Regimentsfahne der Jüchener Schützen restauriert Prunkstück erstrahlt in neuem Glanz

Jüchen · Es war höchste Gefahr in Verzug: Die Regimentsfahne des Bürgerschützen- und Heimatvereins Jüchen 1880 (BSHV) war in einem beklagenswerten Zustand. Die wertvolle Seide, auf die die noch wertvolleren Handstickereien aufgebracht waren, begann, sich aufzulösen. Überall an diesem Prunkstück nagte der Zahn der Zeit, wurden Spuren einer nicht immer sachgerechten Lagerung sichtbar.

Regimentsfahne der Jüchener Schützen restauriert​
Foto: Bürgerschützen- und Heimatverein Jüchen

„Klar,“ so BSHV-Präsident Thomas Lindgens, „das gute Stück ist jetzt seit drei Jahrzehnten in Gebrauch, wurde bei allen Gelegenheiten immer wieder innen wie unter freiem Himmel mitgeführt.“ Am 27. Februar 1994 war die von einer Bonner Stickmeisterin in Handarbeit hergestellte Fahne geweiht worden. Sie zeigt auf einer Seite das Wappen des BSHV, auf der anderen Seite in feinster Nadel-Malerei das Jüchener Haus Katz. Alexander Tetzlaff, Gemeindereferent der Jakobusgemeinde, im Hobby-Nebenberuf Sticker, nahm sich des guten Stücks an und wagte sich an die schwierige Operation.

„Da war zunächst einmal eine genaue Untersuchung angesagt. Der zwischen den beiden bestickten Seiten der Fahne fixierte Nesselstoff, der zur Stabilisierung beitragen soll, hatte sich aus seiner Halterung gelöst und war zusammengerutscht. Der Trägerstoff für die Stickereien war teilweise durchgeschlissen, die umlaufende goldene Fransenborte wies einige Schäden auf,“ erläutert Tetzlaff.

Der Experte präsentierte seine Untersuchungsergebnisse während der Januar-Klausur dem BSHV-Vorstand und machte gleichzeitig Vorschläge, wie die Fahne wieder in einen einsetzbaren Zustand versetzt werden könnte. „Der Vorstand entschied sich, die ursprünglichen, hochwertigen Seidenstoffe zu erneuern und auch eine neue Goldfransen-Borte anzulegen,“ erinnert sich Alexander Tetzlaff. Das bedeutete für ihn, sich zunächst auf die Suche nach den Stoffen zu machen. Gut vernetzt in der Szene für hochwertige Stickereien wurde er schnell fündig: „Mit der Firma Dutzenberg bin ich in Krefeld immer sehr gut gefahren – so auch dieses Mal.“

Dass es mit Krefeld ganz in der Nähe ist, liegt an der historischen Tatsache, dass die „Seidenstadt“, wie sie bis heute auch genannt wird, im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert europaweit das Zentrum für solche hochwertigen Handarbeiten war. „Leider ist dort dieser gesamte Industrie- und Handwerkszweig bis auf ganz wenige kleine Betriebe untergegangen. Ich rufe die Inhaberin immer mit der Angst im Nacken an, dass auch sie mir ihre Betriebsaufgabe ankündigt,“ so Tetzlaff weiter. Für dieses Mal hat es aber noch geklappt – und schon wenig später trafen die gewünschten Seidenstoffe in der Keyenberger Stick-Werkstatt ein.

„Die Stoffe sind nicht ganz billig – denn bei einem Meterpreis um die 200 Euro muss man schon höllisch aufpassen und jeden Schnitt ganz exakt und präzise planen, bevor man die Schere ansetzt.“ Und da hilft nur die Ruhe, die er selbst auch ausstrahlt. Die nächste Herausforderung war, die wertvollen Stickereien aus dem alten Trägerstoff auszuschneiden – auch da durfte nichts schiefgehen. „Ist es auch nicht,“ lacht der Sticker und präsentiert das Ergebnis seiner Arbeit. „Was mich fasziniert, ist die Bleichfestigkeit vor allem der dunkelblauen Seide,“ so Tetzlaff. Der Stoff sei zwar verschlissen gewesen – aber seine Farbe hat er nicht eingebüßt, obwohl eine solche Fahne natürlich auch kilometerweit durch sengende Sonne getragen werde. „An den applizierten Stickereien sieht man immer eine kleine Kante des ursprünglichen Stoffs. Aber hier ist null Farbunterschied zu bemerken – ein Beweis für die hohe Qualität des 30 Jahre alten Seidengewebes.“

Präsident Thomas Lindgens zeigte sich begeistert von der Arbeit Alexander Tetzlaffs: „Die Fahne ist wie neu! Ein echter Schatz unseres Regimentes ist wieder erstanden.“ Am Schützenfest-Sonntag, 26. Mai, wird die Fahne während des Festgottesdienstes in der Jakobuskirche um 9.30 Uhr neu eingesegnet. „Und das nicht allein,“ wie Vizepräsident Jens Jagdfeld anmerkt. „Auch die Standarte meines Pionierzuges wurde von Alex Tetzlaff überarbeitet und restauriert – klar dass auch sie neu eingesegnet wird.“ Und was die künftige Lagerung der Regimentsfahne angeht, gibt es bereits erste Überlegungen. Regimentsadjutant Marc Reipen: „Wir sind da in ersten Gesprächen und ich bin zuversichtlich, dass wir das gute Stück adäquat unterbringen werden.“

Alle Informationen auch im Internet unter www.bshv-juechen.de sowie bei face-book unter „Bürgerschützen- und Heimatverein Jüchen 1880 e.V.“.