Wevelinghovener Schützenfest Eine „echte Gemeinschaft“, nicht nur lautes „Brimborium“

Wevelinghoven · Beim Kronprinzenpaar Tim (48) und Johanna (41) Weitz bewahrheitet sich das Sprichwort „Gegensätze ziehen sich an“: Er ist seit seiner Zeit im Kindergarten begeisterter Anhänger des Schützenwesens. Denn in Frimmersdorf, wo er aufwuchs, werden schon die Kindergartenkinder in das Schützenfest mit einbezogen.

Kronprinz Tim Weitz mit seiner Familie im heimischen Refugium.

Foto: KV./Reschke

Zehn Jahre gehörte er den „Gebirgsjägern“ in der Südstadt an. Dann wollte er eigentlich eine Pause vom Schützenwesen einlegen. Sein bester Freund war zu der Zeit im Jägerzug „Everjrön“ in Wevelinghoven. „2009 bin ich dann nur mal mit ihm nach Wevelinghoven zum Gucken gegangen und jetzt werde ich mit dem Zug Schützenkönig“.

Johanna Weitz dagegen wuchs in Solingen auf, wo Schützenfeste nicht so bekannt und präsent sind wie im hiesigen Rheinland. Auch ihre Familie war mit diesem Brauchtum nicht vertraut. „Als ich ihr das erste Mal von meinem Schützenzug erzählt habe, meinte sie, wenn ihr trinken wollt, dann macht das doch ohne Gewehr und Brimborium“, erinnert sich Tim Weitz schmunzelnd.

„Ich hatte so gar kein Verständnis“, ergänzt die künftige Königin. „Zumal mein Geburtstag oft auf das Schützenfest fällt. Tim kam dann pflichtschuldigst zu mir nach Solingen, aber sein Freundeskreis nicht. Ich verstand auch nicht, wie man für so eine Veranstaltung eine Woche Urlaub opfern wollte.“

Tim und Johanna Weitz im feierlichen Ornat. Sie sehnen die Krönung herbei.

Foto: BSV.

Tim Weitz konnte sie dennoch überreden, zum ersten Mal zur Krönung des Zugkönigs seines Zuges „Everjrön“ mitzukommen. „Es hat mich sehr überrascht, dass ich sofort mit offenen Armen in die Gemeinschaft aufgenommen wurde“, erinnert sie sich. „Trotz des Altersunterschiedes unter den Mitgliedern läuft das Zusammenleben ganz super. Ich habe mich sehr wohl und angenommen gefühlt.“

Von da an sei sie infiziert gewesen. Das ging sogar so weit, dass sie bei einem Wechsel des Arbeitgebers zum 1. August des nächsten Jahres, vereinbart hatte, dass sie zwei Wochen nach Dienstantritt, zum Wevelinghovener Schützenfest ein paar Tage frei nehmen durfte.

Mittlerweile ist auch Sohn Toni (8) bei den Edelknaben aktiv. Sein Vater hat ihn schon nach der Geburt im BSV angemeldet.

Es hat allerdings recht lange gedauert, bis Tim und Johanna Weitz zueinander gefunden haben. Der Kronprinz wuchs in Frimmersdorf auf. Nach der Schule machte er eine kaufmännische Ausbildung. Mit Fleiß und Können brachte er es zum regionalen Vertriebsleiter. Er hat in jungen Jahren geheiratet und mit seiner ersten Ehefrau in einem Haus in Elsen gewohnt. Die gemeinsame Tochter Alica lebt derzeit in Berlin.

Seit seiner Gründung im Jahr 2003 ist der Jägerzug „Ever Jrön“ weit mehr als nur ein Teil des Schützenwesens – er ist eine Herzensangelegenheit für seine Mitglieder und ein fester Bestandteil der Gartenstadt, sowie ihres Heimat- und Schützenfestes. Mit aktuell 19 Mitgliedern, darunter vier passive, vereint der Zug Jung und Alt zu einer lebendigen Gemeinschaft, die auf Vertrauen, Freundschaft und Zusammenhalt baut. Was den Jägerzug „Ever Jrön“ dabei aber ganz besonders macht: Der Wille, nicht stehenzubleiben. Neue Ideen, frischer Elan und der Wunsch, die Gemeinschaft in der Gartenstadt mitzugestalten, treiben den Zug weiter an. Noch lange ist nicht Schluss – im Gegenteil: Die Geschichte von „Ever Jrön“ wird weitergeschrieben – mit jedem Fest, mit jeder Generation und mit jedem Mitglied, das den Weg mitgeht. Denn eins ist sicher: Nur wenn Tradition auf Offenheit trifft, entsteht das, was „Ever Jrön“ seit über 20 Jahren ausmacht – eine echte Familie im Herzen des Schützenfestes.

