„HC“ Markert: „Ich will eine bürgernähere Polizei, eine bürgernähere Politik, ein bürgernäheres Leben“

Erft-Kurier: · Schon als Kind wurde am Esstisch über Politik diskutiert, seit seiner Jugend engagiert er sich für die Grünen und möchte jetzt gemeinsam mit SPD, Grünen, „Piraten“, Linkspartei und der Wählergemeinschaft „Die Aktive“ als „Bürger-Landrat“ für frischen Wind in der Kreisverwaltung sorgen: Hans Christian „HC“ Markert war gemeinsam mit seinem Wahlkampfleiter Jascha Huschauer in der Erft-Kurier-Redaktion zu Besuch.

 Hans Christian Markert und Jascha Huschauer besuchten die Stadt-Kurier-Redaktion und sprachen über die Kreisverwaltung, die Polizei und Bürgernähe.

Hans Christian Markert und Jascha Huschauer besuchten die Stadt-Kurier-Redaktion und sprachen über die Kreisverwaltung, die Polizei und Bürgernähe.

Foto: Foto: Thomas Broich

Herr Markert, diese Frage bekommen Sie bestimmt oft zu hören: Was ist ein „Bürger-Landrat“?

Markert:

In erster Linie ist das ein politischer Anspruch, den ich nach außen tragen möchte. Ich möchte die Menschen in Zukunft mehr in Entscheidungen einbinden und einen engeren Umgang mit ihnen pflegen. Das heißt, ich will eine bürgernähere Polizei, eine bürgernähere Politik und eine bürgernähere Verwaltung.

Erft-Kurier:

Warum ist Amtsinhaber Hans-Jürgen Petrauschke in Ihren Augen kein Bürger-Landrat?

Markert:

Urteile zu fällen steht mir an dieser Stelle nicht zu. Ich habe nur bei Herrn Petrauschke den Eindruck, dass er seine eigenen Ideen umsetzt, ohne Rücksprache mit den Bürgern zu halten. Auch über ihre Köpfe hinweg. So zum Beispiel beim Konverter. Seit der verlorenen Stadtratswahl ist sogar die CDU Kaarst im Kampf gegen den Konverter mit an vorderster Front – da scheint es auch parteiintern Kommunikationsschwierigkeiten zu geben. Ich stehe für eine Kultur des Miteinanders.

Erft-Kurier:

Ist eine bürgernahe Politik in Neuss schwerer als in anderen Städten?

Markert:

Mit Blick auf das Verhältnis zwischen der Stadt Neuss und dem Rhein-Kreis gibt es aktuell ein paar interessante Entwicklungen. Bürgermeister Herbert Napp hat jetzt gefordert, ihn als Bürgermeister ernster zu nehmen. Wenn Reiner Breuer und ich gewählt werden, werden wir eng zusammen arbeiten. Das ist beispielsweise für eine erfolgreiche Wirtschaftsförderung auch nötig. Die Kommunen haben die Gewerbegebiete, auf denen die Entwicklung der regionalen Wirtschaft vorangetrieben werden kann. Deshalb möchte ich die Wirtschaftsförderung näher an die Kommunen herantragen. Es gibt gerade einige Unternehmen, die sich im Rhein-Kreis ansiedeln möchten. Warum ist man bisher nicht auf diese Unternehmen zugegangen, um gemeinsam mit den Bürgermeistern den Standort zu stärken? Eine solche Zusammenarbeit spart Kosten und rückt den Kreis näher zusammen.

Erft-Kurier:

Neuss ist eine große Stadt mit über 150.000 Einwohnern. Gewöhnlich gehören so große Städte keinem Kreis an. Haben Sie vor, daran etwas zu ändern?

Markert:

Wäre ich im Jahr 1975 dabei gewesen, hätte ich mit Sicherheit einiges anders gemacht. Aber die Alternativen waren damals, dass Neuss an Düsseldorf angeschlossen oder in den Kreis integriert wird. Der Vorschlag, Neuss jetzt wieder abzuspalten, setzt viel Bürokratie voraus. Uns ist im Kreistag bewusst, dass Neuss eine Sonderrolle zukommt – da möchte ich auf mehr Autonomie setzen und auf Augenhöhe zusammen arbeiten.

Erft-Kurier:

Kreistags-Abgeordneter Rainer Thiel ist der Meinung, es gäbe zu viele Verwaltungsebenen und wenn man eine abschaffen könne, dann den Kreis. Wie sehen Sie das?

Markert:

Wir brauchen die Kreisverwaltung, wir müssen nur die Aufgaben besser überblicken. Dafür müssen wir interkommunal für mehr Zusammenarbeit sorgen.

Erft-Kurier:

Ein Beispiel: Das Thema „Braunkohle“ ist ein überregionaler Aufreger. Wie schaffen Sie persönlich den Spagat zwischen den Grünen im Land und den Grevenbroichern?

Markert:

Ich bin der Landratskandidat von fünf Parteien und habe als Person ein eigenständiges Profil und möchte keine Symbolpolitik betreiben. Wir brauchen einen Strukturwandel und den möchte ich dadurch erreichen, dass ich mich mit den Beschäftigten, den Unternehmen und Bürgern im Kreis an einen Tisch setze. Ich bin zwar ein Grüner, deshalb bedeutet Nachhaltigkeit für mich aber nicht Öko pur. Nachhaltigkeit ist nicht nur eine Umweltfrage, sondern auch eine soziale und eine wirtschaftliche.

