Bürgermeisterkandidat Tobias Hekermann (Die PARTEI) im Interview „Mich hat das Schicksal dieser Stadt bewegt“

Jüchen · Drei Kandidaten treten bei der Kommunalwahl am 14. September um das Amt des Jüchener Bürgermeisters an: Tobias Hekermann (Die PARTEI), Philipp Sieben (parteilos, unterstützt von der SPD) und der amtierende Bürgermeister Harald Zillikens (CDU). Der Top-Kurier hat die Kandidaten zu Interviews getroffen. Den Anfang macht Tobias Hekermann.

Das Rathaus würde Tobias Hekermann im Falle seiner Wahl selten sehen. Er plant, viel im Homeoffice zu arbeiten.

Foto: Kurier Verlag GmbH/Daniela Furth

Es ist erst der zweite Besuch in Jüchen für Tobias Hekermann, als er sich mit dem Top-Kurier am Rathaus trifft, von wo es dann weiter zum Markt geht. „Aber es kommt mir schon vor wie Heimat“, erklärt der Bürgermeisterkandidat von Die PARTEI. Eine recht kuriose Ausgangslage, wenn man bedenkt, um welches Amt er sich bewirbt. Doch dass die Satire-Partei gerne andere, unkonventionelle Wege geht, um in der Politik mitzumischen – oder sie aufzumischen –, ist längst bekannt.

Was verschlägt Tobias Hekermann, der mit seiner Familie samt Hund in Ratingen lebt, nun also nach Jüchen? „Mich hat das Schicksal dieser Stadt bewegt, dass hier seit Ewigkeiten ein CDU-Bürgermeister mit absoluter Mehrheit im ersten Wahlgang gewählt wird“, so Hekermann, „von daher habe ich beschlossen, ich kann die Jüchen nicht einfach der CDU überlassen. Es trifft mich, dass man sich dem Schicksal so ergeben hat.“ Der zweite Grund sei schlicht und einfach, dass Philip Strauß (Vorsitzender Die PARTEI Rhein-Kreis Neuss) ihn angerufen habe, weil er einen Bürgermeisterkandidaten für Jüchen gesucht habe.

Kleiner Exkurs: Es ist kein Tipp-Fehler, dass Tobias Hekermann weiter oben von „die Jüchen“ spricht. Er erklärt, dass Die PARTEI „wirklich inklusiv“ arbeite und beispielsweise in Ratingen Anträge immer in femininer Form verfasse. Und da das Wort „Jüchenerinnen“ schlichtweg zu lang sei, habe man sich auf den neutralen Begriff „Jüchen“ geeinigt, der „alle, Kinder, Senioren, Migranten, mit einschließt“.

Der 48-Jährige ist bereits seit 1992 politisch aktiv und seit 2019 Mitglied der PARTEI. In seiner Heimat Ratingen sitzt er für Die PARTEI auch im Stadtrat und plant mit der Fraktion den Wiedereinzug. „Ich gedenke aber natürlich, mein Ratsmandat zugunsten des Bürgermeisteramts abzugeben.“ Seine Heimat werde er allerdings nicht verlassen, denn seine Frau habe gesagt, dass sie auf keinen Fall nach Jüchen ziehen werde. „Man kann ja aber den Großteil der Arbeiten einer solchen Kleinstadt im Homeoffice erledigen. Mittelfristig, im Rahmen meiner zehn- bis 15-jährigen Amtszeit, werde ich zumindest einen Zweitwohnsitz in Jüchen anpeilen“, so Hekermann.

Weit in die Zukunft blickt der Bürgermeisterkandidat der Satire-Partei, wenn er gleich von einer so langen Amtszeit spricht. Bei seiner Agenda für die diesjährige Kommunalwahl denkt er jedoch kurzfristiger. Genauer gesagt verspricht er einiges für die ersten 100 Tage seiner möglichen Amtszeit: „80 Millionen in die Bildung zu investieren, wie die CDU es verspricht, ist mir zu wenig. Ich plane, 81 Millionen Euro zu investieren.“ Außerdem sei er bei seiner Recherche über die Stadt Jüchen (auf der städtischen Homepage und Wikipedia) auf „den wunderbaren Ort Garzweiler“ gestoßen. Er plane, den Tagebau in ,Zillikens Valley‘ umzubenennen und nachhaltig Freizeittourismus zu etablieren, was zum Aufschwung für die Kommunen führe.

„Was auf unseren Wahlplakaten steht, setze ich auch um“, verspricht der 48-Jährige, „ich plane, mit harter Hand durchzuregieren. Und die Ratsmehrheiten sind so zu organisieren, dass ich die angekündigten Projekte umgesetzt bekomme.“ Denn das ist ihm bei seinen Plänen bewusst: Solle er gewählt werden, müsse er mit wechselnden Ratsmehrheiten arbeiten. Denn er tritt zwar als Bürgermeister für Die PARTEI an, die Satire-Partei an sich ist aber nicht bei der Kommunalwahl in Jüchen vertreten.

Während Tobias Hekermann nach einer möglichen Wahl zum Bürgermeister auf „sinnfreie Dinge wie Bürgersprechstunden“ verzichten würde („Es wird alles vom Rathaus aus entschieden. Die Bürger wissen schließlich, wen sie gewählt haben.“), sucht er im Wahlkampf den Kontakt zu „den Jüchen“. Während seiner (zwei) Besuche in Jüchen sei er bereits mit mehreren Anwohnern ins Gespräch gekommen und habe sich auch die Probleme von Mitarbeitern des Rathauses angehört. „Da fühle ich mich inhaltlich und politisch gut gerüstet für das, was vor mir liegt“, betont Hekermann, der vom Unmut der Bevölkerung über die Wirtschafts- und Standortpolitik spricht, „der Fisch Jüchen stinkt vom Kopf her“.

Bei zwei Besuchen in Jüchen wird es für Tobias Hekermann knapp einen Monat vor der Wahl natürlich nicht bleiben. Am 22. August ist eine große Wahlkampf-Tour von Die PARTEI durch den Rhein-Kreis Neuss geplant, bei der natürlich auch Halt in Jüchen gemacht werden soll. Tobias Hekermann hofft, „dabei mit einigen Jüchen ins Gespräch zu kommen“. Wann er wo zu treffen sein wird, wird auf dem Instagram-Profil „dieparteineuss“ bekannt gegeben. „Jüchen, verzagt nicht, der 14. September kommt bald“, schließt er.