„Rent a Klaus“: Tierschützer brauchen oft Hilfe der Polizei

Schweine, Fledermäuse, Schlangen und ein Turmfalke – die im Oekovener Tierheim abgegebenen „Funde“ haben sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Und damit auch die Anforderungen des Kreis-Veterinäramtes, das streng auf die Umsetzung seiner Vorgaben achtet. Ein Problem dabei: Seitdem die Wildtier-Auffangstation, die es früher im „Schneckenhaus“ gab, geschlossen ist, werden die Aufgaben für Leiterin Sabrina Schulze und ihr Team immer umfangreicher.

  „So sehen Schweine aus, wenn sie gesund sind“, lautete der Kommentar auf die Bemerkung, noch nie so schlanke Schweine gesehen zu haben.

„So sehen Schweine aus, wenn sie gesund sind“, lautete der Kommentar auf die Bemerkung, noch nie so schlanke Schweine gesehen zu haben.

Oekoven. Hunde und Katzen sind schon lange nicht mehr das ausschließliche Betätigungsfeld des Tierheimes. In drei Bereichen ist vielmehr ein deutlicher Anstieg an abgegebenen Tieren zu bemerken: Exoten (Schlangen Co), Kleinwildtiere (Hasen und ähnliche) sowie Sing- und Wildvögel werden immer häufiger verletzt oder verirrt gefunden und dann von engagierten Menschen ins Tierheim gebracht.

Ein Trend, auf den die Tierheime im Kreis Neuss per Spezialisierung reagieren sollen, so die Forderung des Veterinäramtes. In Oekoven werden deshalb demnächst zwei Räume mit mehreren Terrarien ausgestattet, um Exoten eine schnelle und neue Heimat bieten zu können.

Trotzdem wird es zum Beispiel schwierig mit Greifvögeln wie jüngst einem jungen Turmfalken, der in Oekoven abgegeben wurde. Der dort aber nicht artgerecht gehalten werden konnte. Nach einigen Mühen fand er eine Unterkunft in Erftstadt. Eine Arbeit, die früher vom „Schneckenhaus“ übernommen wurde.

Eher nett die Geschichte des eingangs erwähnten Schweines: Ein Jubilar hatte ein „Ferkel mit Schleife“ geschenkt bekommen, wusste nicht wohin damit, wollte es aber auch nicht schlachten lassen. Er fragte im Tierheim an. Leiterin Schulze verwies darauf, dass Schweine Gesellschaftstiere seien.

Also wurde vom Jubilar eine gleichaltrige Sau gekauft. „Borsti“ und „Schnitzel“ können nun ihr restliches Leben im Tierheim verbringen. ... und das können einige Jahre sein, denn Schweine können bis zu 30 Jahre alt werden.

Klar ist, dass die Schweine nicht abgegeben werden, weil die Gefahr, dass sie geschlachtet werden, nicht ausgeschlossen werden könne, betont Benjamin Pasternak, Vorsitzender des Tierschutzvereins für den Kreis.

Oberstes Gebot sei, dass kein Tier abgegeben werden dürfe, wenn nicht absolut sicher gestellt sei, dass es in besten Verhältnissen ein Leben lang versorgt wird.

Apropos Tiervermittlung: Das Tierheim, in dem vier Hauptamtliche, zwei Auszubildende (eine aus Bayern, die im Tierheim die alte Bahnhofswärter-Wohnung bewohnt), ein „BuFdi“ sowie Praktikanten, täglich ihren Dienst tun, hat natürlich auch einen großen Kosten-Apparat zu bewältigen.

Viele glauben, dass – neben den öffentlichen Zuschüssen und den Mitgliedsbeiträgen des Tierschutzvereins – die Vermittlung von Tieren eine wichtige Einnahmequelle sei. Weit gefehlt, stellt Pasternak klar. Das, was da eingenommen werde (120 Euro bei Katzen), reiche kaum aus, um die Kosten fürs Impfen, Chippen und auch Kastrieren wieder hereinzubringen.

Und damit ist das Thema der „Katastrations- und Kennzeichnungs-Verordnung“ aufgeschlagen. Bei deren Umsetzung kommen Leiterin Sabrina Schulze und ihre Mitarbeiter auch zum Einsatz. Mit wenig erfreulichen Erkenntnissen über den Zustand unserer Gesellschaft.

„Als wir versuchen wollten, eine verwilderte, verletzte Katze an der Grubenstraße in Gustorf einzufangen, sind wir derart angefeindet und beleidigt worden, dass wir die Polizei rufen mussten“, so Sabrina Schulze bitter.

Aufgebrachte Bürger hätten sogar einfach die Arbeitsmaterialien (Fallen) weggenommen. Kein Einzelfall.

Umgekehrt das Wirken in Vanikum, wo regelmäßig verwilderte Katzen eingefangen (und dann im Tierheim) untergebracht werden müssen. Hier habe man schon mehrfach alle bis auf das gewiefte, alte Weibchen catchen können. „Zweimal im Jahr gibt es Junge. Und das nur, weil irgendein Anwohner seinen Kater nicht katastriert hat und ihn stromern lässt“, seufzt Benjamin Pasternak bitter.

Gerhard Müller

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