Es ist ein äußerst unangenehmes Phänomen, das sich gerade breit macht – vielleicht haben Sie auch schon ihre Erfahrungen damit gemacht. „Ghosting“ – was übersetzt so etwas bedeutet wie „geistern“. Da bricht einer einen Kontakt einfach so ab und verschwindet, ist auch nicht mehr erreichbar. Oder eine führt ein Bewerbungsgespräch für eine neue Stelle, unterschreibt einen Arbeitsvertrag – und erscheint einfach nicht zum Antritt des neuen Jobs. Oder da wird eine Festtafel in einem Restaurant bestellt – und niemand erscheint zum vereinbarten Termin.
„Ghosting“ – wenn jemand plötzlich zu einem nicht mehr greif- und erreichbaren Phantom, zu einem Geist wird. Das löst oft genug große Betroffenheit aus. „Ghosting“ trifft – manchmal auch wirtschaftlich, wenn reservierte Plätze, Tische oder Eintrittskarten einfach nicht in Anspruch genommen werden. Das hat oft genug wirtschaftliche Folgen und grenzt an Betrug. Und trotzdem ist dieser Betrug – dieser Geist – nicht fassbar. Weil die Bestellerinnen und Besteller wie in ein Nichts verschwinden. Plötzlich ist Funkstille – das Telefon klingelt sich dumm, auf Briefe wird nicht mehr reagiert – einfach nichts mehr.
Doch – was ist das, das dazu führt, dass sich dieses Phänomen so rasant ausbreitet? Für viele Menschen ist es fast unmöglich geworden, feste Bindungen einzugehen. Verbindlichkeit – oft genug Fehlanzeige. Und diese grassierende Unverbindlichkeit, Unzuverlässigkeit, Beliebigkeit führt dann oft zu Konflikten und lässt Menschen ratlos und traurig zurück. Klar – wenn man sich das Verhalten der Regierenden ansieht (und das gilt für alle politischen Richtungen), dann ist das sicher kein gutes Vorbild. Schnelle Richtungswechsel – was interessiert mich meine Zusage von gestern noch… Wir alle kennen diese Enttäuschungen aus unserem eigenen Erleben. Und wenn es von „da oben“ schon kaum mehr Zuverlässigkeit gibt – was soll es mich dann noch kümmern?
Vielleicht kennen Sie die Geschichte vom „Geist der Weihnacht“, die Charles Dickens einst erzählt hat. Es ist die Geschichte vom Geist der Nächstenliebe, der das Fest prägen soll. Und der hat seinen Grund in dem Kleinen in der Krippe. Gott, der den Kleinen zu uns schickt, hält seine Zusage ein. Vor Jahrhunderten schon von Propheten wie Jesaja vorausgesagt, kommt der „Geist der Weihnacht“ in Form des Kindes in der Krippe zu uns. Verlässlich, verbindlich hält Gott seine Zusage ein.
Und allen Unkenrufen zum Trotz ändert sich mit diesem Kind eigentlich alles: Gott, der Allmächtige, wie wir ihn in den drei großen Weltreligionen nennen, kommt als ohnmächtiges Kind in der Krippe. Nicht als „Ghost“, der irgendwann ohne Ankündigung wieder im Nichts verschwindet. Verlässlich bis zum bitteren Ende am Kreuz hält es seine Zusage ein: Ich gehe den Weg solidarisch mit Euch! Vielleicht kann uns dieses kleine Wesen, das in diesen Tagen wieder in unzähligen Formen in unseren Zimmern auftaucht, an die Verlässlichkeit Gottes erinnern. Und uns ein gutes Beispiel geben, dass „ghosting“ eben nichts Gutes bedeutet. Dass wir zu unseren Zusagen stehen und so diese Verlässlichkeit um uns herum wieder lebendig werden lassen.
In diesem Sinne allen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest mit dem „Geist der Weihnacht“ und dem Kind in der Krippe. Verlässlich, verbindlich, friedenstiftend – eben Gott. Eben gut!
Ihr
Ulrich Clancett