Erft-Kurier:

Der Rhein-Kreis ist politisch gesehen schon sehr lange schwarz. Sind Sie der neue Winfried Kretschmann (der erste von „Bündnis 90/Die Grünen“ gestellte Ministerpräsident eines deutschen Landes, Anm. d. Redaktion)?

Markert:

Mit Winfried Kretschmann möchte ich mich nicht vergleichen, denn das was er geschafft hat, habe ich noch nicht geschafft. Darüber entscheiden am 13. September die Wählerinnen und Wähler. Man findet Lösungen nur mit den Menschen, durch zuhören und nachfragen.

Erft-Kurier:

Die CDU bröckelt im ganzen Kreis, hat in den letzten Wahlen immer wieder viele Stimmen verloren. Jetzt haben viele Wähler Angst, dass ein Wechsel nach all den Jahren zu extrem wäre und Sie Ihre Parteikollegen in die Kreisverwaltung schleusen. Wie nehmen Sie den Wählern diese Angst?

Markert:

Ich bin nicht sicher, ob die Wähler an dieser Stelle wirklich nach dem Parteibuch gehen. Die Wahl ist ja eine Personenwahl, keine Parteiwahl. Außerdem wäre es weder möglich, noch von mir gewollt, beispielsweise „nur Sozis“ in die Kreisverwaltung zu holen Die Mitarbeiter in der Kreisverwaltung machen ihren Job gut, ich möchte auf sie zugehen und Seite an Seite bürgernahe Politik betreiben.

Erft-Kurier:

Sie nannten zu Beginn des Gesprächs das Stichwort „bürgernahe Polizei“. Was kann man sich darunter vorstellen?

Markert:

Hans-Jürgen Petrauschke hat schon zurecht gesagt, dass die Möglichkeiten, dort etwas zu ändern, begrenzt sind. Trotzdem möchte ich mit einer anderen Herangehensweise Bürgernähe fördern. So wie ich als Bürger-Landrat auch nach der Wahl die Amtsstube oft verlassen werde, um mit den Menschen in Kontakt zu kommen, soll es auch die Polizei tun. Mehr Beamte auf den Straßen sollen sozusagen das Pendant zum Bürger-Landrat sein. So können besorgte Bürger ihre Fragen zum Beispiel direkt an die Beamten stellen und bürokratische Wege verkürzen. Einen Schwerpunkt möchte ich auf die Bekämpfung der Einbrüche legen. Der Rhein-Kreis ist sehr gut an die Autobahn angebunden, weshalb viele Banden nach den Einbrüchen schnell das Weite suchen können. Diesen Missstand werde ich mit unseren Polizistinnen und Polizisten schnell angehen.

Erft-Kurier:

Die Nachbarstadt Düsseldorf setzt jetzt ein Zeichen und möchte eine Stelle zur streng regulierten Abgabe von Cannabis an Volljährige einrichten. Wie stehen Sie dazu?

Markert:

Cannabis habe ich selber noch nie ausprobiert, trinke lieber mal ein Bier oder ein Glas Wein. Aber ich bin schon der Meinung, dass auch hochprozentiger Alkohol zu den harten Drogen gehört. Die Grenzen zwischen „Genussmittel“ und „Drogen“ verschwimmen leider stark und für die Polizisten vor Ort ist es häufig schwierig zu differenzieren. Aber verstehen Sie mich nicht falsch, ich möchte Cannabis nicht verharmlosen. Ein großes Problem mit Cannabis ist heute die Verunreinigungen durch die Händler – das kann gesundheitlich sehr gefährlich werden. Durch eine kontrollierte Abgabe können diese Risiken minimiert werden. Wichtig ist eine gründliche Aufklärung.

Erft-Kurier:

Viele Politiker behaupten, es gäbe in Neuss keine Armut. Was sagen Sie?

Markert:

Ich betreibe Haustürwahlkampf. Das heißt: Ich gehe von Tür zu Tür und spreche mit den Menschen. Da sehe ich mitunter Dinge, die mich richtig mitnehmen. Ja, statistisch ist der Kreis gut aufgestellt. Was die Politik allerdings gerne ausblendet, sind die hohe Langzeitarbeitslosigkeit, die Wohnungsnot und Kinderarmut. Das ist eine Schande für den Kreis. Wenn ich Landrat werde, möchte ich eine „Kultur des Hinschauens“ entwickeln. Sowohl der Einsatz für die Flüchtlinge als auch die Bekämpfung der Armut, sind zwei Seiten einer Medaille in unserer christlich geprägten Kultur. Den vielen Ehrenamtlern, die aktive Hilfe leisten, gilt mein besonderer Dank. Leider sehen sie sich oft einem großen bürokratischen Aufwand gegenüber. Das möchte ich ändern. Beispielsweise werde ich einen Brauchtumsbeauftragten ernennen. Der soll beispielsweise Schützen und Karnevalisten bei der Bewältigung bürokratischer Hürden zur Seite steht.

Erft-Kurier:

Warum glauben Sie, dass Sie die Wahl für sich gewinnen können?

Markert:

Meine Stärke ist die Nähe zu den Menschen und der große Rückhalt der fünf Parteien, die mich tragen. Die Stimmung ist positiv, die Chance auf einen Wechsel groß wie selten zuvor.

(Kurier-Verlag)
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