IHKs im Rheinland veröffentlichen Konjunkturbarometer Lage am Niederrhein verschlechtert sich weiter

Grevenbroich · Die Wirtschaft im Rheinland kommt nicht in Schwung. Schließungen, Stellenabbau und fehlende Investitionen betreffen die ganze Region. Das zeigt das Konjunkturbarometer der Industrie- und Handelskammern im Rheinland.

IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz: „Bürokratie, Energiepreise und marode Straßen bremsen die Wirtschaft.“

Foto: Thomas Broich

Die Analyse liefert aktuelle regionale Daten zu 17 Leitbranchen des Rheinlands. Besonders die wichtige Grundstoffindustrie leidet: Die Nachfrage nach Stahl- und Chemieprodukten aus Deutschland ist eingebrochen. „Auch weitere vor allem für Krefeld, Mönchengladbach, den Rhein-Kreis und den Kreis Viersen wichtige Branchen haben derzeit mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, beispielsweise die konsumorientierten und produktionsnahen Großhandelsbetriebe sowie die Logistikbranche“, erklärt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein.

Bürokratie, Energiepreise und marode Straßen bremsen die Wirtschaft. Die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen sinkt. Steinmetz: „Das neue Konjunkturbarometer ist eine deutliche Mahnung an die Bundesregierung.“

Zu wenig, zu verzagt – so urteilen die Unternehmen über die neue Bundesregierung. Viele Betriebe haben sich mehr erhofft. Von den bisherigen Reformen kommt bei der Wirtschaft zu wenig an. Der Mittelstand ist durch Berichtspflichten, endlose Verfahren und eine entrückte Verwaltung gefesselt. Die Industrie kann die Standortnachteile nicht mehr durch Produktivität ausgleichen. „Jeder vierte Betrieb will Beschäftigte entlassen. Jeder Dritte will weniger investieren. Das zieht andere mit in den Abwärtsstrudel“, warnt Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK Duisburg-Wesel-Kleve, bei der Vorstellung der Ergebnisse.

Und auch für viele bedeutende Branchen am Mittleren Niederrhein fallen die Ergebnisse derzeit nicht positiv aus – betroffen sind insbesondere die energieintensiven Industrien. In der Metallindustrie bewerten lediglich elf Prozent der Unternehmen ihre aktuelle Lage als gut, während 43 Prozent sie als schlecht einstufen. Auch in der Chemie- und Kunststoffindustrie bleibt die Stimmung verhalten: 37 Prozent der Betriebe sprechen von einer schlechten Lage, nur 16 Prozent von einer guten.

„Hohe Energiekosten, ein massiver bürokratischer Aufwand und der demografische Wandel mit seinen Auswirkungen auf Fachkräfte sind aktuell deutliche Standortnachteile, ebenso die Subventionspolitik. Wir vernehmen die guten Absichten der Bundesregierung und ermutigen diese zur schnellen Umsetzung“, betont Lars Friedrich, Leiter des „Chemparks Krefeld-Uerdingen“.

Im Maschinenbau und in der Ernährungsindustrie überwiegen ebenfalls die negativen Lageeinschätzungen gegenüber den positiven. Allerdings könnte hier der Tiefpunkt erreicht sein: Für das kommende Jahr zeigen sich mehr Unternehmen optimistisch als pessimistisch.

Große Sorgen macht sich Steinmetz um die distributiven Dienstleister: „Sowohl bei konsumorientierten als auch bei produktionsnahen Großhändlern sowie in der Logistikbranche überwiegen die negativen Lagebeurteilungen deutlich gegenüber den positiven. Diese Branchen erwarten zudem auch im kommenden Jahr keine positive Entwicklung.“

Die Konsequenz: Ein spürbarer Beschäftigungsabbau kann nicht mehr ausgeschlossen werden. „Wir sind eine Großhandels- und Logistikregion und diese Werte erfüllen mich mit großer Sorge“, betont Steinmetz. „Die schlechte Lage dieser Branchen hängt mit der schwachen Industrieproduktion und der fehlenden Konsumneigung der Bevölkerung zusammen.“

Vorschriften, Formulare und Genehmigungen sind für knapp 60 Prozent der Unternehmen die größte Bremse. Aktuell ist es nur der Staat, der mehr investiert. Für den dringend notwendigen Aufschwung reicht das nicht. Wichtig ist, dass die privaten Investitionen anspringen.

„Unser Konjunkturklimaindex zeigt, wie zurückhaltend die Wirtschaft ist. Er tritt mit 91 Punkten auf der Stelle. Seit mehr als drei Jahren gibt es kaum positive Impulse. Auch, weil die Bürokratie uns im Weg steht. Wir brauchen grundlegende Reformen. Ankündigungen alleine reichen nicht. Wenn unsere Verwaltungen nicht umdenken, wird es nicht gehen. Sie sollten digitaler und kundenfreundlicher werden“, so Dietzfelbinger.

Gleichzeitig bleibt der Fachkräftemangel ein Risiko – fast jedes zweite Unternehmen sieht darin eine Gefahr. Zudem machen die gestiegenen Arbeitskosten den Betrieben zu schaffen. Und auch bei der Infrastruktur zeigt sich ein alarmierendes Bild: Marode Verkehrswege, schleppende Genehmigungen und fehlende Digitalisierung gefährden den Standort. All das führt laut den IHKs zu einer gefährlichen Mischung: Unternehmen verlieren Vertrauen – in die Zukunft, in die Politik, in die Planbarkeit.

„Das Rheinland ist stark. Unsere Unternehmen sind innovativ, anpassungsfähig, bereit für Wandel. Aber sie brauchen endlich die Freiheit, wieder unternehmerisch handeln zu können. Wer Wachstum will, muss Verlässlichkeit schaffen. Wer Transformation will, muss Investitionen ermöglichen. Und wer Wohlstand sichern will, muss die Wirtschaft endlich ernst nehmen“, betont Dietzfelbinger.

(-ekG.)