Was Josef Pohl in diesen Tagen wieder einmal so richtig in Rage gebracht hat, ist die Diskussion um die Zukunft des Gillbachs und die dabei eingebrachte Theorie, dieser Bach sei schon vor RWE-Zeiten des Öfteren trockengefallen (wir berichteten).
Ja, sagt er, direkt nach der Quelle (eine so genannte „Steigrohrquelle“, bei der durch natürliche Rohrsysteme in den Kohlenschichten Grundwasser nach oben gedrückt wird) sei der Gillbach hin und wieder mal für kurze Zeit trocken gefallen, was aber (dank der Niederschläge) im weiteren Verlauf keine Auswirkungen gehabt hätte.
Und dann legt Josef Pohl nach, erinnert sich an die Zeit, als er als Jugendlicher (15 Jahre) unterwegs war, die Heimat und das Leben zu erkunden. Ganz nebenbei erweist er sich als der Kenner des „Gillbach“, wie gesagt seit Jahrhunderten die Heimat seiner Vorfahren ...
„Die natürliche Quelle des Gillbach war in Auenheim, unterhalb der damaligen Brikett-Fabrik“, beginnt Pohl seine Beschreibung. Der Bachlauf ging an Niederaußem vorbei nach Gill. „Der größte Hof war der der Familie Nesseler. Der hatte drei riesige Löschteiche, die auch als Pferdetränke dienten.“
20, 30 Kaltblüter standen durchgängig auf dem Hof, der als bester Kör-Betrieb in der damaligen Zeit im weiten Umkreis bekannt war. Diese drei Teiche wurden mit Gillbach-Wasser befüllt.
In Nettesheim, am Lammertzhof, machten sich 1955 die Jugendlichen den Spaß, auf alten Autoreifen in den Gillbach zu springen „und ab ging die Reise“, lacht Pohl. Der Gillbach floss damals links vom heutigen „Bächle“ in Richtung Frixheim und kam dann an der „Burg Anstel“ vorbei, die neben dem Löschteich auch einen Fischteich mit Gillbachwasser auf Stand hielt.
Drei Höfe weiter (alle mit den entsprechenden Löschteichen bestückt) erreicht der Bach Evinghoven und später Widdeshoven. An der Brücke in Richtung Broich sei der Bach von Familie Güsgen aufgestaut worden. In Richtung Hoeningen kam man an „Düxmanns Brücke“ vorbei. Doch dazu später die Einzelheiten.
Auch in Ramrath gab es zwei Anwesen mit Löschteichen (die waren so wichtig, weil es „auf dem Land“ damals noch kein komplettes Leitungssystem und damit auch kein Löschwasser „aus dem Hahn“ gab). In Villau ein ähnliches Bild; „Haus Leusch“ und ein weiterer Hof brauchten ihr Löschwasser im Teich.
Der Gillbach floss dann nach Gut Nobisrath. „Das hatte im Wald hinter dem Hof einen großen Teich“, weiß Josef Pohl zu berichten.
Seine liebste Erinnerung: das sommerliche Baden im Gillbach hinter der Brücke von „Döres“ Düxmann, damals auch Chef der Freiwilligen Feuerwehr. „Zwei Pfosten wurden in den Bach gestellt und gegen die Brücke gelehnt“, erzählt er mit noch immer deutlich spürbarer bübischer Freude. Dann wurden Bohlen von unten nach oben aufgestapelt und mit Nägeln gesichert. Nach kurzer Zeit sei das Wasser so hoch aufgestaut gewesen, dass ein bis zu zwei Meter tiefer „Pool“ entstanden sei.
Ein wahres Planschvergnügen für die heranreifenden Jungen und Mädchen. Mit dabei übrigens auch Maria Pfeiffer, die später viele Jahre Vize-Bürgermeisterin der Gemeinde gewesen sei. „Nicht ein einziges Kind ist dabei zu Schaden gekommen“, sagt Josef Pohl mit spürbarem Stolz und tiefer Zufriedenheit.
Das mit der Zufriedenheit sei bei den Besitzern der angrenzenden Gärten ganz anders gewesen, griemelt der agile 85-Jährige. Die Pflanzen hätten derart im Nassen gestanden, dass die Besitzer den Abriss der „Staumauer“ gefordert hätten.
Der Gillbach sorgte übrigens nicht nur im Sommer fürs Vergnügen der Kids: Einer der Bauern hätte im Winter, wenn sein Löschteich zufror, frisches Wasser auf die Eisschicht gepumpt (natürlich aus dem Gillbach), sodass ganz schnell eine tragende Eishaut entstehen konnte.
Wunderbare Kindheitserinnerungen. Ein mitreißender Blick auf das Gillbach-Land Mitte des vorigen Jahrhunderts. Und ein klarer Hinweis, dass der Gillbach wasserstark war, wichtiges Nass für die Leute am Bach lieferte und zusätzlich noch der perfekte Abenteuerspielplatz war.
„Alles andere ist Schwachsinn hoch drei“, schließt Josef Pohl seine Betrachtungen. Seine klare Forderung: „RWE muss, auf eigene Kosten, den Bach wieder ans Laufen bringen“. Dem Rhein noch mehr Wasser abzuringen, sei angesichts ständigen Niedrigwassers „wohl einfach nur dumm“.
Vielleicht nutzen die Ersteller des angedachten Gutachtens ja einfach das Wissen des alten Wissdorfs-Clan!