1. Grevenbroich

Flüchtlinge lernen bei „Hydro“: der Kampf gegen Bürokratie

Flüchtlinge lernen bei „Hydro“: der Kampf gegen Bürokratie

Sie lernen löten, Stromkreise aufbauen, Industriemechanik rund ums Aluminium – aber zuallererst Deutsch. Was die aus Syrien geflohenen jüngeren Männer bei „Hydro“ erhalten, lobt Landrat Hans-Jürgen Petrauschke als „eine wirklich starke Leistung für Integration und Teilhabe“.

Mit sichtbaren Erfolgen.

Petrauschke und Kreisdirektor Dirk Brügge besuchten jetzt gemeinsam mit Benjamin Josephs, Flüchtlingsbeauftragten des Rhein-Kreises, die Ausbildungswerkstatt bei „Hydro“. Werkleiter Christoph Budde und HR-Managerin Stephanie Törkel erläuterten ihnen, was „Hydro“ bisher erreicht hat – ein Jahr nach der Entscheidung, acht Flüchtlinge als zusätzliche Auszubildende aufzunehmen. „Wir erfuhren schnell: Rechtliche Rahmenbedingungen waren erst noch zu definieren, die Institutionen zur Betreuung begannen erst so richtig ihre Arbeit – und geeignete Aspiranten zu finden, war eine langwierige Aufgabe. Bei deren Lösung halfen uns vor allem Ehrenamtliche, weil sie die Flüchtlinge persönlich kennen gelernt hatten, mit ihren Schicksalen und mit ihren Talenten“, so Törkel.

Besonders schöne Erfolge: Ein Kandidat wirkte so gewandt und kundig, dass ihn die Abteilung Logistik direkt berufsvorbereitend für die kaufmännische Arbeit aufnahm – mit prima Eindrücken bisher.

Und sogar unter den „Jahrhundert-Azubis“, die im August ihre Ausbildung im Werk begannen (Erft-Kurier berichtete), ist ein junger Syrer: Dank zwei Jahren Schulbesuch in Deutschland war er fit genug, nun zu lernen, wie man die hochmodernen Hydro-Maschinen führt.

Als Schlüssel für den Weg in die Industrie erwiesen sich Sprachkenntnisse. Statt die gefundenen Bewerber mit Metall-Hintergrund mangels Deutschkenntnissen wieder wegzuschicken, bietet „Hydro“ seit März Deutschstunden in seiner Ausbildungswerkstatt an – und lässt Schüler zugleich regelmäßig berufsvorbereitend in Betrieb und Übungen hineinschnuppern. Die Nähe von Kursus und Werk, Theorie und Praxis treibt die Schüler an. Kritik sind sie allerdings nicht so gewöhnt, man muss sie sehr behutsam leiten. So entschied Werkleiter Budde mit der Personalabteilung, auch Vorgesetzte zu schulen: „In diesen Tagen veranstalten wir ein interkulturelles Kompetenztraining für alle hier, die mit Flüchtlingen zu tun haben.“

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Acht junge Männer lernen aktuell in diesen Kursen. Sie sind allein hier; die Familien sind in der Türkei oder Syrien. Sie wohnen in Grevenbroich, privat oder im Heim, sind Muslime oder orthodoxe Christen und seit November 2015 im Rhein-Kreis. Ende Januar 2017 steht ihre Prüfung zur Fähigkeitsstufe B1 an. Wer sie besteht, könnte im Sommer 2017 bei „Hydro“ als Auszubildender weitermachen oder zumindest ein Einstiegsqualifizierungsjahr beginnen.

„Alle sind hochmotivierte und flexible Schüler, nur mit der Sprache als Hürde“, sagt Integrationshelferin Vanessa Guerra. Sie leitet die Sprachklasse, die das Technologiezentrum Glehn organisiert hat.

„Großer Dank an ,Hydro’, dass es seine Ressourcen so in den Dienst der Flüchtlinge stellt – ebenso an alle Mitarbeiter. Hier ist zu spüren: Die Flüchtlinge wollen möglichst schnell etwas lernen und leisten“, sagte Hans-Jürgen Petrauschke. „Wir dürfen sie, gerade in ihrem jungen Alter, nicht hängen lassen, sondern sollten sie immer beschäftigt halten.“

So freuten sich die Gäste, von Ausbildungsmeister Weuffen zu hören: „Wenn wir unsere syrischen Jungs in der Innenstadt treffen, strahlen sie und grüßen. Und wenn sie in der Freizeit nicht abhängen, dann sind sie vor allem beim FC Süd auf dem Platz schon sehr schön integriert – Fußball verbindet.“

(Kurier-Verlag)