Bürgermeisterkandidat Philipp Sieben im Interview „Ich bleibe parteilos, das wird sich nicht ändern“

Jüchen „ · Drei Kandidaten treten bei der Kommunalwahl am 14. September um das Amt des Jüchener Bürgermeisters an: Tobias Hekermann (Die PARTEI), Philipp Sieben (parteilos, unterstützt von der SPD) und der amtierende Bürgermeister Harald Zillikens (CDU). Der Top-Kurier hat bei allen Kandidaten nachgefragt, warum sie sich für dieses Amt bewerben und welche Ziele sie verfolgen. In dieser Ausgabe: Philipp Sieben.

Philipp Sieben, parteiloser Bürgermeisterkandidat, will frischen Wind ins Rathaus bringen.

Foto: Kurier Verlag GmbH/Daniela Furth

Ich bin der Meinung, dass es nach so einer langen Amtszeit an der Zeit für jemand Neues und neue Ideen ist. Demokratie lebt vom Wechsel“, bringt Philipp Sieben seine Motivation, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren, auf den Punkt. Hätte es einen anderen guten Kandidaten gegeben, wäre er übrigens nicht angetreten. Denn natürlich bedeute dieses Amt auch, zeitliche Opfer bringen zu müssen. Von daher sei es letztlich eine Familienentscheidung, Philipp Sieben lebt mit Frau und Tochter in Otzenrath, gewesen: „Ich habe lange mit meiner Frau darüber gesprochen. Sie unterstützt mich, am Ende haben wir beide gesagt, ich probiere es.“

Neben der Auffassung, dass es Zeit für frischen Wind im Rathaus wäre, gibt es insbesondere ein Thema, das ausschlaggebend für Siebens Kandidatur war: der Umgang mit den Finanzen der Stadt. Es werde „ausgeblendet“, dass gespart werden müsse, und vieles „ins Blaue hinein“ entscheiden. Ein besonderer Dorn im Auge ist ihm dabei die Schaffung einer Referentenstelle außerhalb des Stellenplans. „Den regulären Weg, dass man darüber in den Haushaltsberatungen spricht, hat man quasi ausgeklammert“, erklärt Sieben, „wenn die Haushaltssituation so angespannt ist und man dann eine solche Stelle schafft, kann man das den Bürgern nicht vermitteln.“

Den Haushalt kritisch zu hinterfragen, ist übrigens Teil der großen Schnittmenge an Gemeinsamkeiten zwischen Philipp Sieben und der SPD Jüchen, die den parteilosen Kandidaten unterstützt. Vor seiner offiziellen Kandidatur ging der 39-Jährige auf alle demokratischen Parteien Jüchens zu, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen: Wer möchte eine Veränderung und ist bereit, mitzumachen? Wo gibt es Schnittmengen? Gedanklich offen sei am Ende nur die SPD Jüchen gewesen.

Dass Philipp Sieben jedoch parteilos antritt, war für ihn von Anfang an klar. Er habe bisher immer den Weg verfolgt, aufgrund seiner Leistung voranzukommen, nicht wegen eines bestimmten Parteibuchs. Und das werde er weiter so handhaben. Darin sieht Sieben obendrein einen Vorteil im Falle seiner Wahl: „Das macht es viel einfacher, unvoreingenommen mit allen Parteien zu sprechen. Ich möchte ein Bürgermeister sein, der alle Ideen aufgreift. Egal, von welcher demokratischen Partei diese kommt.“ Und er betont: „Ich bleibe parteilos, das wird sich auch nicht ändern.“

Da verwundert es auch nicht, dass sich der Otzenrather eher als Verwaltungsexperte denn als Politiker sieht. In der Kreisverwaltung Heinsberg machte er seine Ausbildung, anschließend arbeitete er sechs Jahre im Ordnungs- und Liegenschaftsamt der damaligen Gemeinde Jüchen, ehe er weitere Erfahrungen als Fachbereichsleiter in den Stadtverwaltungen von Hemer und Tönisvorst sowie im Kultur- und Wissenschaftsministerium des Landes NRW sammelte. Aktuell wirkt er als Regierungsdirektor und Hauptdezernent im Dezernat 20 in der Bezirksregierung Köln.

Durch seine Arbeit im Ministerium und verschiedenen Kommunen glaubt Philipp Sieben, einen anderen Blickwinkel als Bürgermeister einbringen zu können. „Einen gewissen juristischen und betriebswirtschaftlichen Hintergrund zu haben sowie die Verwaltungsstrukturen zu kennen und Führungserfahrung zu haben, ist auch nicht verkehrt“, erklärt er.

Und welche Themen würden für Philipp Sieben als Bürgermeister auf der Agenda stehen? „Es gibt Dinge, die laufen in Jüchen besser als anderswo. Ich habe aber auch gesehen, dass es noch Luft nach oben gibt.“ Da wäre zum Beispiel das Thema Mobilität. Einen Bürgerbus – von der Stadt finanziert und von Ehrenamtlern gefahren – würde Philipp Sieben gerne etablieren, um auch die kleineren Ortschaften besser anzubinden. Das Konzept kenne er aus seiner Zeit in Tönisvorst, wo das Angebot gut angenommen werde: „Ich bin ein Freund davon, gute Ideen zu kopieren.“

Auch beim Thema Gewerbeflächen möchte der 39-Jährige ein Umdenken anregen, um mehr Gewerbesteuern einzunehmen. Seine Idee: Statt großer Logistiker, die viel Fläche verbrauchen und vergleichsweise wenig Arbeitsplätze in die Stadt bringen würden, eher kleinere, personalintensivere Firmen anzusiedeln.

Über diese und weitere Themen können interessierte Bürger im Rahmen der SPD-Veranstaltungsreihe „Rotes Sofa on Tour“ mit Philipp Sieben ins Gespräch kommen. Eine Wechselstimmung sei zu erkennen, erzählt der Bürgermeisterkandidat nach den ersten Terminen. Manch einem müsse er jedoch verdeutlichen, dass eine Stimme für ihn nicht direkt eine Stimme für die SPD bei der Kommunalwahl bedeute. Denn natürlich können Stimmen für das Bürgermeisteramt und die einzelnen Wahlbezirke unabhängig voneinander vergeben werden.

So, wie er jetzt auf die Menschen zugeht, möchte Philipp Sieben auch als Bürgermeister sein: „Ich würde in die Dörfer gehen und vor Ort mit den Leuten in den Austausch gehen. Ihre Bedürfnisse ernst nehmen. Denn ich habe in den bisherigen Gesprächen gemerkt, dass man sich einen Bürgermeister wünscht, der zuhört und versucht, Lösungen zu finden.“ Daher ruft er die Bürger auf, ihre Stimme bei der Kommunalwahl zu nutzen. Denn jetzt sei die Chance da, die seit Jahrzehnten bestehenden Verhältnisse zu verändern.

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