Gemeinsam neue Lebensräume schaffen Kohleausstieg: Neue Perspektiven für Jüchen

Jüchen · Keine Kommune war in den vergangenen Jahren so stark vom Tagebau Garzweiler betroffen wie Jüchen. Die Leitentscheidung des Landes NRW für den Braunkohleausstieg bringt es auf den Punkt: „Nahezu das gesamte Stadtgebiet südlich der A 46 (fast 40 Prozent der Stadtfläche) wird bei Abschluss des Tagebaus Garzweiler bergbaulich beansprucht worden sein.“ Mehrere Ortschaften mussten umgesiedelt werden. Die Betroffenheit vom Tagebau war der wesentliche Grund, warum die Stadt sich bereits seit 2016 in die Gründung des Zweckverbandes LANDFOLGE Garzweiler eingebracht hat.

Auf den rekultivierten Fläche südlich der Jüchener Kernstadt und des Bahnhof laufen Planungen für den „Sprung über die Autobahn“. Südlich der BAB 46 soll in den nächsten Jahrzehnten ein neuer Stadtteil entstehen.

Auf den rekultivierten Fläche südlich der Jüchener Kernstadt und des Bahnhof laufen Planungen für den „Sprung über die Autobahn“. Südlich der BAB 46 soll in den nächsten Jahrzehnten ein neuer Stadtteil entstehen.

Foto: Zweckverband LANDFOLGE Garzweiler

Dieser interkommunale Zweckverband wird heute von den Städten Jüchen, Mönchengladbach, Erkelenz, Grevenbroich sowie der Landgemeinde Titz gemeinsam getragen. Er umfasst ein Gebiet, in dem mehr als 400.000 Menschen leben. Jüchens Bürgermeister Harald Zillikens ist stellvertretender Verbandsvorsteher des Zweckverbandes.

Nach dem Tagebau kommt der See

Der Verband unterstützt seine Mitgliedskommunen beim anstehenden Strukturwandel und vertritt ihre Interessen in der überregionalen Zusammenarbeit der Tagebauregionen im Rheinland. Die zentrale Aufgabe des Verbandes ist aber die Entwicklung und Umsetzung von Projekten in der Tagebaufolgelandschaft und ihrer Umgebung. Dabei arbeitet er sehr eng mit der Stadt Jüchen zusammen und entwickelt Projekte, die die Stadt selbst betreffen, aber auch den gesamten Raum des Tagebaus und sein Umfeld. Dieser Raum wird in einigen Jahrzehnten maßgeblich vom rund 2.200 Hektar großen See geprägt sein, der voraussichtlich ab 2035 entsteht. Das eröffnet eine einzigartige Perspektive für die gesamte Stadt und wird die Attraktivität von Jüchen als Arbeits-, Wohn- und Lebensraum deutlich steigern.

 Noch sind es einige Jahre, aber ab 2035 soll in der Tagebaulandschaft einer der größten Binnenseen Deutschlands entstehen. Das gesamte Ostufer wird sich auf Jüchener Stadtgebiet befinden.

Noch sind es einige Jahre, aber ab 2035 soll in der Tagebaulandschaft einer der größten Binnenseen Deutschlands entstehen. Das gesamte Ostufer wird sich auf Jüchener Stadtgebiet befinden.

Foto: LAND Germany

Stadtentwicklung Jüchen-Süd

Ein zentrales Projekt für die Zukunft der Stadt greift diese langfristige Planung auf und ist bereits in der Leitentscheidung des Landes ausdrücklich benannt: die städtebauliche Entwicklung südlich der Autobahn 46. Die Planungen für einen „Stadt-Teil der Zukunft Jüchen-Süd“ sind Ende 2022 unter Federführung des Zweckverbandes gestartet. Die grundlegende Information der Bürgerschaft durch Bürgermeister Harald Zillikens und den Geschäftsführer des Zweckverbandes Volker Mielchen mit Beteiligung zahlreicher weiterer Fachleute war der erste Schritt in diesem lang angelegten Planungsprozess, dem im Frühjahr 2023 eine breite Beteiligung der Bürgerschaft folgte. Noch in diesem Jahr soll ein städtebaulicher Wettbewerb durchgeführt werden, um den „Sprung“ Jüchens über die Autobahn weiter zu konkretisieren. Hier zeigt sich: Nach Jahrzehnten schwieriger Entscheidungen für die Menschen der Stadt bieten sich jetzt viele positive Möglichkeiten.

