Ein Brasilianer in Kelzenberg Wiedersehen an einem schmerzlosen Ort

Kelzenberg · „Ich habe das Gefühl, Gott hat meinen Weg nach und in Kelzenberg geplant“, ist Charles Rodrigo Hackbarth überzeugt. Dabei war der Brasilianer vorher eher überzeugt von der Betriebswirtschaftslehre und von Finanzen, weit weg von Gott und Religion.

Hackbarth kommt von Brasilien nach Kelzenberg
Foto: Frank Wiedemeier

„Ich hatte BWL studiert, um einmal das Unternehmen meiner Mutter zu übernehmen. Weil mein Abschluss in Brasilien hier in Deutschland nicht anerkannt wurde, habe ich mein Studium noch einmal in Frankfurt fortgeführt“, erzählt der Gemeindebauer, „zuerst hatten meine Ehefrau und ich überlegt eines Tages nach Brasilien zurückzukehren, weil die Vorstellungen einer Unternehmensführung zwischen meiner Mutter und mir aber so unterschiedlich waren, habe ich die Überlegung dann doch über Bord geworfen.“

Ehefrau Valerie lernt der 30-Jährige zufällig während ihres freiwilligen sozialen Jahrs in seiner Heimatgemeinde kennen. Schnell verliebt sich der smarte Brasilianer in die schöne Deutsche. 2011 wurde geheiratet, 2018 folgte die Perfektion des Glücks der Hackbarths: Sohn Eliah.

Hackbarth kommt von Brasilien nach Kelzenberg
Foto: privat

Südbrasilien ist europäisch geprägt

Acht Jahre lebt Charles Rodrigo Hackbarth nun schon in Deutschland. Nach einem anfänglichen Kulturschock hat er sich gut eingelebt und die deutsche Mentalität schon fast übernommen. „Manche erwarten immer, dass ich, nur weil ich Brasilianer bin, anders sein müsste. Meine Ehefrau sagt aber, dass ich sehr deutsch geworden bin“, lacht er. Denn Anpassung sei ihm sehr wichtig. „Deutschland passt sich nicht an mich an, sondern ich an Deutschland“, betont er, „ich bin zwar Brasilianer, aber ich lebe nicht dort.“

Und auch wenn er sich gut in die Gemeinde eingefunden hat, vermisst er auch die Menschen und das Wetter in seinem Heimatland. „Hier in Deutschland sind die Menschen teilweise sehr distanziert, in Brasilien umarmen wir jeden, auch wenn wir die Person nicht kennen“, lacht er. Die Struktur des Landes vermisse er allerdings nicht. „Deutschland ist, was das angeht, sehr modern“, zeigt er sich beeindruckt besonders vom Krankensystem. Dabei war ihm Deutschland und auch die Sprache nie sonderlich fremd. „Ich komme aus Südbrasilien, das ist europäisch geprägt und in einigen Teilen spricht man sogar deutsch“, erzählt Hackbarth, „bei uns in der Gemeinde gab es sogar ein Oktoberfest und die Häuser sind aus Backstein gebaut.“

Einen Weg zusammen gehen

Seine Bestimmung als Gemeindebauer findet sich nach einem sehr seltsamen Treffen mit einer Brasilianerin, die in Deutschland Menschen missionieren will. „Sie kannte mich nicht und es war wirklich schräg, aber in dem Moment hat Gott zu mir gesprochen“, ist sich Hackbarth sicher.

Nach einem Theologie-Studium widmet er sich einer Ausbildung im „Johanneum“ in Wuppertal. „Während einer Hospitationswoche, in der wir deutschlandweit viele Gemeinden besucht haben, habe ich mich in Kelzenberg wiedergefunden“, weiß er zu berichten. Und gerade Gabi und Bodo Beuscher packten den jungen Brasilianer mit ihrer sehr offenen und sympathischen Art. „Seitdem gehen wir zusammen einen Weg“, strahlt er.

Als Gemeindebauer ist Charles Rodrigo Hackbarth vor allem für die Jugendarbeit zuständig. „Es ist schon sehr auffällig, dass die Jugendlichen stark von Smartphones geprägt sind“, meint er, „in Brasilien hat es beispielsweise keine Handys gegeben, da hat man gespielt und geredet. Hier basieren viele Gespräche auf Videos oder News, die man sich gemeinsam auf dem Handy anschaut. Da muss ich reagieren und das Medium in die Arbeit integrieren, weil es zur Lebenswelt der Jugend gehört.“

„Ich bin überzeugt, dass es einen Sinn hat, weshalb wir hier sind.“

Nachdem er bereits in Brasilien mit vielen Jugendlichen in einer evangelisch-christlichen Jugendgruppe gearbeitet hatte, liege es ihm auch am Herzen mit der Bestimmung jedes einzelnen heranzutreten. „Es ist wichtig, dass die Jugend Jesus kennenlernt, denn auf viele Lebensfragen ist er die Antwort“, erzählt er. Denn täglich existiere der Mensch einen Tag weniger, bis das Licht bei jedem einzelnen ausgehe ...

„Ich bin überzeugt, dass es einen Sinn hat, weshalb wir hier sind. Jemand hat uns geplant, deshalb bin ich auch sicher, dass es nach dem Tod weitergeht und wir uns an einem schmerzlosen Ort wiederfinden werden“, philosophiert er.

Ziel in der Kirchengemeinde sei es, dass Hackbarth einen Teil der einzelnen Bereiche in Kelzenberg übernehmen wird, bis das Ehepaar Beuscher 2021 in Rente gehen wird. „Ihnen lag es am Herzen den Übergang gesund zu gestalten, deshalb der frühe Anlauf“, so Hackbarth.

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