Erfolg und Enttäuschung an der Flüchtlings-Front

Grevenbroich · „Das sind Menschen genauso wie wir.“ Für Monika Hahn ist dieser Satz Wahl- und Leitspruch zugleich. In Neurath engagiert sie sich seit Januar des vergangenen Jahres für die in der ehemaligen Grundschule untergebrachten Asyl-Bewerber, wird von den Kindern dort vertrauensvoll als „Oma Hahn“ angesprochen.

 Monika Hahn hat sich „Begleitschutz“ mitgebracht: Abdulgfel Alhammond und Jwan Khalik umrahmen sie.

Monika Hahn hat sich „Begleitschutz“ mitgebracht: Abdulgfel Alhammond und Jwan Khalik umrahmen sie.

Die Leser des Erft-Kurier wählten sie zum „Local Hero“ von Neurath. Am Montag erhielt sie diese Auszeichnung aus der Hand von Bürgermeister Klaus Krützen.

„Seit Januar 2015 hat sich alles weiter entwickelt. Die ersten Kinder kamen in den Kindergarten oder in die Schule. Einige Familien sind inzwischen schon in eigene Wohnungen umgezogen. Noch heute habe ich ständigen Kontakt zu den Flüchtlingen und zu den Ämtern und Organisatoren“, erzählt Monika Hahn in einer total ruhigen Art, die nur aus einem guten Herzen kommen kann.

Und sie hat zwei Schützlinge mitgebracht – Abdulgfel Alhammond und Jwan Khalik. Letzterer ist ein echter „Vorzeige-Flüchtling“. Er floh aus Syrien, aus der für ihre Schrecken berüchtigten Stadt Aleppo.

„Heute hat er Geburtstag, morgen ist er ein Jahr in Deutschland“, erzählt Monika Hahn.

Er musste zunächst seine Familie zurücklassen. Dank der Vermittlung von Hartmut Deußen, der bei der Stadt für die Flüchtlingsbetreuung zuständig ist, konnte über das Konsulat in Izmir die Familie wieder zusammengeführt werden.

Inzwischen wohnt Jwan Kahlik in einer kleinen Wohnung in Gindorf. Dort gab es – so berichtet Monika Hahn – Vorwürfe von den Nachbarn, er schlage seine Kindern; diese würden nachts oft laut schreien. Zum Glück kann die Neuratherin aufklären: „In Aleppo sind neben den Kindern Bomben hochgegangen. Der ,Islamische Staat’ hat immer wieder Leute aufgegriffen. Die Kinder haben schlimm gehungert. Dass ein sechsjähriges Kind da nachts Alpträume hat, das leuchtet mir vollkommen ein.“

Gerne würde sie der Familie helfen, in eine größere Wohnung zu ziehen. „Aber die Stimmung ist gekippt: ,Die Familie passt nicht in unsere Hausgemeinschaft’, das ist ein Argument, das ich oft höre. Zu oft“, so Hahn, die im übrigen auch eingesteht, dass sie in ihrer Arbeit nicht nur positive Erfahrungen mit den Flüchtlingen gemacht habe: „Ich bin auch schon angepöbelt worden.“

Dabei hat sie festgestellt, dass das Herkunftsland oftmals eine bedeutsame Rolle spiele: „Die Syrer sind alle sehr bemüht, Deutsch zu lernen, Fuß zu fassen. Weil sie hier bleiben wollen. Die aus Serbien nehmen das alles nicht so ernst“, berichtet sie aus dem Betreuungsalltag in Neurath.

Da kämen die Kinder nicht in Kindergarten oder Schule, weil die Eltern keine Lust hätten aufzustehen. „Dann bin ich immer ein bisschen traurig“, seufzt Monika Hahn, die sich über die Wahl zum „Local Hero“ aufrichtig von ganzem Herze freut.

Den frühlingshaft dekorierten Kuchen (er stammt wiedervom „Dolcissima Tortenshop“ aus Wevelinghoven, der ebenso wie die Sparkasse die Aktion von Stadtmarketing und Erft-Kurier unterstützt) will sie übrigens an die Familie Khalik weiterreichen.

Denn nach dem Vater heute feiert auch die Mutter am Wochenende Geburtstag. Und da kommt das süße Backwerk (2,6 Kilogramm schwer) natürlich bestens an.

Gerhard Müller

(Kurier-Verlag)
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