Bernd Klaedtke weiß alles über Ehrenzeichen der Feuerwehr Mit Orden abtauchen in die deutsche Geschichte

Rommerskirchen · Dieser Mann ist im Grunde genommen gleich drei Geschichten wert: Er, der mit Millionen jongliert. Er, der einen Schatz von vielen tausenden Feuerwehr-Abzeichen hütet. Er, der als Autor und Sachverständiger in Deutschland und in der Welt gefragt ist. Jede dieser Facetten kann nur als beeindruckend bewertet werden. Alle drei zusammen genommen, ergeben eine ganz außergewöhnliche Persönlichkeit…

Bernd Klaedtke weiß alles über Ehrenzeichen der Feuerwehr: Mit Orden abtauchen in die deutsche Geschichte
Foto: Kurier Verlag/Gerhard Müller

Als Bernd Klaedtke (50) noch ein kleiner Panz war, nahm ihn sein Vater irgendwann zur Feuerwehr mit. Ihm gefiel es dort so gut, dass er über die Jugend-Feuerwehr und die Freiwillige Feuerwehr zur Berufs-Feuerwehr kam. Inzwischen trägt er den Dienstgrad „Brand-Rat“ (Original-Kommentar: „Da kommt nicht mehr viel“). Er arbeitet bei den „Florianern“ der Stadt Köln, leitet die Abteilung, die für den Neubau und die Unterhaltung von Gebäuden zuständig ist. „Das ist in Köln natürlich eine extreme Herausforderung“, betont der Vanikumer.

Indirekt ist er so Herr über einen Jahres-Etat von 200 Millionen Euro: Allein die Sanierung der Hauptwache ist mit 57 Millionen Euro veranschlagt. Ein weiterer Neubau ist für 36 Millionen Euro geplant. Hinzukommt die Zusammenlegung von Wachen, um die Kosten zu senken. Klaedtkes Aufgabe ist es, in Zusammenarbeit mit der Kölner Politik und der dortigen Verwaltung Lösungen zu finden, die gerade dem Feuerschutz und natürlich auch seinen Kollegen gerecht werden.

Auch wenn Bernd Klaedtke heute also die meiste Zeit am Schreibtisch verbringt (es ist immerhin schon vier Jahre her, dass er bei einem komplizierten Kellerbrand selbst mit „im Feuer“ stand, um eine Diagnose für den Einsatz zu erstellen), muss er wie alle seine Kollegen regelmäßig zu den einzelnen Fitness-Tests (einschließlich der Einsatz unter Atemschutz im „Rauch-Käfig“).

Bernd Klaedtke weiß alles über Ehrenzeichen der Feuerwehr: Mit Orden abtauchen in die deutsche Geschichte
Foto: Kurier Verlag/Gerhard Müller

Vor über 30 Jahren bekam der Feuerwehrmann aus Überzeugung dann das „Kriegsverdienstkreuz zweiter Klasse“ quasi als Erbe in die Hand gedrückt, das seine Oma seinerzeit bekommen hatte, weil sie als Bäuerin mit besonderem Engagement die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt hatte. Damit war sein Interesse an Orden und Ehrenzeichen geweckt.

Selbstverständlich spezialisierte er sich auf die aus dem Feuerwehrwesen. Und heute kann er voller Stolz sagen, dass in seiner Sammlung (fast) alle Feuerwehrorden zu finden sind, die von 1872 bis 1945 im Bereich Deutschland vergeben worden sind. „Fast“ bedeutet, dass dem Vanikumer zwei Orden aus dem Fürstentum Schwarzenburg fehlen, einem der vielen Klein-Fürstentümer, die sich später zum Land Thüringen zusammenschlossen. „Diese beiden Orden wurden nur insgesamt sechsmal vergeben“, berichtet Klaedtke. Und er kennt auch – nach langen Recherchen in den Staatsarchiven, die für ihn inzwischen zur Routine geworden sind ­– die Namen der Ordensträger. Allerdings ist es ihm bisher nicht gelungen, die Nachfahren oder gar die Orden zu finden.

Aber auch so verschlägt seine Sammlung einem die Sprache: Rund 15.000 Orden sind dort zu finden. Hinzukommen Ehrenzeichen und Urkunden, die oft mehr über die Hintergründe der Ordensverleihung verraten. Aber auch Bücher, Kataloge, Ausrüstungsgegenstände und Dienstgradabzeichen fanden und finden in seiner Sammlung Platz.

