„Cold Case“ Claudia Ruf soll neu aufgerollt werden Jetzt sollen DNA-Proben über die „Beinahtreffer“ Klarheit bringen

„Es ist das erste Mal, dass die DNA-Beinahtreffer-Analyse in Deutschland durchgeführt wird“, so Kriminaldirektor Norbert Wagner aus Bonn. Der „Cold Case“ Mordfall Claudia Ruf soll 23 Jahre nach der Tat so vielleicht doch noch aufgeklärt werden.

 Pressekonferenz mit Vertretern der Polizei Neuss und Bonn, dem LKA und der Staatsanwaltschaft. Per QR-Code schnell zur Hotline der Polizei (02133/25 25 2).Claudia Ruf auf dem Fahndungsfoto 1996.

Pressekonferenz mit Vertretern der Polizei Neuss und Bonn, dem LKA und der Staatsanwaltschaft. Per QR-Code schnell zur Hotline der Polizei (02133/25 25 2).Claudia Ruf auf dem Fahndungsfoto 1996.

Hemmerden. „Der Mord an Claudia Ruf ist nie in Vergessenheit geraten. Ich kenne die Betroffenheit der Menschen hier“, machte Friedhelm Hinzen, Direktor der Neusser Polizei, bei der freitäglichen Pressekonferenz deutlich.

Das damals elfjährige Mädchen war vor 23 Jahren am Ortsrand von Hemmerden entführt, sexuell missbraucht, erwürgt und dann in Euskirchen-Oberwichterich abgelegt, mit Benzin übergossen und angezündet worden.

Damals hatte sich der Verdacht breit gemacht, dass ein durchreisender Sexualstraftäter zu suchen sei. Viele Hinweise zum Beispiel auf ortsfremde Autos gingen ein und wurden akribisch untersucht.

Profiler des Landeskriminalamtes, die sich immer wieder mit „Cold Cases“ (unaufgeklärte, alte Fälle) befassen, kommen inzwischen zu einer anderen Einschätzung: Da die Suchaktionen relativ schnell starteten, sei davon auszugehen, dass der Täter sein Opfer in einen „für ihn geschützten Raum in der Nähe“ verbracht hat, stellt Reinhold Jordan von der Bonner Polizei fest.

Hinzukommen neue Erkenntnisse über den Fundort der Mädchenleiche: „Wir wissen, warum sie dort abgelegt worden ist. Aus ermittlungstaktischen Gründen können wir hier keine genaueren Angaben machen“, so Jordan.

Wie Oberstaatsanwältin Carola Guddat aus Mönchengladbach erläuterte, habe sich zudem der Paragraf 81 h in der Strafprozessordnung geändert. Nunmehr sei auch die besagte DNA-Beinahtreffer-Analyse möglich. Es dürfe geprüft werden, ob die DNA vom Täter oder von Verwandten der geraden oder der Seitenlinie (bis dritten Grades) stamme. Dies gelte natürlich nur für die Blutsverwandten.

„Bei der Analyse-Sensitivität hat sich in den vergangenen 20 Jahren viel getan“, betonte Dirk Porstendörfer, Fachmann vom LKA. Es gebe „tatrelevante“ DNA männlichen Ursprungs vom Körper des toten Mädchens und „sämtliche berechtigte Personen sind auszuschließen.“ Diese DNA weise somit eindeutig auf den Täter hin.

DNA-Reihenuntersuchungen aus den Jahren 2010 und 2017 wären nur auf die direkte Täterschaft kontrolliert und anschließend dann vorschriftsgemäß vernichtet worden. Deshalb werden auch diejenigen jetzt erneut aufgefordert, eine Speichelprobe abzugeben, die schon mal zur Untersuchung gegangen sind.

Ab Samstag werden Polizeibeamte in Hemmerden eine Infobroschüre und Einladungen zur DNA-Reihenuntersuchung (alle Männer zwischen 35 und 70 Jahren) verteilen. Auch die Männer, die inzwischen fortgezogen sind, werden angeschrieben und zu den jeweiligen Polizeistationen gebeten. Ältere Männer werden individuell von Beamten besucht und angesprochen.

Ab Samstag von 9 bis 14 Uhr steht auch die mobile Wache der Neusser Polizei auf dem Kirchplatz in Hemmerden. Zum einen um die Auskunft über die neuerliche Untersuchung zu geben. Zum anderen um Hinweise aus der Bevölkerung aufzunehmen.

Da man im Profiling nun eine neue Ausrichtung genommen hat, werden die Bürger gebeten, bei neuen Fragen in den Erinnerungen zu kramen: Gab es jemanden, der eigentlich bei jedem Ortsfest dabei war, sich nach der Tat aber zurückgezogen hat? Hat sich bei der Suche nach der kleinen Claudia Ruf jemand besonders auffällig beteiligt, der sich sonst bei allen Ortsereignissen eher zurückgehalten hat? Kann sich jemand an einen verschwundenen Benzinkanister erinnern? Oder an einen Nachbarn mit Brandverletzungen?

Überhaupt: Wer lebte vor 23 Jahren vielleicht nur kurzzeitig in Hemmerden? Weil er Verwandte für eine paar Wochen besuchte? Oder weil er mit einem Freund/einer Freundin zusammengezogen war, deren Beziehung aber nicht lange gehalten hat?

Diese und ähnliche Hinweise können bei der Hotline der Polizei 02131/ 300-25252 vorgetragen werden. Die Staatsanwaltschaft hat für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, 5.000 Euro ausgelobt.

Per Video meldete sich auch Vater Friedhelm Ruf zu Wort: „Gehen Sie bitte zum DNA-Test und geben Ihre Speichelprobe ab, wenn Sie eine Einladung dazu erhalten haben sollten. Wenn Sie nicht hingehen, dann nützt das nur einem. Dem, der meiner erstgeborenen, damals elf Jahre alten Tochter das Leben genommen hat.“

Gerhard Müller

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