Ende 2022 diskutierten Fachleute mit Ratsmitgliedern sowie Bürgern erstmals Planungen für den Stadtteil Jüchen-Süd. Bürgermeister Harald Zillikens (rechts) und der Geschäftsführer des Zweckverbandes LANDFOLGE Garzweiler präsentierten die Pläne.

Ende 2022 diskutierten Fachleute mit Ratsmitgliedern sowie Bürgern erstmals Planungen für den Stadtteil Jüchen-Süd. Bürgermeister Harald Zillikens (rechts) und der Geschäftsführer des Zweckverbandes LANDFOLGE Garzweiler präsentierten die Pläne.

Foto: Zweckverband

Zukunftstrends im Blick

Für die Planer von Stadt und Zweckverband ist dabei klar: Langfristige Trends müssen stets berücksichtigt werden. Klimaneutralität im Bauen, Klimaresilienz bei Gestaltung der Landwirtschaft und Landschaften, Ressourceneffizienz, Artenvielfalt in der Natur und der Ausbau erneuerbarer Energien sind wesentliche Leitplanken. Solche Maßgaben spiegeln sich beispielsweise im bereits heute Abschnitt für Abschnitt entstehenden „Grünen Band“ des Zweckverbandes wider. Es wird rund um den Tagebau das unmittelbare Umfeld erschließen und gestalten. Ein Element wird ein Radrundweg um den gesamten Tagebau. Aktuell läuft bereits die Umsetzung der neuen Radverbindung zwischen Titz und Jüchen.

Innovationspark Erneuerbare Energien Jüchen

Das Thema Energie soll auch nach Beendigung des aktiven Tagebaus im Raum Garzweiler eine große Rolle spielen. Kernidee des Innovationsparks Erneuerbare Energien Jüchen ist es, auf den neu entstehenden Landschaften im Tagebau Garzweiler regenerative Energien im Einklang mit anderen Nutzungen zu erzeugen. In einem integrierten System soll Energie unmittelbar vor Ort in Jüchen erzeugt, gespeichert und verwendet werden – und das im großen Stil. So zielt zum Beispiel die geplante „Energielandschaft“ südlich von Jüchen darauf ab, Energieerzeugung durch Windenergie und Sonnenenergie in Hybridkraftwerken mit der Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen und dem Naturschutz zu koppeln. Dabei ist die Beteiligung der örtlichen Landwirtschaft von herausragender Bedeutung. Ein weiteres Teilprojekt, die sogenannte Solarautobahn, verfolgt ebenfalls einen innovativen Ansatz: Lärm- sowie Windschutzanlagen entlang der BAB 46 bei Jüchen und entlang der BAB 44n würden dabei für die Produktion von Solarstrom genutzt. Der Innovationspark wird vom Zweckverband gemeinsam mit dem Wuppertal Institut und der TH Köln konzeptionell vorangetrieben und hat Anfang 2023 neue Fördermittel von Bund und Land in Millionenhöhe erhalten.

Internationale Gartenausstellung mit einem Schwerpunkt in Jüchen

Eine verbindende Klammer für die unterschiedlichen Entwicklungen gibt es auch: Die Idee einer Internationalen Gartenausstellung (IGA) 2037. Eine mögliche Bewerbung um die Ausrichtung der IGA ist für das Jahr 2023 geplant. Die IGA würde mehrere Monate dauern und ein Motor für die gesamte Region werden. Besucher aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland könnten 2037 den Umbau der Region rund um den Tagebau Garzweiler erleben. Die IGA soll die entstehenden Landschaften zum Erlebnis machen, aber auch eine ganz neue Perspektive für die Menschen in der Region schaffen. Deshalb werden alle Städte und Gemeinden rund um den Tagebau in das dezentrale Konzept einbezogen. Jüchen im Norden des IGA-Gebietes würde einen Schwerpunkt bilden. Getreu dem Motto des Zweckverbandes: Neue Lebensräume schaffen.

Weitere Informationen unter www.landfolge.de beim Zweckverband LANDFOLGE Garzweiler.

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