Diese Geschichte ist eine ganz besondere: Für Benefiz-Tour alles Hab und Gut verkauft

Evinghoven · Diese Geschichte ist eine ganz besondere: Sie ist ungewöhnlich. Berührt. Weckt Empathie. Wühlt auf. Überrascht, ja erschreckt. Zeugt von Mut. Und gibt am Ende Hoffnung. Vor allem aber zeigt sie, dass wir alle in der Pflicht stehen, die Kinder in unserer Welt zu schützen und zu unterstützen. Doch der Reihe nach...

Max und Marius wollen etwas für benachteiligte und verletzte Kids bewegen,

Max und Marius wollen etwas für benachteiligte und verletzte Kids bewegen,

Foto: privat

Max und Marius sind Brüder; sie verbringen ihre Kindertage glücklich im Gillbachland. Doch dann kommt es zur Trennung der Eltern, unter der die beiden jahrelang leiden sollten.

Mehr noch: Sie erfahren von sexuellem Missbrauch, den es in ihrer Familie vor Jahren gegeben hat und der sich bis in die Trennungsphase hinein auswirkt. Die Welt der Brüder bricht zusammen, sie ziehen mehrfach in Rommerskirchen um, geraten ins Trudeln. Rückblickend sprechen die beiden von „einigen Schwierigkeiten“, die sie durchzustehen hatten. Einiges hätten sie posttraumatisch ins Erwachsenenalter mitgenommen.

Irgendwann kehren sie ihrer „Heimat“ am Gillbach den Rücken zu, gehen nach Köln. Beide schließen ihre Ausbildung zum Tontechniker ab und arbeiten in diesem Beruf (unter anderem in einem Nacht-Club).

Max und Marius bei einer kurzen Rast im Schatten.

Max und Marius bei einer kurzen Rast im Schatten.

Foto: privat

Doch dann kommt Corona und in dieser Branche läuft nichts mehr. Sie finden andere Jobs: Max arbeitet bei einem Umzugsunternehmen, Marius als Inklusionsbetreuer.

Trotzdem bleibt viel freie Zeit, in der bei beiden die Vergangenheit wieder hochkocht. „Wir wissen, wie viele Kinder und Jugendliche sich da draußen fühlen und wollen einen Wandel bewirken, den wir damals selber gerne in der Welt gesehen hätten“, erzählen sie rückblickend. Am Ende steht der Entschluss, sich „für Kinder und Jugendliche einzusetzen, die in benachteiligten Lebenslagen aufwachsen und die einfach nicht die Mittel haben, um sich kreativ frei zu entfalten“.

Zusammen mit dem Kölner Verein „Fair.Stärken“ rufen sie die Aktion „Biking Brothers“ ins Leben: Sie wollen mit dem Fahrrad quer durch Europa fahren. 9.000 Kilometer und knapp 89.200 Höhenmeter standen auf dem Plan.

Dafür geben die beiden ihre Wohnung auf, verkaufen die Möbel und so weiter. „Selbst das Klavier“, lachen die beiden heute. „Nur ein paar Habseligkeiten bleiben.“

Und starten sie ihre gut fünfmonatige Tour. „In den Niederlanden und in Frankreich hatten wir viel Regen. Kurz vor Spanien hat uns dann die Hitzewelle gepackt“, erzählen die beiden, die beim Telefongespräch mit dem Erft-Kurier gerade Portugal verlassen hatten und wieder in Spanien unterwegs waren. Marius (27): „Jetzt freuen wir uns, es mal wieder diesig und etwas kühler zu haben. Bei angenehmen 24 Grad Celsius.“

Die Brüder sind bis dato übrigens gut durchgekommen, hatten nur kleinere Pannen und liegen gut im Zeitplan. Der sieht 100 Kilometer am Tag vor. „In Portugal haben wir es was langsamer angehen lassen“, lacht Max (30).

Geschlafen wird im Zelt. In heißen Nächten haben die beiden aber biwakiert, unter freiem Himmel geschlafen. Nur selten mieten sie sich eine Unterkunft. Und dann geht es mehr um das Laden der Akkus und ums schnelle Waschen der Klamotten.

Magere 15 Euro haben sie am Tag für Lebensmittel eingeplant, finanziert aus der Wohnungsauflösung. Und der ältere Bruder arbeitet online noch ein wenig für das Umzugsunternehmen, erstellt Angebote.

Der Spendenerlös fließt dagegen zu 100 Prozent an „Fair.Stärken“. Mit der dortigen Summe sind die Jungs allerdings noch nicht zufrieden. „Aber da kann ja noch mehr kommen...“, hoffen die beiden. Und sie fügen an: „Wir sind für alles dankbar. Für jeden Euro.“

Im menschlichen und zwischenmenschlichen Bereich hat sich allerdings schon viel getan: Die beiden haben über vieles aus der Vergangenheit gesprochen. Zum jüngsten Bruder (23) haben sie während der Tour regelmäßig Kontakt. Der zum Vater hat sich auch ein wenig belebt. Und viele Freunde und Bekannte aus der Rommerskirchener Zeit haben sich auch wieder gemeldet.

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Foto: KV

Ende Oktober, Mitte November wollen Max und Marius wieder in Köln sein. Und dann? „Das lassen wir auf uns zukommen“, sagt der eine. Und der andere ergänzt: „Einfach zurückkommen und schauen.“

Auf jeden Fall wollen sie sich dann weiterhin um benachteiligte und seelenverletzte Kinder kümmern.

Wer spenden will: QR-Code oder https://www.bikingbrothers.de/spenden.

(Gerhard P. Müller)
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