Jüchen legt beim Geschäftsklima-Index deutlich zu Wie geht es dem Mittelstand? „Die Region steht vor Herausforderungen“

Jüchen · Zum 17. Mal haben Sparkasse Neuss, Creditreform Düsseldorf / Neuss, Rhein-Kreis und Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein rund 500 Unternehmer in den Kreis-Kommunen gefragt: Wie steht es um unseren Mittelstand? Eines vorweg: Die Lage ist besser, als im Bundesdurchschnitt. Aber rosig ist sie nicht. Dafür legt die Stadt Jüchen ganz gewaltig zu.

Dominik Penners (Sparkasse Neuss), Landrat Hans-Jürgen Petrauschke, IHK-Chef Jürgen Steinmetz und André Becker (Creditreform Düsseldorf / Neuss) ordnen die Ergebnisse des Mittelstandsbarometers ein.

Foto: Kurier Verlag GmbH/Hanna Glinski

Erneut wurden hiesige Unternehmen über ihre derzeitige Geschäftssituation und die Aussichten für die nächsten Monate, zum Investitions- und Zahlungsverhalten und der Bedeutung des Strukturwandels für die regionalen Betriebe befragt. Das Ergebnis: Das wirtschaftliche Klima im Kreis ist nach wie vor im (leichten) Abwärtstrend, die Stimmung ist verhalten. Die einzigen Kommunen, in denen sich die Lage aus Unternehmersicht im Vorjahresvergleich verbessern konnte, sind Dormagen (132 Punkte, +3), Rommerskirchen (144 Punkte, +8) und, damit Spitzenreiter, Jüchen (146, +32).

Obwohl der Rhein-Kreis mit einem Geschäftsklima-Index von 132 (Vorjahr: 136) nach wie vor in der „optimistischen“ Hälfte der Skala – und deutlich über dem Bundesdurchschnitt – liegt, ist Landrat Hans-Jürgen Petrauschke „nicht ganz glücklich. Dass unsere großen Städte Grevenbroich (138 Punkte, -5, Anm. d. Red.) und Neuss (130, -7 Punkte, Anm. d. Red.) rückläufig sind, ist natürlich beunruhigend. Aber wir versuchen, nach vorn zu schauen“, meint der Landrat. So seien die Ankündigung, dass Microsoft für Hyperscale-Rechenzentren in die Region investieren will, und auch die Vorhaben von Haribo, Speira und Currenta Lichtblicke, die aktuell für nicht wenige Anfragen an den Kreis nach Gewerbeflächen sorgen würden.

Aber: „Daran fehlt es. Wir brauchen mehr Flächen in allen Kommunen“, so Petrauschke. Die Arbeitslosenquote von 6,2 Prozent zeige: Arbeitskräfte sind vorhanden, Potenzial für Wachstum ist da – wenn diese Kräfte wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Auch die Wirtschaftsförderungen der Kommunen hätten noch Potenzial. „Das sind alles Themen, an denen wir arbeiten können“, meint er vorsichtig optimistisch. Gibt aber zu bedenken: „Berlin und Brüssel müssen den Bürokratieabbau konsequent vorantreiben und sicherstellen, dass Strom und Energie sicher, jederzeit verfügbar und bezahlbar bleiben.“

Die immer noch positive Konjunkturlage im Kreis basiert wesentlich auf einer weiterhin sehr positiven Bewertung der Auftragssituation. „Getragen wird der Index vor allem von nach wie vor sehr guten Bewertungen sowohl der jetzigen Auftragslage als auch der zu erwartenden Auftragsentwicklung“, weiß André Becker, Geschäftsleitung der Creditreform Düsseldorf / Neuss. Umso wichtiger sei es, dass abgearbeitete Aufträge bezahlt werden. Die Erwartungen für die kommenden Monate seien aber deutlich schlechter, als die gegenwärtige Lage, betont Becker: Die Unternehmen befürchten für das nächste halbe Jahr einen deutlichen Rückgang an Aufträgen und Umsätzen.

IHK-Chef Jürgen Steinmetz weiß: „Unsere Region steht vor großen Herausforderungen. Da sind natürlich zum Einen die geopolitische Situation, gestiegene Zinsen, die Frage der sicheren Energieversorgung – und diese Liste ließe sich noch lange fortführen. Was aber noch hinzukommt, ist der Strukturwandel. Was passiert nach dem Braunkohleausstieg? Das Mittelstandsbarometer zeigt, dass der Anteil der Unternehmen, die im Strukturwandel ausschließlich eine Chance und wenig Risiko sehen, abnimmt. Wir brauchen mehr Tempo und Verlässlichkeit in diesem Prozess. Das betrifft zum einen eine Beschleunigung von Plan- und Genehmigungsverfahren, zum anderen die Energieversorgung.

Nach unseren Berechnungen bräuchten wir bei einem Kohleausstieg 2030 einen bundesweiten Zubau von 25 Gigawatt gesicherter Leistung, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Wenn die Bundesregierung bei ihrer Kraftwerksstrategie nicht nachlegt, ist das anvisierte Ausstiegsdatum nicht mehr haltbar.“ Die Bereitschaft zu investieren ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen (59 Prozent, +7 Punkte) und liegt damit – nach zuletzt 2019 – erstmals wieder über dem Bundeswert.

Wie geht es ihm also, dem Mittelstand im Rhein-Kreis? Das Fazit des Mittelstandsbarometers zeigt: verhältnismäßig ganz gut. Der Kreis zeigt sich als starker Wirtschaftsstandort, der mit zunehmend schwierigen Rahmenbedingungen zu kämpfen hat. Bürokratie, hohe Energiekosten, Fachkräftemangel und das in Deutschland erneut gesunkene Bruttoinlandsprodukt. Vieles bleibt abzuwarten, aber es gibt auch einiges zu tun.