Foto: BSV.

Kronprinzessin Johanna Weitz machte auch eine kaufmännische Ausbildung und arbeitet jetzt als Teamleiterin Marketing bei RTL in Köln.

Kennen gelernt haben sie sich während der Arbeit. Das sei aber oberflächlich gewesen. „Gefunkt hat es auf einer Betriebsfeier“, erinnert sich das Kronprinzenpaar. Erst einmal haben sie gemeinsam in Solingen gewohnt und 2015 auf dem dortigen Standesamt geheiratet. Im Golfclub „Erft-Aue“ feierten sie eine große freie Trauung. Anschließend zogen sie in das Haus in Elsen.

„Wir wollten gemeinsam eine Veränderung und suchten nach einem alten Haus in Wevelinghoven“, erzählt Tim Weitz. Leider hätten sie nichts Passendes finden können. Über Freunde wurden sie auf einen Rohbau in der Burgstraße aufmerksam. „Es standen nur die Mauern. Eigentlich wollten wir nicht bauen, aber jetzt blieb uns nichts anderes übrig.“

Es sei eine sehr anstrengende Zeit gewesen, erinnert sich die Kronprinzessin: „Ich war mit Toni hochschwanger und habe es trotzdem geschafft, den ganzen Innenausbau nach meinen Plänen zu gestalten“.

Allerdings habe sich die ganze Mühe gelohnt, denn sie wohnen sehr gerne in ihrem schönen Haus.

Tim Weitz hatte schon mal mit dem Gedanken gespielt, sich um die Königswürde zu bewerben, aber seine Frau war nicht so begeistert. Warum es jetzt doch geklappt hat, hat einen eher ernsten Hintergrund.

Im vorigen August erholte er sich von einer schweren Krankheit. Deshalb konnte er nicht im Schützenzug mitmarschieren. Der Vorstand bot ihm an, mit den Honoratioren in der Kutsche mitzufahren. Dieses Erlebnis fand er total schön. Als er seiner Gattin erzählte, wie gut es ihm gefallen habe, in der Kutsche durch Wevelinghoven zu fahren, sagte sie zu ihm: „Erfülle dir deinen Traum und schieße auf den Vogel“. Das ließ er sich nicht zweimal sagen.

Da er der einzige Bewerber war, bereitete Weitz sofort ein großes Fest vor. Die Straße vor seinem Haus wurde sogar mit amtlicher Genehmigung gesperrt, um den etwa 300 Gästen genug Platz zu bieten. „Ich hatte echt Angst, es könnte sich in letzter Minute noch ein Konkurrent melden. Was hätte ich bei einer Niederlage mit den 300 georderten Bockwürstchen gemacht?“

Kronprinzessin Johanna Weitz hat einen eher konservativen Kleidergeschmack. Allerdings zur Krönung zieht sie ein glamouröses langes Kleid mit Pailletten an. „Ich werde leuchten, wie eine Disco-Kugel“, meint sie schmunzelnd. Zum Kleiderkauf sei sie aber nicht in einem Geschäft für Ballkleidung gewesen, sondern habe das Kleid in einem großen Kaufhaus gefunden. Für das Schützenfest im nächsten Jahr sollen die Kleider eher schlicht und elegant sein.

Das Kronprinzenpaar reist gerne, vor allem nach Südafrika. Sie freuen sich schon, ihrem Sohn Toni in einigen Jahren, dieses schöne Land zeigen zu können.

Eine andere Leidenschaft des Paares ist das Kochen. „Leider können wir nicht zusammen kochen. Das funktioniert nicht mit uns in einer Küche“, bekennt sie. Dafür hat sich Weitz im Garten eine moderne Outdoorküche gebaut. „Das ist mein Reich“, freut er sich. Falls viele Gäste kommen, steht auch noch eine dritte Küche zur Verfügung.

Auch das Kronprinzenpaar möchte mit seiner Regentschaft etwas Gutes und Dauerhaftes für Wevelinghoven bewirken. Pläne gäbe es schon, aber sie seien noch nicht spruchreif.

(Dagmar Reschke)