Die ist inzwischen so groß, dass er für seine Schätze eine eigene Wohnung hat, in denen alles in langen Regalen fein säuberlich sortiert ruht. Neben der Platzfrage gibt es einen zweiten, weniger erfreulichen Grund für die Auslagerung: Bei Berndt Klaedtke wurde schon zweimal eingebrochen. „Einmal wurde mir die Münzsammlung gestohlen, das andere Mal hatten die Einbrecher schon zwei Haufen angelegt, was sie mitnehmen wollten, wurden dann aber wohl gestört.“ Danach war ihm die Sache zu heikel und er entschied sich für die Umlagerung in die andere (geheimgehaltene) Wohnung. Die wertvollsten Stücke übrigens liegen bei den Rommerskirchener Banken im Tresor.

Zudem ist Klaedtkes Sammlung so einzigartig, dass er immer wieder Ausstellungen damit bestückt. Vor allem im „Deutschen Feuerwehr-Museum“ in Fulda sind seine Objekte immer wieder gern gesehen. Wichtig dabei: Er liefert nicht nur die Orden, sondern auch die Geschichten, die Personen, die Historie, die dahinter stehen.

Da gab es zum Beispiel den Bezirks-Brandmeister Dr. Rudolf Müller aus Ibbenbüren, dessen gesamten Orden- und Urkunden-Nachlass Klaedtke derzeit aufarbeitet. Der war im so genannten „Dritten Reich“ der erste Leiter des „Hauptamtes Feuerwehr“ und gilt als Erfinder des „dreiteiligen Löschangriffs“, der noch heute zentraler Bestandteil der Einsatztaktik einer jeden Feuerwehr ist. Da Müller aber nicht systemkonform war, immer wieder bei den Machthabern aneckte (vor allem störte es ihn, dass die Nazis die freiwilligen Wehren „plattmachen“ wollten), zog er sich, kurz nachdem er das erste Feuerwehrgesetz (1928/29) geschrieben hatte, wieder in die Provinz zurück.

Nach dem Krieg übernahm er wieder Aufgaben in der Feuerwehr, bekam noch zahlreiche Auszeichnungen, nicht zuletzt auch aus dem benachbarten Österreich. Für Bernd Klaedtke eine hochspannende Gelegenheit, wieder einmal das Leben eines engagierten „Florianers“ aufzuarbeiten. Und zu würdigen. Die politische Historie wird dabei quasi en passant aufgearbeitet.

Schon dieses eine kleine Beispiel macht deutlich, dass Bernd Klaedtke im Laufe der Jahre nicht nur Berge von Materialien angehäuft hat. Auch die Berge seines Fachwissens dürften nicht minder mächtig sein. Kein Wunder, dass er als Sachverständiger und Autor gefragt ist. Jedes Quartal stellt er so einen Beitrag fertig. Zuletzt widmete er sich im entsprechenden Fachmagazin der Frage „Orden und Ehrenzeichen ­– ein zeitgemäßes Mittel der Personalführung im 21. Jahrhundert?“. Sein Fazit: „Wichtig ist dabei, dass Orden und Ehrenzeichen nicht nach dem Gießkannen-Prinzip, sondern mit bedachter Vorarbeit beantragt und anschließend würdig verliehen werden.“

Parallel schreibt Klaedtke an drei Büchern, die demnächst in den Handel kommen sollen. Zudem arbeitet er bei der „Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes“ mit und vertritt Deutschland auch beim CTIF („Comité Technique International de prévention et d’extinction du Feu“).

Für sein Hobby investiert Bernd Klaedtke rund ein Drittel seiner Freizeit. Und natürlich jede Menge Geld, wenn er zum Beispiel in irgendeinem Archiv in irgendeiner Stadt irgendwo in Deutschland für drei oder vier Tage abtaucht, um sich die Ausgaben der örtlichen Zeitung aus den Jahren 1921 bis 1924 auf Mikrofilm anzusehen – auf der Suche nach dem Namen eines Feuerwehrmannes, der in dieser Zeit einen bestimmten Orden bekommen haben soll. „Da bluten einem nachher die Augen“, griemelt der leidenschaftliche Sammler.

Und er gibt zu: „Da muss man ein bisschen verrückt für sein. Und man muss eine Lebensgefährtin haben, die das seit fast 30 Jahren mitmacht…“

(Gerhard Müller)
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