Warum Mehlschwalben ein Recht auf ihre Nester haben …

Hülchrath · In seiner Brust schlagen zwei Herzen: Ingo Heintzen aus Hülchrath istbesonders durch seine Kunst bekannt geworden, doch auch der Ornithologie hat er sich verschrieben.

Heintzen erklärt, warum die Ornithologie noch so viel mehr ist, als einfach "Vögel beobachten"... "Bereits in der Schule haben sich meine Interessen herauskristallisiert", erzählt Ingo Heintzen, "besonders Kunst und Biologie fand ich spannend." Nach seinem Abschluss hatte zunächst die Kunst die Oberhand, er studierte Grafik-Design in Bremen und heute wird seine Dispersionsmalerei auf Eisenplatten bei Kennern sehr geschätzt. Seit dem 5. November können Kunstliebhaber seine "rostigen Kunstwerke" übrigens bei einer Ausstellung im Kloster Langwaden zu sehen bekommen.

Seine Kunst nimmt viel Zeit in Anspruch, doch der Hülchrather erklärt: "Es gibt für mich eine ganz einfache Grundformel: Gutes Wetter ist Vogelwetter, schlechtes Wetter ist Kunstwetter." Wenn die Sonne scheint,
zieht der Privatier in den frühen Morgenstunden also hinaus in die Wälder und das gesamte Areal rund um Hülchrath. Er macht sich auf die Suche nach Vögeln, manchmal auch in Begleitung seiner Ehefrau. Sein Notizbuch und sein Fernglas dürfen dabei nicht fehlen, auch wenn er letzteres
nicht immer braucht, denn er erkennt die Vögel auch an ihren Rufen. Und
ist eine seltenere Art dabei, weiß er das sofort.

Heintzen erzählt: "Viele wissen so wenig über die Umwelt. Ich wollte einfach mehr wissen, ich war neugierig. Bereits in früher Kindheit haben Vögel eine große Faszination auf mich ausgeübt, sie waren etwas Schönes, Lebendiges und Bewegliches... Entstand mein Interesse früher aus reiner Ästhetik heraus, ist es heute etwas völlig anderes: der Naturschutz." Denn Ingo Heintzen weiß, dass sein seltenes Hobby
nicht nur ihm selbst nützt. "Mir ist bewusst, dass viele Menschen die Vogelkunde belächeln. Dabei ist es eine ernsthafte Angelegenheit. An
der Verbreitung der Vogelarten können Ornithologen viel ablesen, denn die Vögel stehen am Ende der Nahrungskette und sind somit nur die Spitze des Eisbergs.

Stirbt eine Vogelart aus, fehlt sie an anderer Stelle als Futterquelle und das zieht sich dann wie ein roter Faden durch die Umgebung, was eine ganze
Landschaft zerstören kann." Verändert sich also die Natur, wandern Vögel ab oder neue Arten hinzu, kann Heintzen auf seine langjährige Erfahrung zurückgreifen und seine Schlüsse ziehen, wie es um die Umweltbedingungen der Umgebung bestellt ist. Das kann zuweilen eine
traurige Erfahrung sein. Seit knapp 30 Jahren "begeht" er das Areal Hülchrath und hat in all den Jahren Notizen zusammengestellt, die ihm
die Veränderungen genau vor Augen führen.

"Manchmal gehe ich mit gemischten Gefühlen an die Arbeit — Trauer,
Wut oder auch Freude, aber immer mit Leidenschaft." Seine gesammelten Daten gibt er zum Teil auch an ornithologische Dienste oder Naturschutzorganisationen weiter, damit auf dieser Basis an Verbesserungen gearbeitet werden kann. Deshalb nützt seine Arbeit
als Hobby-Ornithologe im weiteren Sinn auch der Dorfgemeinschaft
Hülchrath, was ihm besonders wichtig ist: "Die Informationen die ich
sammle können beispielsweise Wettbewerbe wie ,Unser Dorf hat Zukunft‘ unterstützen", weiß Heintzen, "so konnte die Dorfgemeinschaft
unter anderem auf Anregung des stellvertretenden Vorsitzenden Paul Steins das so genannte ,Travogelhaus‘ verwirklichen."

Vor drei Jahren wurde das ehemalige Trafohaus am Kirmesplatz umfunktioniert, Ingo Heintzen hat sich mit Leib und Seele der Ornithologie verschrieben. Mit seinen Informationen hilft er der Umwelt. bietet inzwischen Mehlschwalben, Fledermäusen, Sperlingen und Schleiereulen Brutplätze. "Für diese Arten ist es in den vergangenen Jahren schwieriger geworden, Nistplätze zu finden — jetzt können sie sich im wahrsten Sinne des Wortes ins gemachte Nest setzen", freut sich der Ornithologe.

Auch Kindergärten unterstützt er bei der Installation von Nisthilfen, klärt die
Menschen über die Mehlschwalbe auf und passt auf, dass deren Nester nicht entfernt werden. Auf dem neuen jüdischen Friedhof soll ein
Turmfalkenhaus an einer Stange befestigt werden. Heintzens unermüdlicher Einsatz für die Vogelartenvielfalt Hülchraths soll Aufmerksamkeit erregen: "Die Menschen sollen ihre Augen und Ohren für die Natur öffnen", hofft der Hobby-Ornithologe und erklärt: "Als Ornithologe kann man sich nicht nur mit Vögeln auskennen, man muss auch über
die Botanik und die Natur im allgemeinen Bescheid wissen. Sonst könnte man keine Indikatoren für die An- oder Abwesenheit verschiedener
Arten oder die Zusammenhänge der Pflanzen- und Tierwelt erkennen", weiß er.

"Man kann also nicht einfach nur Vögel als solche betrachten und den Rest ignorieren. Es gibt eine Kette, die alles miteinander verbindet und durch die Zerstörung einer Art kann schnell ein ganzes Habitat zerstört werden."
Glücklicherweise hat der Vogelkundler in Hülchrath viel zu tun, denn im Ort
hat er tolle 63 ansässige Arten gezählt, was seiner Meinung nach unter anderem Schloss Hülchrath zu verdanken ist. "Dort gibt es Dullen, Schleiereulen, Turmfalken und viele Fledermäuse", weiß Heintzen.
Für ihn geht es jetzt in die zweite Hauptsaison des Vogelkundlerjahres, denn im Herbst gibt es viel zu sehen. Die Arten bereiten sich jetzt
auf die kalten Wintermonate vor oder ziehen gen Süden. Besonders spannend wird es dann wieder im Frühjahr, wenn die Tierchen
erwachen und in ihre Heimat zurückkehren...

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