Somit ist die Zahl der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse im vergangenen Jahr insgesamt zwar um 4,4 Prozent gesunken. Dennoch sieht IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz gerade im Hinblick auf die Schulabgängerzahlen Anlass zur Hoffnung.
Die Anzahl der Schulabgänger allgemeinbildender Schulen am
Mittleren Niederrhein ist zwar zwischen 2017 und 2024 um 5,8 Prozent gesunken. Aber mittelfristig steigt die Zahl der Schulabgänger wieder.
„Die aktuellen Prognosen zur Entwicklung der Zahlen zeigen: Der langjährige Rückgang kommt langsam zum Erliegen“, erläutert Steinmetz. Zunächst müsse im nächsten Schuljahr noch der Ausfall des Abiturjahrgangs aufgrund der Umstellung von G8 auf G9 verkraftet werden. Danach jedoch wird erstmals wieder ein leichter kontinuierlicher Anstieg erwartet.
Doch dieser positive Trend dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Herausforderungen nicht zuletzt wegen des großen Interesses an einem Studium bestehen bleiben. Steinmetz: „Wir müssen uns auch künftig intensiv mit dem Thema Bildung und Berufsorientierung befassen und dürfen nicht nachlassen, die Wirtschaft im Kammerbezirk bei der Gewinnung, der Auswahl, der Betreuung, der Prüfung und der Weiterqualifizierung von Auszubildenden und Fachkräften zu unterstützen.“
Denn: Gegen den Fachkräftemangel gebe es nur eine Lösung: ausbilden!
Und das tun im Kammerbezirk insgesamt 2.623 Ausbildungsbetriebe. Zu ihnen gehört auch das Restaurant und Hotel Stappen in Korschenbroich. „Wir bilden seit dem Jahr 1999 aus – also mittlerweile seit 26 Jahren. In dieser Zeit haben wir viele junge Menschen erfolgreich durch ihre Ausbildung begleitet und ihnen den Einstieg ins Berufsleben ermöglicht“, sagt Inhaberin Carmen Stappen.
Je nach Bewerbungslage stellt der Gastronomiebetrieb jährlich zwischen zwei und vier Auszubildende ein – aktuell in den Berufen Hotelfachmann sowie Koch. Allerdings werde es zunehmend schwieriger, geeignete Auszubildende zu finden. Das liege unter anderem an den besonderen Anforderungen und Arbeitszeiten in der Gastronomie, die für viele junge Menschen nicht an erster Stelle stehen, so Carmen Stappen.
Deshalb haben sie über die Jahre vielfältige Rekrutierungsmaßnahmen weiterentwickelt. „Zum einen bilden wir seit einigen Jahren auch junge Menschen aus dem nichteuropäischen Ausland aus. Dies bietet ihnen die Möglichkeit, sich in Deutschland zu integrieren und eine fachlich hochwertige Ausbildung zu absolvieren.“ Beispiele hierfür sind ein junger Marokkaner, der seine Kochausbildung mit großem Erfolg abgeschlossen hat und weiterhin im „Gasthaus Stappen“ beschäftigt ist, sowie ein junger Ägypter, der ebenfalls seine Ausbildung erfolgreich beendet hat und fester Bestandteil des Teams ist.
Darüber hinaus setzt Carmen Stappen auf praktische Einblicke in den Berufsalltag.
„Wir bieten regelmäßig Schülerpraktika an. So können die jungen Menschen den Beruf hautnah erleben und sich ein realistisches Bild vom Arbeitsalltag in der Gastronomie machen. Aus diesen Praktika sind bereits mehrfach Ausbildungsverhältnisse entstanden. Die Vielfalt im Team stärkt unser Miteinander und bringt neue Perspektiven in den Arbeitsalltag.“
Laut dem Bildungsbericht waren 669 neue Auszubildende beim Start der Ausbildung 19 Jahre alt, 571 Auszubildende 24 Jahre und älter. Nur 158 Auszubildende waren zum Start ihrer Ausbildung 16 Jahre alt. Perner: „Insgesamt werden die Auszubildenden bei Ausbildungsbeginn zunehmend älter.“
Nach wie vor herrscht eine eindeutige Geschlechterverteilung bei den Ausbildungsberufen. Während 2024 nur 9,5 Prozent der Auszubildenden im gewerblich-technischen Bereich weiblich waren, übten 41,7 Prozent der weiblichen Auszubildenden einen kaufmännischen Beruf aus. Kaufmännische Berufe sind mit 5.616 eingetragenen Verträgen beliebter als gewerblich-technische Berufe.
Diese lagen 2024 bei 4.026 eingetragenen Verträgen. Insgesamt ist die Zahl der gewerblich-technischen Verträge konstant geblieben.
Rund 75 Prozent der abgeschlossenen Ausbildungsverträge entfallen auf die zehn beliebtesten Berufe. Im kaufmännischen Bereich führen Berufe wie Kaufleute für Büromanagement und für Groß- und Außenhandelsmanagement, Verkäufer oder Industriekaufleute die Liste an. In den gewerblich-technischen Berufen stehen unter anderem Chemikant, Industriemechaniker sowie Elektroniker und Fachinformatiker hoch im Kurs.
„Wir sehen weiterhin großen Bedarf, junge Menschen frühzeitig auf den Übergang in die Arbeitswelt vorzubereiten“, betont Daniela Perner, Geschäftsführerin des IHK-Bereichs Bildung. Sie verweist auf die breite Palette von rund 230 Ausbildungsberufen in der Region – und auf erfolgreiche IHK-Initiativen wie die Ausbildungsbotschafter, Schulkooperationen, Azubi-Speed-Datings oder die CHECK IN Berufswelt.
Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels appelliert die IHK an Politik und Bildungseinrichtungen, die duale Ausbildung stärker in den Fokus zu rücken. „Es muss wieder als attraktive Option gelten, nach dem Schulabschluss eine Ausbildung zu beginnen“, fordert Steinmetz. „Gerade für leistungsstarke Abiturienten bieten sich hervorragende Perspektiven – etwa durch Weiterbildungen zum Fachwirt, Meister oder Betriebswirt.“
Auch das Prüfungswesen ist ein bedeutender Bestandteil der Ausbildung: Rund 10.000 Prüfungen nehmen jährlich die rund 2.400 ehrenamtlich tätigen IHK-Prüfer ab. „Ohne dieses Engagement wäre das System der dualen Ausbildung nicht denkbar“, so Perner. „Wir freuen uns jederzeit über Menschen, die sich als Prüfer einbringen möchten.“