Sehr umstrittene 30er-Zonen: Hilft nun ein Lamellen-Schild?

Sie sind ein Erbe, das Verkehrsplanerin Ursula Hauguth zurückgelassen hat, als sie zur Stadt Jüchen wechselte. Die 30er-Zonen sind dabei ein sehr umstrittenes Erbe: Vielen sind sie ein Dorn im Auge; einige kämpfen sogar vor Gericht gegen sie. Andere fordern die Stadt dazu auf, sie keinesfalls wieder zurückzunehmen. Jetzt hat Bürgermeister Klaus Krützen einen Kompromissvorschlag parat.

 Rechts das klassische 30er-Schild, links die Lamellen-Lösung aus Neuss.

Rechts das klassische 30er-Schild, links die Lamellen-Lösung aus Neuss.

Grevenbroich. Ursula Hauguth hatte einst vor dem zuständigen Ausschuss des Rates vertreten, dass es sich bei der Vorgabe, vor Schulen, Kindergärten, Seniorenheimen und so weiter 30-Stundenkilometer-Zonen auszuweisen, um eine Muss-Vorschrift handelt. Inzwischen gehen viele davon aus, dass es sich um eine Kann-Vorschrift handele.

Genau hier setzen die Klagen aus der Bürgerschaft an; erst jüngst musste das Rathaus den Gerichten Unterlagen und Einschätzungen an die Hand geben. Noch im Februar hatte Dezernent Florian Herpel im Rat betont, dass es in dieser Frage „noch kein richtig oder falsch“ gebe.

Die Verwaltung vertrete eine Rechtsauffassung, die die Anwendbarkeit der Straßenverkehrsordnung mit den neuen Regelungen auch für geboten hält, und habe dementsprechend gehandelt. Daher habe die Verwaltung eine Rechtsauffassung, die darauf abziele, die Klage abzulehnen.

Hier bekommt er Rückendeckung vom Bürgermeister: „Die Stadt Grevenbroich hält grundsätzlich daran fest, dass die mit den Beschlüssen des Bauausschusses und des Stadtrates getroffene Feststellung rechtlich korrekt getroffen wurden. Dies wird auch gegenüber dem Verwaltungsgericht im Rahmen der abgegebenen Stellungnahme deutlich gemacht.“

Allerdings habe die Verwaltung bereits 2017 im Bau-Ausschuss deutlich gemacht, dass es grundsätzlich auch zulässig ist, vor Schulen Geschwindigkeitsbegrenzungen nur temporär anzuordnen. „Dass dies sinnvoll ist, entspricht auch meiner Überzeugung, die auf meinen Erfahrungen als Lehrer und Schulleiter beruht“, so Krützen weiter.
Neben der rechtlichen Wertung zeige die Diskussion im politischen Raum aber, dass es einen Bedarf gibt, die derzeit geltenden Regelungen unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben zu überarbeiten.
Die Anträge von CDU, FDP und SPD (wir berichteten) würden im Grundsatz begrüßt.
Der Vorschlag, vor Schulen und Kindertagesstätten grundsätzlich zeitlich beschränkt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern anzuordnen, sei aus Sicht der Verwaltung mit den entsprechenden Verkehrszeichen praktikabel umzusetzen. „Es freut mich, wenn sich nun auch die Politik in diese Richtung bewegt. Das könnte ein guter Kompromiss sein“, so Krützen.

Der Rathaus-Chef verweist aber auch auf viele Eingaben, die besagten 30-Kilometer-Zonen vor Schulen beispielsweise bestehen zu lassen. Es sei keinesfalls so, dass diese Zonen einhellig abgelehnt würden, betonte er gegenüber der Redaktion des Erft-Kurier.

Die „schützenswerten Einrichtungen“ sollten deshalb nochmals einer Einzelfallprüfung unterzogen werden. Für den Ostwall könne er sich zum Beispiel eine Aufhebung vorstellen; diese gilt vor dem Seniorenheim, lässt aber die Schüler, die von der Bushaltestelle zum Erasmus-Gymnasium müssen vollkommen unbetrachtet und damit auch vollkommen ungeschützt.

In Neuss entdeckte Klaus Krützen zudem noch ein Lamellenschild, mit dem man die Geschwindigkeits-Limitierung beispielsweise auf die Zeiten der Schulstunden problemlos darstellen könnte: Vormittags ist die 30 im roten Kreis zu sehen, abends erlauben weiße Lamellen wieder die 50.

Bleibt die Frage, ob sich die Kommunalpolitiker diesem bürgermeisterlichen Vorstoß anschließen können. Und was dann noch Kläger und Gerichte dazu sagen.

Gerhard Müller

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