Für „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ Wie aus Jüchen ein Stück Bremen wurde

Jüchen/Barrenstein · Der Rhein-Kreis ist immer wieder Kulisse für Film und Fernsehen. Doch was Jürgen und Sabine Peters aus Barrenstein erlebt haben, passiert auch hier nicht alle Tage. Denn als Jürgen Peters das Haus seiner Eltern, die aufgrund ihrer Gesundheit nicht mehr zuhause versorgt werden konnten, auf der Jüchener Friedhofstraße Mitte 2020 auf den Immobilienmarkt brachte, erreichte das Ehepaar eine Anfrage der Pandora Film Produktion aus Köln.

 Jürgen Peters posiert stolz am Set des Films.

Jürgen Peters posiert stolz am Set des Films.

Foto: privat

„Ein Scout suchte für einen Film ein Haus“, berichtet Jürgen Peters von der überraschenden Nachricht seines Maklers. Nach einer Besichtigung stand für die Film-Crew schnell fest, dass das leerstehende Haus die perfekte Kulisse für „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ bildet. Der Film handelt von der wahren Geschichte der Bremer Hausfrau Rabiye Kurnaz, die sich mit dem damaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten George W. Bush anlegt, als ihr Sohn, kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001, des Terrorismus bezichtigt und nach Guantánamo gebracht wurde. Gemeinsam mit dem Menschenrechtsanwalt Bernard Docke kämpfte sie jahrelang für seine Freilassung.

 Jürgen Peter Elternhaus an der Friedhofstraße (rechts) wurde von der Film-Crew komplett eingerichtet und auch Autos mit Bremer Kennzeichen kamen zum Einsatz.

Jürgen Peter Elternhaus an der Friedhofstraße (rechts) wurde von der Film-Crew komplett eingerichtet und auch Autos mit Bremer Kennzeichen kamen zum Einsatz.

Foto: privat

So kam es also, dass in Jüchen ein kleines Stück Bremen, genauer gesagt das Haus von Rabiye Kurnaz, entstand. Vor den Dreharbeiten wurde das zweigeschossige Haus dafür einmal komplett auf den Kopf gestellt. Es wurde tapeziert, Zwischenwände gesetzt und fast alle Zimmer möbliert. Mitte Oktober 2020 begannen dann schließlich die zweiwöchigen Dreharbeiten, für die extra die Straße gesperrt wurde. „Manche Nachbarn fanden das nicht gut, weil sie in der Zeit dort nicht parken konnten. Aber das war am dritten Tag schon vergessen, weil sie spätestens dann alle am Fenster hingen und gebannt verfolgten, was auf der Straße passierte“, lacht Jürgen Peters.

Kein Wunder, sorgte die riesige Film-Crew mit ihrem umfangreichen Equipment für einen Anblick, den es nicht alle Tage gibt. Das Basiscamp mit Maske, Kostüm und Catering war dabei nicht einmal direkt vor Ort, sondern am Jüchener Sportplatz untergebracht. Mit einem Shuttlebus ging es für alles Beteiligten zur Friedhofstraße. Nicht schlecht gestaunt haben die Anwohner sicher, als es mitten im Herbst winterlich wurde. Denn da der Film einen Zeitraum von mehreren Jahren behandelt, wurde kurzerhand mit Schnee aus einem Pumpenwagen die kalte Jahreszeit simuliert.

 Innerhalb einer Woche wurde das Jüchener Haus in die Heimat von Rabiye Kurnaz verwandelt.

Innerhalb einer Woche wurde das Jüchener Haus in die Heimat von Rabiye Kurnaz verwandelt.

Foto: privat

Die beiden Barrensteiner ließen es sich natürlich nicht nehmen, immer wieder bei den Dreharbeiten vorbeizuschauen. „Wir haben uns dann auch mit Hauptdarstellerin Meltem Kaptan sehr gut unterhalten. Sie sagte einmal zu meiner Frau: ,Ich würde Sie so gerne mal in den Arm nehmen, aber wegen Corona ist das nicht möglich.‘“, erinnert sich Jürgen Peters. Doch das Ehepaar Peters war nicht nur zum Beobachten da. „Es war meine Idee, dass wir, wenn wir das Haus zur Verfügung stellen, auch Statisten werden“, strahlt die Barrensteinerin und ihr Mann ergänzt lachend: „Wir haben uns förmlich angebiedert.“

Bei gleich zwei Szenen feierten sie ihre Premiere als Statisten. Bei einer war sogar schauspielerisches Talent gefragt: „Wir standen auf der gegenüberliegenden Seite des Hauses und die Hauptdarstellerin musste aus dem Wohnzimmerfenster klettern. Ich sollte dann mit meinem Mann sprechen und auf sie zeigen – aber alles ohne wirklich zu reden.“ Das war gar nicht so einfach, wie sie lachend erzählt.

 Augen aufgehalten: Sabine und Jürgen Peters sind selbst im Film zu sehen.

Augen aufgehalten: Sabine und Jürgen Peters sind selbst im Film zu sehen.

Foto: privat

Von welch einem besonderen Projekt Ehepaar Peters teil war, wurde ihm bewusst, als sie erfuhren, dass der Film mit weiteren 17 beim Wettbewerb der Berlinale um die Goldenen und Silbernen Bären konkurrierte. Sie drückten daher am Mittwoch von zuhause aus die Daumen – und das mit Erfolg. Die Produktion erhielt zwei Silberne Bären, einer ging an Laila Stieler für das beste Drehbuch, der andere an Meltem Kaptan für die beste Hauptrolle. Als Erinnerung an die Zeit möchte sich das Ehepaar deswegen nun auch einen kleine Ausgabe des silbernen Bären in die Vitrine stellen. „Da sind wir mega stolz drauf“, freut sich Sabine Peters.

Gerne wären die zwei bei der Weltpremiere in der vergangenen Woche in Berlin dabeigewesen. „Doch die Tickets waren innerhalb von 20 Minuten ausverkauft“, bedauert der Barrensteiner. Nun hoffen sie auf Karten für die Deutschlandpremiere, die im April stattfinden soll. Fest steht aber schon jetzt, dass der Film so oder so auch mit Familie und Freunden aus Grevenbroich sowie Jüchen und sogar aus dem Bergischen Land gefeiert werden soll. Denn alle seien richtig heiß darauf, ihn zu sehen. Ein richtiges kleines Event mit gemeinsamem Essen vorher und einem entspannten Ausklingenlassen des Tages danach soll es werden. Am 28. April soll „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ in den deutschen Kinos starten.

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