Tränen & dumme Behörden-Sprüche Schlimm: Nutria-Plage am Jüchener Bach

Gierath · „Seit mehr als fünf Jahren kämpfe ich gegen die Nutrias“, seufzt Anna-Maria Zimmermann, deren Grundstück direkt an den Jüchener Bach grenzt. Jede Nacht tummeln sich die aggressiven Nager in ihrem Garten; das Platschen, wenn sie zurück in den Bach springen, kann sie noch im Schlafzimmer hören. Das, was ihr aber noch mehr die Tränen in die Augen treibt, sind die Kommentare, die sie sich bei ihrem Weg durch die Behörden gefangen hat....

Margret Brentjes und Anna-Maria Zimmermann (von rechts) mit einer weiteren Nachbarin. Sie alle eint der noch hoffnungslose Kampf gegen die Nutrias.

Margret Brentjes und Anna-Maria Zimmermann (von rechts) mit einer weiteren Nachbarin. Sie alle eint der noch hoffnungslose Kampf gegen die Nutrias.

Foto: KV/Gerhard P. Müller

Eigentlich sieht der Jüchener Bach, der sich durch die Siedlung am Ende Gieraths schlängelt, recht idyllisch aus. Die riesigen Löcher in den Uferböschungen zeigen auf den zweiten Blick aber deutlich, dass hier eine große Population Nutrias heimisch geworden ist. Und dass die die gesamte Nachbarschaft nahezu terrorisieren.

Denn des Nachts kommen sie aus ihren Bauten raus, die sie tief ins Erdreich gegraben haben, und gehen auf Nahrungssuche in den umliegenden Gärten. Dabei ernähren sie sich rein vegetarisch, fressen alles nieder, was sie finden, und nagen mit Vorliebe auch die Wurzeln auf. Ob Zierbüsche oder Tomatenpflanzen – nichts ist vor ihnen und ihren scharfen Zähnen sicher.

 So hoch war der Busch gewachsen, von dem nach nur einer Nacht nur die Kuhle im Topf unten links blieb...

So hoch war der Busch gewachsen, von dem nach nur einer Nacht nur die Kuhle im Topf unten links blieb...

Foto: KV/Gerhard P. Müller

Anna-Maria Zimmermann hat zudem einen Teich in ihrem Garten, den die Nager zum erholenden Zwischendurch-Baden nutzen. „Zum Glück lassen sie aber meine Fische in Ruhe.“ Einige der Nachbarn hatten Abhilfe in Eigenleistung schaffen wollen: Im Bach angebrachte Trennwände aus Holz mussten auf behördliche Anordnung wieder entfernt werden, weil sie den Bach störten.

Steine, um einen Bau zu verschließen, stören die Nutrias nicht: Sie verschieben die Steine oder verlegen den Zugang um einen Meter. Anna-Maria Zimmermann, deren Garten vom BUND schon mehrfach als ökologisch besonders wertvoll ausgezeichnet wurde, begab sich wieder einmal auf die Suche nach amtlicher Unterstützung ... und landete in einer Odyssee, die sie regelrecht fassungslos machte.

Zunächst rief sie bei der Stadt Jüchen an. Dort habe man sich als nicht zuständig erklärt und auf den Erft-Verband verwiesen. Doch der Mitarbeiter dort hatte einen seltsamen Humor: Sie solle die Nutrias fangen, grillen und essen. Nicht nur in die Niederlanden würden diese Tiere doch als Delikatesse gelten, bekam sie zu hören. Für eine Nachbarin hatte der selbe Mitarbeiter den Tipp, sie solle sich doch, da die Nutrias nicht unter Schutz stehen würden, aus dem Fell einen Pelzmantel machen.

 Einen Bau mit Steinen zu verschließen, hilft nicht. Die Nutrias verlegen den Zugang einfach.

Einen Bau mit Steinen zu verschließen, hilft nicht. Die Nutrias verlegen den Zugang einfach.

Foto: KV/Gerhard P. Müller

Am Ende kam von ihm immerhin noch der Hinweis, dass sie ja einen Kammerjäger beauftragen könnten, um den Viechern Herr zu werden. „Ich habe dann auch eine Telefon-Nummer von der Stadt Jüchen bekommen. Doch der Kammerjäger sah sich nur für Ratten zuständig“; schilderte Anna-Maria Zimmermann dem Top-Kurier.

Auch eine zweite Kammerjägerin, die sie anrief, winkte mit „nicht zuständig“ ab. Sie empfahl der Gieratherin, einen Jäger zu beauftragen, die Nutrias abzuschießen. „Doch welcher Jäger darf mitten in einem Wohngebiet auf die Jagd gehen? Die müssen doch 200 Meter Abstand zur Wohnbebauung einhalten“, weiß die verzweifelte Frau nur zu genau.

Schließlich landete sie bei der Unteren Wasserschutzbehörde, die beim Kreis angesiedelt ist. Jetzt hat sie eine Lebendfalle in ihrem Garten liegen. Die bekam sie mit wichtigen Hinweis, vorsichtig zu sein, weil Nutrias aggressiv und ihre Bisse schmerzhaft seien. Aber allen Ernstes: Was hilft eine Lebendfalle gegen eine Nager-Großfamilie. Und: „Soll ich das Viech dann mit der Schüppe erschlagen oder was?“, fragt die verzweifelte Bürgerin, die sich im Stich gelassen fühlt. Dem Ansprechpartner vom Erft-Verband sagte sie denn auch geladen: „Geben Sie mir Ihre Adresse, ich bringe ihnen die Nutrias gerne vorbei.“

Stattdessen gab es von ihm super Tipps wie: „Bringen Sie die Tiere doch auf ein großes Feld und erschießen sie dann da.“ Oder: „Machen Sie abends und nachts immer wieder Krach im Garten. So können Sie die Tiere verscheuchen.“ (... Nachbarn übrigens auch!) Oder: „Es gibt ja auch Tauben, die ihnen im Garten was wegpicken, da machen wir ja auch nichts gegen.“

Anna-Maria Zimmermann und ihren Leidensgenossen aus Gierath ist der Humor allerdings inzwischen nachvollziehbarerweise vergangen. Ihre letzte Hoffnung: ein Bericht im Top-Kurier. Vielleicht komme so Bewegung in die Sache und irgendeine Behörde setzt sich am Ende doch noch für die Betroffenen ein.

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