Bahn- und Radstrecke im Konflikt Fahrrad versus Bahn?

Mönchengladbach · Der geplante Radschnellweg Krefeld-Willich-Mönchengladbach und parallel eine Erweiterung der Bahnstrecke S28, das geht gut zusammen finden der Fahrgastverband Pro Bahn, der Verkehrsclub Deutschland und die Nachbargemeinden - besonders im Hinblick auf geplante neue Gewerbeflächen auf dem Gelände der ehemaligen Trabrennbahn. Für die Mönchengladbacher Politik geht beides zusammen offenbar nicht, sie gibt dem Radweg den Vorzug. Willich kündigt Widerstand an. Die Verbände fordern die Bürger jetzt auf, mitzureden.

 Ausbau der S28 und Radschnellweg in friedlicher Koexistenz, für die Mönchengladbacher Politik nicht möglich?

Ausbau der S28 und Radschnellweg in friedlicher Koexistenz, für die Mönchengladbacher Politik nicht möglich?

Foto: Kellys Grammatikou

. Mit der S-Bahn 28 nicht nur von Wuppertal bis zum Kaarster See, sondern weiter über Schiefbahn, Willich-Neersen, Mönchengladbach-Neuwerk und Bettrath-Hoven bis nach Viersen - davon träumt so mancher Pendler, besonders wenn er in Zukunft so das geplante neue Gewerbegebiet auf dem Gelände der ehemaligen Trabrennbahn Mönchengladbach erreichen kann. Dort nämlich wird mit rund 40 000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche für Büros und rund 25 000 Quadratmetern Hallenfläche für die Ansiedlung weiterer flugaffiner Unternehmen mit vorsichtig geschätzten 1 000 bis 2 000 Arbeitnehmern geplant. Doch die „Kleinigkeit“ von rund 20 Metern Bahndamm, so Detlef Neuß, Bundesvorsitzender des Fahrgastverbandes PRO Bahn, Bezirksgruppe Krefeld, Mönchengladbach, Kreis Viersen, Rhein-Kreis Neuss, sorge für Konflikstoff. Die Stadt nämlich möchte ein Stück der derzeit stillgelegten Trasse kaufen und für den geplanten Radschnellweg Krefeld-Willich-Mönchengladbach entwidmen, der an einer Stelle den Bahndamm kreuzen soll. Das jedenfalls zeichnete sich auf der letzten Sitzung des Ausschusses für Planen, Bauen und Stadtentwicklung am 2. Dezember ab. „Dabei geht problemlos beides zusammen“, sagt er. Man könne eine Unterführung bauen oder auch einen normalen Bahnübergang. Martin Asbeck, Vorsitzender des Verkehrsclub Deutschland (VCD), Kreisverband Heinsberg, Mönchengladbach, Viersen, sieht’s genauso. Der VCD setze sich dafür ein, dass vorhandene Mobilitätsformen so sinnvoll verknüpft würden, dass für die Umwelt das Beste herauskäme. Fahrrad und Bahn ständen da ganz oben auf der Liste und könnten sich wunderbar ergänzen.

Für PRO Bahn und VCD sieht es allerdings so aus, als wenn ein friedliches Nebeneinander von Bahn und Rad von Seiten der Stadt Mönchengladbach nicht gewünscht sei, wurde doch am 2. Dezember die Planung des Radschnellwegs mit Entwidmung der besagten Katasterfläche 330 zur Kenntnisnahme vorgelegt. Für dieses Vorhaben habe es nicht einmal Kontakt zu den betroffenen Nachbargemeinden Viersen, Willich und Krefeld gegeben, so Neuß, die eigentlich längst davon ausgingen, dass der S28-Ausbau eine beschlossene Sache sei. Die beiden Verbände haben nun in einem offenen Brief dazu aufgefordert, Oberbürgermeister Felix Heinrichs zu kontaktieren und dort das Thema auf den Tisch zu bringen. „In einem früheren Gespräch mit ihm sind wir eigentlich davon ausgegangen, dass er eine friedliche Koexistenz von Rad und Bahn befürwortet“, so Neuß.

Und auch der Willicher Bürgermeister Christian Pakusch wundert sich über den Gladbacher Sinneswandel, zumal eine Machbarkeitsstudie der BahnflächenEntwicklungsGesellschaft NRW sowohl den Radschnellweg als auch die S28 parallel für umsetzbar hält. Auf Anfrage des Extra-Tipp kündigte er am Donnerstag in einer Pressemitteilung Widerstand an. „Die Absicht der Stadt Mönchengladbach, mit Festschreibungen bei der 246. Änderung des Flächennutzungsplans den Radschnellweg zwischen Gladbach und Krefeld zu pushen und planungsrechtlich zu priorisieren, hat in der Willicher Stadtspitze die Alarmglocken schrillen lassen“, heißt es darin. Natürlich habe auch in Willich niemand etwas gegen den zügigen Ausbau des Radschnellwegs. Hintergrund des Willicher Unbehagens sei ein anderer: Der seit Jahren gewünschte Weiter- und Ausbau der Regiobahn S28 vom Bahnhof Kaarster See zum Bahnhof Viersen, für den man wegen bestimmter Flächen ein Einvernehmen der Stadt Mönchengladbach benötige, hänge mit dem geplanten Radschnellweg wegen der dazu benötigten Trasse unmittelbar zusammen. „Die hierfür vorgesehene und nötige Trasse über Schiefbahn und Neersen ist eisenbahnrechtlich gewidmet, wurde jahrzehntelang freigehalten.“

Christian Pakusch will jetzt kurzfristig den Kontakt zur Gladbacher Stadtspitze suchen und klären, ob die in Willich gehegte Vermutung, dass „hier auf kaltem Wege via Priorisierung Radschnellweg der Weiterbau der S28 verhindert werden“ soll, den Tatsachen entspreche. „Es kann nicht sein, dass man hier unter dem Deckmantel, ein an sich sinnvolles Projekt wie den Radschnellweg zu fördern, ein anderes, aus regionaler Sicht mindestens ebenso sinnvolles Projekt, eben den Weiterbau der S28, torpediert.“ Falls eine sinnvolle Kooperationslösung Radschnellweg/ S28 nicht möglich sei, werde die Stadt Willich alles tun, diese „durchsichtigen Gladbacher Versuche“ zu stoppen.

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz hat sich unterdessen zu Wort gemeldet: „Im nördlichen Bereich an der Stadtgrenze zu Willich kollidieren die beiden Vorhaben nach derzeitiger Planung darin, den gesamten fraglichen Bereich in das Eigentum der Stadt zu überführen und ihn umzuwidmen. Wir denken, dass sich das verhindern ließe“, so Heinz Rütten, Gutachter des BUND Mönchengladbach, in einer Stellungnahme. Es sei nicht erkennbar, dass der gesamte ausgemarkte Bereich dort für die Realisierung eines Radweges benötigt werde. Andererseits stehe aber fest, dass die dafür nicht benötigte Fläche für die Realisierung eines Lückenschlusses der Regionalbahn S28 unabdingbar sei, so Rütten weiter.

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