Jüchens Kirchengemeinden planen den Heiligen Abend Statt Weihnachtsmette in der Kirche bunte Lichtfeiern an allen Ecken!

Wie geht Weihnachten eigentlich in Zeiten der aktuellen Corona-Krise? Mit dieser Frage haben sich die evangelischen und katholischen Kirchengemeinden in den vergangenen Wochen intensiv beschäftigt. „Schon im Sommer wurde immer klarer: So, wie bisher, werden wir das Weihnachtsfest nicht feiern können“, erläutert der katholische Pfarrer Ulrich Clancett.

Jüchen. Und Clancett malt gleich ein düsteres Beispiel-Bild: „In der größten Jüchener Kirche haben wir gut 60 Plätze, die derzeit nutzbar sind. Geheizt wird nur bis 12° Celsius, gesungen werden darf aufgrund der hohen Aerosol-Belastung nicht, einen Chor gibt es auch nicht. Und in den kleineren Kirchen mit 17 bis maximal 34 Plätzen sieht es noch schlechter aus. Traurige Weihnachten allerseits!“

Sein evangelischer Kollege Horst Porkolab pflichtet bei: „Unsere Gottesdiensträume sind noch kleiner bemessen. Sollen wir die wenigen Plätze verlosen?“

Eine einfache Vervielfältigung der Gottesdienste geht schon deshalb nicht, weil die Gottesdiensträume nach jedem maximal 60-minütigen Gebrauch intensiv zu lüften sind, was im Zweifel bis zu einer Stunde dauern kann.

Gerade am Heiligen Abend ließe sich das überhaupt nicht durchführen. Die Verantwortlichen haben das Ganze einmal hochgerechnet: Allein in der Jüchener Jakobuskirche müsste man der Platzanzahl wegen die Gottesdienste (Krippenfeier und Christmette) vervierfachen – das wären acht Gottesdienste.

„Das hieße dann von 9 bis 23 Uhr am Heiligabend liefe in der Jakobuskirche ein Gottesdienst nach dem anderen – mit entsprechenden Pausen zum Lüften und Vorbereiten des jeweils nächsten Gottesdienstes. Die muss ja auch irgendwer halten, das muss ja auch irgendwer vor- und nachbereiten… Vollkommen illusorisch“, stellt Ulrich Clancett fest. „Und damit wäre nur eine einzige unserer vier Pfarreien versorgt.“

Die gemeinsamen Überlegungen der Kirchengemeinden führten dann schnell an die „frische Luft“. Doch auch hier war schnell klar: Mit vertretbarem Aufwand ist etwa ein ökumenischer Gottesdienst auf dem Jüchener Marktplatz nicht zu realisieren: „Hygiene- und Schutzvorschriften, die erforderliche Technik und dann die Unwägbarkeit des Wetters – das alles macht so ein Unternehmen für gut 45 Minuten Gottesdienst einfach nicht durchführbar“, resümiert Pfarrer Horst Porkolab.

Der Schlüssel zur Lösung des Problems: Nachbarschaften, Vereine, Gruppierungen. „Wenn wir viele motiviert bekommen zu Straßenecken-, Bushaltestellen-, Wege-, Wendehammer-, Garten-Gottesdiensten, die in Eigenverantwortung stattfinden, dann kann das etwas ganz Positives werden“, so die beiden.

Für Ulrich Clancett ist sicher, dass es in den Jüchener Kirchengemeinden viele Menschen gibt, die diese Idee sehr kreativ umsetzen werden. „Zu Ostern im Lockdown hat man den Kirchen – teils zurecht – vorgeworfen: Ihr habt die Menschen allein gelassen.“ Das soll sich nun zu Weihnachten ändern: Das Leitwort heißt: „Du bist nicht allein!“ #

In großer Vielfalt können ganz kreativ Gottesdienst-Ideen umgesetzt werden. „Natürlich gehen wir davon aus, dass alle sich an die Hygiene-Regeln halten. Aber draußen gibt’s eben viel frische Lift und auch Abstände können gut eingehalten werden.“

Und so soll es gehen: Am Heiligabend um 18 Uhr läuten alle Jüchener Kirchenglocken und laden zu diesen Klein-Gottesdiensten in den Nachbarschaften ein. Dazu wird es eine Vorlage mit Ideen und Texten zur Gestaltung geben, die gerade erarbeitet wird.

Zentrales Element wird eine Lichter-Aktion sein, zu der die Gottesdienst-Teilnehmenden kostenlos mit „Du-bist-nicht-allein-Lichtern“ versorgt werden. In den Gotteshäusern brennen entsprechende Kerzen. „Die kleinen Lichter können mit nach Hause genommen oder auch verschenkt werden. So entsteht eine große Licht-Gemeinschaft – ganz viele kleine Lichter bringen die Nacht zum Leuchten“, erläutert Ulrich Clancett.

Die Kurz-Gottesdienste sollen nicht länger als 30 Minuten dauern. „Das Schöne ist: Musikalisch wird vieles draußen möglich, was in unseren Gotteshäusern nicht ginge“, freut sich auch Pfarrer Horst Porkolab. Da gebe es vielleicht einen, der ein Instrument spielt und der so zum Gelingen der Feier beitragen kann. Auch sei dem Singen von Weihnachtsliedern keine Grenze gesetzt.

„Und natürlich halten wir am Heiligabend unsere Kirchen und Kapellen zum Besuch der Krippe und zum stillen Gebet geöffnet“, ergänzt Pfarrer Clancett.

Ab dem ersten Advent können sich Interessenten in eine Liste eintragen, die dann nach und nach vervollständigt und im Internet veröffentlicht wird. Porkolab: „Ich finde, das ist ein tolles ökumenisches Zeichen, dass wir in Verbundenheit der Nachbarschaften dieses Weihnachtsfest feiern!“

Das Leitwort „Du bist nicht allein“ wird sich übrigens wie ein roter Faden durch die letzten Wochen von 2020 wie durch die ersten Wochen 2021 ziehen. „Schon das Totengedenken zu Allerheiligen stellen wir unter dieses Leitwort“, so Pfarrer Ulrich Clancett. „Und es zeigt sich schon jetzt, dass dieses Leitwort bei den Menschen in Jüchen gut ankommt!“

Bei allen Aktivitäten ab dem 1. November wird das „Du bist nicht allein“ als Überschrift dienen und vielfältig interpretiert. Pfarrer Horst Porkolab: „Das Schöne ist: Es ist ökumenisch und so offen, dass selbst nicht gläubige Menschen dieser Einladung folgen können.“

Hier eine erste Übersicht über die Veranstaltungen und Gottesdienste unter dem Leitwort „Du bist nicht allein“:

1. November: Totengedenken der katholischen Gemeinden

7. November: Hubertusmesse in der Jakobuskirche

12. November: Ökumenischer Gottesdienst zur konstituierenden Sitzung des Stadtrates in „St. Pankratius“ Garzweiler

29. November: Barbara-Gottesdienst in der Jakobuskirche

28. November/5./12./19. Dezember: Familienmessen zum Advent in „St. Martinus“ Gierath

6. Dezember Nikolaustag in „St. Jakobus“ (nähere Informationen folgen noch)

04./11. Dezember: Roratemesse in „St. Pankratius“ Garzweiler

18. Dezember: Roratemesse in „St. Jakobus der Ältere“ in Jüchen

24. Dezember Straßen-/Nachbarschafts-Gottesdienste

25./26./27. Dezember Weihnachtsgottesdienste evangelisch und katholisch.

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