Die Neurather haben (noch) Glück gehabt: Lauter Familien

Neurath · Die gesamte Bandbreite von "Volkes Stimme" war bei der Bürgerversammlung im Zusammenhang mit der Nutzung der ehemaligen Viktoria-Schule als Asylbewerber-Unterkunft zu hören: Von neuen und alten Rechten, die zum Teil mit den bekannt-plumpen Beschimpfungen, zum Teil aber auch mit eloquenter Rede gegen den "Missbrauch des Flüchtlingsrechts" auftraten, bis hin zu gesetzten Damen aus der katholischen und evangelischen Kirche, die sich für eine offene und sorgende Aufnahme der Asylanten aussprachen, reichte der Bogen.

 Auf dem Podium saßen neben Bürgermeisterin Ursula Kwasny und Dezernent Claus Ropertz auch die Vertreter der Ratsfraktionen. Nur die UWG fehlte.

Auf dem Podium saßen neben Bürgermeisterin Ursula Kwasny und Dezernent Claus Ropertz auch die Vertreter der Ratsfraktionen. Nur die UWG fehlte.

Dazwischen die Stadt, deren Vertreter keine "helle Begeisterung" zeigten. Sozialdezernent Claus Ropertz: "Wir stehen am Ende der Nahrungskette. Wir bekommen die Flüchtlinge zugeteilt und müssen sie unterbringen."

Zwei Antworten blieb er den Bürgern allerdings schuldig: Warum die Information der Anwohner erst jetzt erfolgte, nachdem schon längst Fakten geschaffen worden seien. Und welche genaue Belegung geplant sei.

Bei der letzteren Frage konnte eine der katholischen Frauen aushelfen: Sie sei vor Ort gewesen; dort seien derzeit acht Familien mit 15 Kleinst-, acht Kindern und zwei Jugendlichen untergebracht. Viele hätten einen albanischen Hintergrund; einige würden deutsch sprechen. "Die sind alle sehr bescheiden, sehr freundlich. Und die helfen sich alle gegenseitig", so Hahn-Schumacher, die auch schon Baby-Kleidung und mehr dorthin gebracht habe. "Die Leute da sind so dankbar; die machen Bücklinge."

Ihr Fazit: "Wir brauchen alle keine Angst zu haben." Genau Gegenteiliges wurde allerdings von vielen Bürgern in Bezug auf die Asyl-Unterkunft an der Martin-Luther-Straße ebenfalls in Neurath berichtet. Dort würden sich Senioren oder Mütter mit Kindern nicht mehr vorbeitrauen, hieß es.

Außerdem wurde von Vermüllung des Geländes und unerlaubter Schrott-Sammlung und -Auswertung (einschließlich dem unsachgemäßen Ausschlachten von alten Kühlschränken, so dass giftige Kühlflüssigkeit ins Erdreich fließt) berichtet. Ropertz stellte fest, dass die Problematik der Stadt bekannt sei.

Die weiß sich derzeit aber nur dadurch zu helfen, dass sie einfach in kürzeren Zeitabständen die Container kommen lässt, um die "Abfallberge" zu entsorgen. Verständnisloser Kommentar eines Bürgers: "Wenn ich das in meinem Garten machen würde, hätte ich sofort Ordnungsamt und Polizei vor der Türe stehen."

Übrigens scheint es so, dass mit der aktuellen Erstbelegung der Viktoria-Schule ausschließlich mit Flüchtlings-Familien so etwas wie eine "bevorzugte Behandlung" für Neurath erfolgt ist.

Amtsleiterin Heike Steinhäuser erläuterte nämlich, dass der Flüchtlingsstrom überwiegend aus allein ankommenden Männern bestehe. Und deren Unterbringung in einer 50er-Einheit wäre doch deutlich problematischer.

Mit den acht Familien ist die Sache ohne Zweifel einfacher: Die Vertreterinnen der Kirchen suchen Winterkleidung und Kinderwagen für sie. Die Stadt macht sich Gedanken um die "Kanalisierung der Hilfsbereitschaft". Außerdem soll spätestens ab April ein "Koordinator" kommen, der als Schnittstelle zwischen Bürgern und Asylbewerbern dienen soll.

Die Mehrheit der anwesenden Neurather zeigte sich — wenn auch nicht sorglos, dann doch — zufrieden. Vielen sprach aber der Bürger aus dem Herzen, der quasi das Schlusswort hatte: "Die Stadt hat sich aber auch um uns, um unser Wohlbefinden zu kümmern. Immerhin zahlen wir die Steuern."

Gerhard Müller

(Kurier-Verlag)
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