier Flüchtlinge einziehen. Die Stadt hat inzwischen schon die Schlüssel.

Bundes-Innenminister Thomas de Maizière hat Mitte der Woche die Zahl der zu erwartenden Flüchtlinge deutlich nach oben korrigiert und zugleich die Republik eingeschworen, sich dieser humanitären Herausforderung zu stellen.

 Claus Ropertz: Schier unlösliche Aufgaben.

Claus Ropertz: Schier unlösliche Aufgaben.

Für Grevenbroich hat Ropertz nachgerechnet: 468 Asylbewerber leben in den Unterkünften der Stadt. 150 weitere im Grevenbroicher „Auffanglager“ in der „Alten Feuerwache“. Bis Ende des Jahres dürften weitere 150 Flüchtlinge nach Grevenbroich; für 2016 erwartet Ropertz rund 600 Asyl-Bewerber, die unterzubringen sind, wobei er zugibt, dass diese Zahlen „geschmeichelt“ sind angesichts der rasanten Steigerungen.

„Uns wird keiner helfen“, stellt Ropertz gequält fest: Die Stadt ist in der Pflicht für Unterbringung und Versorgung gerade zu stehen; ob es überhaupt und dann in welcher Höhe Kostenerstattungen geben wird, steht in den Sternen.

Thema Erstaufnahmelager.

In einem Gespräch mit Landes-Innenminister Jäger konnte Bewegung in die Sache mit dem alten Finanzamt gebracht werden. „Die Schlüssel wurden inzwischen übergeben“, verrät Ropertz. Die Stadt hat die Möglichkeit, dort die 150 (jeweils noch zu erfassenden) Flüchtlinge unterzubringen. „Ich halte es für wichtig, so den Familien etwas mehr Privatsphäre zu geben“, so Bürgermeisterin Ursula Kwasny.

Doch vor Ende November wird der Umzug dort hinein wohl nicht erfolgen: Ein (kostenfreier) Mietvertrag mit dem Land muss geschlossen werden. Duschen und eine Brandmelde-Anlage müssen eingebaut werden. Das Leitungswasser muss beprobt werden. Ropertz verriet, dass die Stadt dort bis zu 400.000 Euro investieren muss, wobei nicht klar ist, ob und wie viel davon das Land übernehmen wird.

Thema Flüchtlinge.

Neben diesen 150 Erstaufnahme-Flüchtlingen kommen aber auch noch solche in die Stadt, die für einen längeren Zeitraum untergebracht werden müssen. Rund 150 Plätze müssen hier – so Ropertz – bis Ende des Jahres geschaffen werden.

Das gehe nur per Container. Einer (30 Personen) soll an der Merkatorstraße aufgestellt werden (auf dem Grundstücksteil, das nicht für den geplanten Asylbewerberheim-Neubau vorgesehen ist). 16 Personen sollen in einen kleinen Container an der Hausendstraße untergebracht. Und für den Bereich „Hagelkreuz“ / Gillbachstraße (hinter dem GWG) sind Container für 100 Flüchtlinge vorgesehen.

Die Kosten für diese letzten Container liegen bei zwei Millionen Euro. Und damit lässt sich leicht errechnen, dass die Stadt bei 600 weiteren Flüchtlingen im kommenden Jahr zwölf Millionen für Container ausgeben muss. Wie gesagt: Ob es finanziellen Ausgleich vom Bund gibt, steht noch in den Sternen.

Das Fazit ist klar: „Die Luft wird dünner für alle anderen Projekte der Stadt“, macht Ropertz deutlich. Und Kwasny stellt nach ihren Gesprächen mit anderen Bürgermeistern des Landes klar: „Wenn die Kette der Flüchtlinge so weitergeht, dann werden sich die Bürgermeister im Land irgendwann auflehnen.“ Der Bund habe doch die „schwarze Null“ und müsse den Kommunen unter die Arme greifen.

Ein Ausweg?

Im Rathaus wird überlegt, ob man dem Dormagener Beispiel folgen soll. Dort hat man dem Land nämlich eine Fläche angeboten, auf der ein Erstaufnahmelager für mindestens 800 Flüchtlinge errichtet werden kann.

Das hat für Dormagen zwei Vorteile: Das Land muss sehr direkt für die Kosten aufkommen. Und die Zahl der Erstaufnahme-Flüchtlinge wird bei der Verteilung der „Residenz-Flüchtlinge“ einberechnet, abgezogen.

Nur hat die Stadt Grevenbroich kein geeignetes Gelände. Sie wäre auf derzeit noch landwirtschaftliche oder industrielle Flächen angewiesen. Zum Beispiel auf den Bereich der leer stehenden Baracken auf dem RWE-Gelände in Frimmersdorf.

Ob man da aber zu Verhandlungen kommt? Ropertz zuckt mit den Schultern. Er weiß, dass kaum mit einem Lichtstrahl zu rechnen sein wird, der die Katzen-Jagd einfacher macht.

(Kurier-Verlag)
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