Flucht aus dem Bombenschutzkeller: Etwas Normalität auf dem Sportplatz

Hemmerden · Einmal trainieren wie die Profis – das durften 41 Kinder im Fußballcamp beim SV Hemmerden, das von Trainern des 1. FC Köln ausgerichtet wurde, erleben. Mit dabei auch der zwölfjährige Evgeny, der mit seiner Mutter und seinem fünfjährigen Bruder aus der Ukraine flüchtete und mit offenen Armen von den Kickern an der Buscherstraße begrüßt wurde. Das zeigt: Sport verbindet!

 Das Fußballcamp mit den Trainern vom 1. FC Köln war ein echtes Highlight.

Das Fußballcamp mit den Trainern vom 1. FC Köln war ein echtes Highlight.

Foto: Kurier Verlag GmbH/Daniela Furth

Den ganzen Vormittag wird trainiert, eine Stunde Mittagspause mit gesundem Essen und dann wird den Nachmittag über Fußball gespielt. Was nach einem straffen Programm klingt, ist ein ein echtes Highlight für die kleinen Kicker im Alter von sechs bis zwölf Jahren, weiß Maik Wingerath, Co-Trainer der D-Junioren und Hauptorganisator des Camps.

Auch Evgeny ist mittendrin statt nur dabei und wurde direkt in die Gemeinschaft aufgenommen. Glücklicherweise bekam er noch recht kurzfristig einen Platz, freut sich Andreas van Reimersdahl, Leiter der Jugendabteilung beim SV Hemmerden, über die Flexibilität der Kölner Trainer.

Zwar spricht Evgeny kein Deutsch, doch mit Händen und Füßen klappe die Kommunikation zwischen den Kindern doch ganz gut, wie der engagierte Vater erklärt, der den Jungen mit dem SV Hemmerden in Kontakt gebracht hat.

Bei seiner Schwägerin in Wevelinghoven leben Evgeny, sein kleiner Bruder und seine Mutter seit Kurzem. Die Familie stammt aus Charkiw, wo sie mehrere Wochen in einem Bombenschutzkeller verbrachte, bevor sie flüchten konnte. Zunächst kam sie in einem Kölner Auffangzentrum unter.

Vater und Opa musste die Familie in der Ukraine zurücklassen. Eine schwierige Situation für alle, doch die Gastfamilie und ihre Angehörigen versuchen, sie in allem zu unterstützen – zum Beispiel bei Behördengängen – und ihnen hier ein wenig Normalität zu geben.

Mit dem Besuch des Fußballcamps ist das für Evgeny sicher gelungen. Er wurde mit Trikot und Co. (mit Vereinslogo des SV Hemmerden) ausgestattet und gehörte direkt dazu. Auch nach dem Fußballcamp könnte er weiter beim SV Hemmerden trainieren. „Wenn Evgeny möchte, dann kann er gerne bei der D-Jugend mitmachen. Das ist gar keine Frage“, betont Wingerath. Um seine Ausstattung würde sich dann auch der SV Hemmerden kümmern, ergänzt Vorsitzender Karl Birbaum.

Und während Evgeny schon ersten Anschluss findet, hier demnächst in eine sechste Klasse gehen soll, hoffen alle, dass sein kleiner Bruder bald einen KiTa-Platz bekommt. Dem Schwager der Gastfamilie ist bewusst, dass auch Familien hier vor Ort auf KiTa-Plätze warten, aber eine Lösung für die Flüchtlingskinder müsse schnell und unbürokratisch gefunden werden: „Denn wir wissen nicht, ob sie drei Wochen, Monate oder Jahre hier bleiben.“

Für die Mutter der beiden Jungs, die promovierte Architektin auf dem Weg zur Professur ist, sei das wichtig, denn nur so könne sie schnell einen Deutschkurs machen. Einen Aufenthaltstitel habe sie schon, jetzt müsse weiter an der Integration gearbeitet werden.

(Daniele Furth)
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