Die singenden Geschwister Keine Angst vor den großen Soli
Grevenbroich · „Wenn ich anfange zu singen, ist die Nervosität weg. Und ich habe Spaß an der Musik und am Singen. Und vor allem daran, den anderen den Spaß an der Musik zu überbringen.“ Für Johanna Berkner, 16-jährige Schülerin des Pascal-Gymnasiums, die im November Solo-Parts bei „Menorah“ und bei „Hurra, wir leben noch“ (zwei besondere Konzertabende ihrer Schule) übernommen hat, ist das „Abliefern“ vor Publikum längst keine Besonderheit: Zum einen hat sie in der evangelischen Jugendkantorei seit Kinderbeinen an Erfahrungen sammeln können. Zum anderen ist auch ihr älterer Bruder Fabian ebenfalls als hoch talentierter Geiger und Sänger unterwegs.
Dabei hat Fabian Berkner (19) sein Abitur schon hinter sich und studiert inzwischen in Aachen Informatik. Er sollte eigentlich bei der VIP-Inszenierung Anfang 2020 seinen großen Auftritt in der Revue „Berlin, Berlin – 30 Jahre Mauerfall“ haben. Doch dann kam Corona und die hochbeliebten und traditionsreichen VIP-Abende fielen aus.
„Vor Corona gab es am Pascal-Gymnasium eine sehr aktive Chorlandschaft“, seufzt in diesem Zusammenhang Stefan Krüger, Musiklehrer und musikalischer Leiter bei den genannten Veranstaltungen. Jetzt gehe es darum, „mit voller Kraft“ das alles wieder aufzubauen. Denn das Chorwesen hat in den beiden Lockdown-Jahren schon deutlich gelitten. Landesweit machen Chöre dicht, geben Gesangsgruppen auf. „Unser Forum bietet eigentlich ideale Probebedingungen. Auch unter Corona-Verhältnissen“, resümiert Krüger: Der große Raum, die hohen Decken und die Lüftungsanlagen hätten jeweils einen recht frühen Wieder-Start ermöglicht.
Und doch fand die Berlin-Revue nie statt. „Alles war fertig. Es fehlten nur noch Generalprobe und Premiere“, kommentiert Fabian Berkner bittersüß. Das wäre „kein Drama, aber schon sehr schade“ gewesen. Als „Wiedergutmachung“ durfte er einen der Songs bei „Hurra, wir leben noch“ „nachliefern“.
Seine ersten Auftritte und Soli hatte er wie seine Schwester in der Jugendkantorei unter der Leitung von Karl-Georg Brumm, in dessen Kinderchor er begann. Allein zu singen vor vielen Leuten, das habe er also schon ein paarmal gemacht, wiegelt er im Interview ab. „Es macht einfach Spaß, den Leuten die Musik und damit auch die Message rüber zu bringen“, betont Fabian Berkner. Er könne mit seiner Interpretation auch seine ganz eigene Sichtweise, Geschichte erzählen. „Und es ist super spannend, zu sehen, wie die ankommt.“ Das Schöne an der Musik sei, dass es nicht um „falsch“ oder „richtig“ gehe. Vielmehr gelte: „Jeder findet sich irgendwo wieder…“
Ähnlich schwärmt Johanna Berkner, die einen vergleichbaren Weg mit Start im Brumm´schen Kinderchor gegangen ist. Im vergangenen Jahr hatte sie dann am „Menorah“-Abend ihr erstes Solo im Rahmen des „Pascals“. Damals hatte Krüger in der Klasse nach der Bereitschaft für Soli gefragt. In diesem Jahr sang sie jüdische Balladen und Partisanenlieder. Bei „Hurra, wir leben noch“ waren es dann ukrainische Volkslieder (in deutscher Übersetzung).
Dabei ist „Entdecken in den Klassen“ für Stefan Krüger langjährige und erfolgreiche Praxis. Er lacht: „Manchmal gibt es ganz tolle Talente, die gar nicht wissen, was sie für ein Talent haben.“ Und die hätten zu Corona-Zeiten nun mal leider keine Chance gehabt, sich auszuprobieren. Er fügt an: „Mein Job, meine Herausforderung ist es, sie zu ermutigen. Den Kontrastfall gibt es natürlich auch: Leute, die glauben, singen zu können, nur weil sie in einer Karaoke-Bar was mitgebrüllt haben.“
Zum Glück sind die beiden Berkners „von Kind an zum Chor gegangen“. Zwei Solisten, von denen Krüger noch lange profitieren möchte: Der Bruder kann als Ehemaliger im Chor: „Pascal Vocal“ Zeichen setzen. Und für die Schwester könnte im kommenden Januar ihr „VIP-Projekt“ beginnen…