Rainer Thiel zu Angela Merkel, Integration und Burkas: „Wir haben hier unsere Gesetze. Und die gelten natürlich für alle.“

Grevenbroich · In der bundesdeutschen Flüchtlingsdebatte läuft einiges schief. Davon ist Rainer Thiel, heimischer Landtags-Abgeordneter der SPD, überzeugt. In einem ausführlichen Gespräch mit der Redaktion des Erft-Kurier versuchte er einiges gerade zu rücken.

Von „Der Staat funktioniert“ bis „Toleranz heißt ja nicht, jeder kann machen, was er will“ reicht der Bogen seiner Feststellungen.

„Unser Staat ist handlungsfähig“, hält der SPD-Mann allen Kritikern der bundesdeutschen Flüchtlingspolitik entgegen. Und Thiel lobt dabei auch ganz ausdrücklich Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Seine Einordnung in Kurzfassung: „Die Situation hat keiner vorher gesehen.“ Dadurch hätten sich „chaotische Zuständen“ ergeben, die Politik aber habe die „Zeit genutzt“, zum Beispiel das „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ neu aufgestellt. Ursache seien „internationale Veränderungen“, bei der Lösung „auf Europa sehen“ unumgänglich. „Merkel macht da die richtige Politik“, lobt der SPD-Mann die CDU-Kanzlerin.

Auch das Land Nordrhein-Westfalen habe nachgesteuert; die Flüchtlinge mit Bleiberecht-Aussichten kämen nunmehr in die Gemeinden, die da ohne blieben in den Aufnahmelagern des Landes. „Auch die Kommunen haben große Anstrengungen gemacht. Und die Zivilgesellschaft ist bereit, sich zu engagieren.“ Alles zusammen beweise, dass die Bundesrepublik handlungsfähig sei. „Das muss man auch mal im weltweiten Maßstab sehen“, so der Landes-Politiker.

Den Einwand, dass schon vor Jahren vor Flüchtlingswellen nach Europa gewarnt worden sei, kontert er: „Ja, es hat warnende Hinweise gegeben. Zugestanden. Aber keiner hat 2015 vorausgesagt. Trotzdem hat es die deutsche Gesellschaft geschafft.“

Jetzt müsse aber auch der nächste Schritt gemacht werden und das bekannte Merkel-Wort formuliert Thiel um: „Ich würde gerne mit den Bürgern darüber reden, wie wir das schaffen.“ Ihm geht es um eine Integration der vielen Asylsuchenden.

„Nordrhein-Westfalen kann Integration. Nordrhein-Westfalen ist ein Land der Integration. Und am besten können es die Rheinländer“, wird Rainer Thiel fast schon ein wenig pathetisch.

Das Land habe da auch schon einiges auf den Weg gebracht: Die Gesundheitskarte für Flüchtlinge. Erhöhung der Grundfinanzierung der Kindertagesstätten. 6.000 zusätzliche Lehrerstellen. 17.500 zusätzliche Plätze in den OGATAs. Kommunale Integrationszentren. Schnellere Einstiegsmöglichkeiten in die Welt der Arbeit.

Wichtigstes Thema aber sei jetzt ein Wohnungsbau-Offensive. Und Thiel nennt Zahlen: Ging man vor ein paar Jahren noch von sinkenden Einwohnerzahlen aus, so sagen die Hochrechnungen jetzt was anderes: Köln soll bis 2030 um 18 Prozent wachsen, Düsseldorf um zehn Prozent. Im Rhein-Kreis sollen in diesem Zeitraum 30.000 Bürger hinzukommen. Thiel: „Auch in Grevenbroich geht man nicht mehr vom Schrumpfen aus.“

Dabei profitiert unsere Region zu zwei Dritteln aus (innerdeutscher) Zuwanderung und zum einen Drittel von den Flüchtlingen. Folglich müssten sich die Städte und Gemeinden um eine „bedarfsgerechte Zuweisung von Bauflächen“ bemühen; mit guter Anbindung an die Landeshauptstadt könne man auch an dem Programm „In und um Düsseldorf“ profitieren.

Von einer Wohnungsbau-Offensive würden natürlich auch die heimischen Wohnungssuchenden profitieren. Und auch was die Unterbringung auf dem Arbeitsmarkt angeht, ist Thiel optimistisch: „Wir haben doch eine gute Wirtschaftsstruktur, eine nennenswerte Industrie in einmaliger Konzentration.“ Die müsse gepflegt und ausgebaut werden. In modernen Logistik-Unternehmen zum Beispiel, in denen ja mehr geleistet würde als der reine Transport von A nach B, könnten auch jene einen Job fürs Leben finden, die schulisch nicht gut mitgekommen sind.

Und auch vor der Frage, wie man „Integration“ zu verstehen habe, hat Rainer Thiel keine Angst: „Wir haben hier Gesetze und die gelten für alle. Natürlich darf es keine falsch verstandene Toleranz geben“. So habe er zum Beispiel Verständnis dafür, dass in „sicherheitsrelevanten Bereichen“ keine Burkas gestattet werden. „Ich fand es richtig, dass die Sparkasse höflich gesagt hat: Das geht nicht“, so der Landtags-Abgeordnete wörtlich. Gleiches gelte auch für Schulen, Kindergärten, Behörden.

„Toleranz heißt ja nicht, jeder kann machen, was er will“, bezieht Rainer Thiel klar Position.

(Kurier-Verlag)
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