In Grevenbroich werden jedes Jahr tausend Frauen Opfer von Gewalt Stadt und Apotheken: „Wir haben die Nase voll“ – Hinweis auf Hotline

Grevenbroich · "Wenn man allein bedenkt, wie viele Männer für ihre Frau die Pille holen ..." Für die Apotheker ein Indiz dafür, wer zuhause das Sagen hat. Und oft endet dieses "Machtungleichwicht" in häuslicher Gewalt.

 Bürgermeister Krützen (links hinten) ist stolz auf (fast alle) Apotheken am Ort, die die Aktion der Stadt mittragen.

Bürgermeister Krützen (links hinten) ist stolz auf (fast alle) Apotheken am Ort, die die Aktion der Stadt mittragen.

Opfer sind die Frauen. 100 solcher Fälle kamen im vergangenen Jahr zur Anzeige. Die Dunkelziffer liegt mindestens zehnmal so hoch, weiß Gleichstellungsbeauftragte Andrea Heinrich.

"Gewalt gegen Frauen und Mädchen" fängt bei Beleidigungen, Schimpfworten, Runtermachen an. Abhängigkeit, Prügel und Vergewaltigung sind die schlimmsten Ausprägungen. "Was lasse ich mit mir machen?", sei die Frage, die sich die Betroffenen ganz persönlich stellen müssten, so Heinrich.

Für die Opfer gibt es unter anderem eine Hotline (0800/ 0 11 60 16), bei der Frauen und Mädchen Rat und Hilfe bekommen. Und das zur Not in 15 Sprachen.

Bevor jetzt falsche Vorurteile gepflegt werden: "Gewalt zieht sich durch alle Bevölkerungsschichten", macht Andrea Heinrich deutlich. Und Bürgermeister Klaus Krützen ergänzt: "Die Gewalttäter sind durch jede Ethnie hindurch gleich verteilt."

Um die Notrufnummer bekannter zu machen, hat sich Grevenbroichs Gleichstellungsbeauftragte zum zweiten Mal rund um den "Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen" eine Aktion ausgedacht. Wurden im vergangenen Aufkleber mit der Hotline auf Spiegel in öffentlichen Waschräumen aufgeklebt (da seien auch die unterdrückten Frauen ja mal allein), so werden in diesem Jahr 24.000 Papier-Taschentücher-Päckchen in 13 Apotheken im Stadtgebiet über den "Handverkaufstisch" ("Tresen" wäre die falsche Bezeichnung) gehen, auf denen unter dem Motto "Wir haben die Nasen voll" die Hotline-Nummer aufgedruckt steht.

Die Apotheken und Stadt teilen sich die 4.000 Euro kosten. "Da ohne hätten wir die Aktion nie machen können", so Andrea Heinrich.

Sie hofft, dass die Päckchen möglichst viele Frauen, die Opfer sind, erreichen. Vielleicht könne man die Päckchen auch gezielt als eine Art Botschaft in seiner Umgebung weiterreichen.

Dass es von diesen "Opfern" gar nicht so wenige gibt, machen zwei Zahlen deutlich: Etwa fünf Prozent der Grevenbroicherinnen werden jedes Jahr Opfer häuslicher Gewalt und jede vierte Frau wird irgendwann in ihrem Leben mit männlicher Gewalt konfrontiert, weiß Andrea Heinrich natürlich nur zu gut.

Und sie lädt auch zu sich ins Rathaus ein: "Die Frauen können zu uns kommen. Und die Männer, falls sie Probleme haben, natürlich auch."

Form und Ausprägung der häuslichen Gewalt können — wie gesagt — ganz unterschiedlich sein.

Gerhard Müller

(Kurier-Verlag)
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