Abwasser, Energie, Flüchtlinge: Die Ohnmacht des Bürgermeisters
Grevenbroich · „Die Kommunen muss man am Laufen halten. Sie sind das Fundament der Demokratie“. Und: „Wenn wir unsere Werte irgendwo einschränken, wird das Ende der Fahnenstange schnell erreicht sein.“ – Selten hat man Bürgermeister Klaus Krützen so inbrünstig, ja pathetisch argumentieren hören, wie jetzt angesichts Putins schlimmen Krieges in der Ukraine, dessen Folgen in den Fluren des Rathauses längst zu spüren sind...
Doch der Reihe nach: Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte entschieden, dass die Abwassergebühren im Land Nordrhein-Westfalen über Jahre auf einer falschen Grundlage berechnet wurden.
Das muss nun geändert werden. Mit der Folge, dass im Haushalt der Stadt ein Loch von bis zu zwei Millionen Euro im Jahr klafft.
Natürlich profitieren zunächst einmal die Häuslebesitzer und die Mieter, die weniger zahlen müssen. Für Klaus Krützen aber ein klarer Pyrrhus-Sieg, „denn die Stadt muss an anderer Stelle zum Ausgleich die Gebühren erhöhen. Die Ausgaben laufen ja weiter.“
Und bitter schiebt der Bürgermeister nach: „Da waren wir stolz, dass wir drei Millionen intern einsparen konnten. Aber irgendwann ist die Zitrone ausgepresst.“ Denn abgesehen von den Abwasser-Millionen drücken auch die explorierenden Energie-Preise und die Ukraine-Flüchtlinge („... ein klares Minusgeschäft für uns!“) aufs Gemüt.
Im letzteren Punkt finde, nach Krützens „Bauchgefühl“, nur eine Erstattung von 1:8 statt. Mit anderen Worten: Der Löwenanteil bleibt bei den Kommunen hängen. „Wir hatten 2015 ein relativ ähnliches Verhältnis“, macht Krützen deutlich. Und: „Egal, wer Bürgermeister ist, das trifft CDU-geführte wie SPD-geführte Kommunen gleichermaßen.“
Rechnet man Energie-Kosten und allgemeine Inflation noch ein, so wird schnell klar, wohin der Hase läuft: Da zeichnen sich Steuer- und Gebührenerhöhungen für die Zukunft ab. Aber wäre es nicht eigentlich die Aufgabe der Stadt, gerade jetzt die schon arg gebeutelten Bürger zu entlasten. „Da sehe ich wenig Möglichkeiten“, kontert Krützen kurz.
„Bei allen Kürzungen im Stadthaushalt haben wir unsere Aufgabe noch geschultert. Die Frage ist, wie lange noch...“, droht er stattdessen. Wenn jetzt noch die Gewerbesteuer zu wackeln beginne...
Er sieht Bund und Land in der Pflicht, die Kommunen am Laufen zu halten. Obwohl er – mit Blick auf die Ukraine – konstatiert: „Wir leben immer noch im Land der Gelobten.“ Vielleicht müsse sich der Bundesbürger einfach an den Gedanken gewöhnen, dass es jetzt heiße, für ein paar Jahre den Gürtel enger zu schnallen. „Zwei-, dreimal im Jahr Urlaub muss ja nicht unbedingt sein. Und drei, vier Autos braucht man als Familie ja eigentlich auch nicht...“, gibt der Rathaus-Chef zu bedenken.